«Für Schweizer KMU sehe ich enorme Chancen»

Start-ups, Innovation und das Burning-Man-Festival 

CW: Sie investieren in Tech-Unternehmen, haben sich beispielsweise Aktien der Firma MongoDB gekauft. Welche Schweizer Start-ups unterstützen Sie?
Noser: Ich bin bei einigen Jungunternehmen dabei, beispielsweise beim Online-Hofladen Farmy.ch oder beim Elektrovelohersteller myStromer.
CW: Soeben ist das «Swiss Startup Radar» erschienen, eine Studie zum Schweizer Start-up-Ökosystem. Sie zeigt, dass in der Schweiz aktuell jährlich 300 Start-ups gegründet werden – viermal mehr als noch vor 15 Jahren. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Noser: Dass die Zahl zunimmt, ist sicher positiv. Wenn wir alles richtig machen, sollte bald die Swiss Entrepreneurs Foundation auf den Markt kommen, mit der noch mehr Geld in die Förderung von Start-ups fliessen wird. Es gibt also auch Ansätze, um diese Entwicklung weiterhin zu begünstigen.
1995 übernahm Ruedi Noser bei der Noser AG sämtliche Führungsaufgaben von Gründer Hans Noser, heute zählt die Noser Gruppe zu den führenden ICT-Anbietern der Schweiz
CW: Die von Ihnen angesprochene Swiss Entrepreneurs Foundation peilt ein Investitionsvolumen von 500 Millionen Franken an. Mit an Bord sind unter anderem die Grossbanken UBS und Credit Suisse. Sie selber gehören zu den Donatoren und sind Mitglied des Stiftungsrats. Zum Projekt gibt es auch kritische Stimmen – angeblich sei es ein politisches Konstrukt und solle der Imagepflege der beteiligten Firmen dienen. Was sagen Sie dazu?
Noser: Es gibt immer viel Neid in der Schweiz. Es ist doch super, dass es einen so hoch dotierten Fonds gibt und wir den Hebel bei der Finanzierung der Start-ups in der Schweiz verändern. Wer das kritisiert, denkt wohl eher an sich als an die Zukunft der Schweiz.
CW: Der europäischen Gründerszene wird im Vergleich beispielsweise mit den USA ein Mentalitätsproblem nachgesagt. Inwiefern kann man davon ausgehen, dass in der Schweiz die fehlende Risikobereitschaft langsam einer «No risk, no fun»-Haltung weicht?
Noser: Heute wird sicherlich mehr Risiko auf sich genommen als auch schon, in dieser Hinsicht hat sich bereits etwas verändert. Ich halte allerdings wenig davon, amerikanischen Modellen hinterherzurennen. Wir können stolz auf unsere Kultur sein und müssen einfach unseren Weg gehen.
CW: So wie beispielsweise bei der Blockchain-Technologie oder den Drohnen?
Noser: Genau, das sind grossartige Geschichten. Daneben gibt es aber noch viel mehr – ganz vorn mit dabei sind wir auch bei der Bio- oder Quanteninformatik. Wir dürfen ruhig selbstbewusster sein und das machen, worin wir gut sind. Man sollte nicht immer nur auf das schauen, was auch noch möglich wäre.
CW: Wo sehen Sie noch Potenzial für das Start-up-Land Schweiz?
Noser: In allen Bereichen, in denen besonders gutes System-Know-how gefragt ist. Darin sind wir Schweizer top. Ein komplexes Drohnensystem zum Laufen zu bringen, das hat das Silicon Valley gar nicht fertiggebracht. Dafür braucht es gebündeltes Wissen in Mechanik, Elektronik, Chip-Technologie, Software, Logistik, räumlicher Vorstellung oder Kartografie. Grosses Potenzial gibt es sicher auch in der Robotik oder der Medizinaltechnik.
“Die Vermögenssteuer ist ein absoluter Killer für jeden Unternehmer in unserem Land„
Ruedi Noser
CW: Und wo sehen Sie Hürden oder Probleme?
Noser: Ganz einfach: Die Vermögenssteuer, die jede Firma in ihrer Substanz besteuert, ist ein absoluter Killer für jeden Unternehmer in unserem Land. Das geht so nicht, da müssen die Kantone unbedingt vorwärtsmachen. Ich bin optimistisch, dass sich das künftig ändern wird – auch wenn wir dafür vielleicht mehr Zeit benötigen als andere.
CW: Sie haben dieses Jahr das berühmte Burning-Man-Festival in der Black-Rock-Wüste in Nevada besucht. Was hat Ihnen dieses Erlebnis persönlich gebracht?
Noser: Ich konnte am Festival den Ballast loswerden, der sich übers Jahr hinweg angesammelt hatte. Danach war ich wieder frei für Neues. Für mich war Burning Man in­sofern sehr wichtig.
CW: Sollten sich Unternehmer und Manager generell mal einen solchen Event anschauen oder was kann man davon lernen?
Noser: Jedem, der tagtäglich eine grosse Verantwortung trägt sowie unter Stress und Erfolgsdruck steht, täte eine solche Kurz-Auszeit gut. Man wechselt für eine Woche in eine komplett andere Welt mit grundverschiedenen Herausforderungen. Zudem kehrt man mit ganz anderen Ansichten und viel Freiraum zurück. Es wird einem auf­gezeigt, dass es auf der Welt noch anderes gibt als das, was auf dem Schreibtisch liegt. Und man lernt viele spannende Leute kennen.
CW: Lassen Sie uns ins kommende Jahr blicken: Worauf freuen Sie sich besonders?
Noser: 2019 ist ein Wahljahr, deshalb wird es ziemlich streng und die Agenda sehr voll. Zum Glück gibt es vor den Wahlen wieder ein Burning-Man-Festival (lacht).
Zur Person
Ruedi Noser
sitzt seit Dezember 2015 für die FDP im Ständerat. Davor war er zwölf Jahre lang Nationalrat und vier Jahre Kantonsrat in Zürich. 1988 wurde er Mitinhaber der Firma Noser, die später zur Noser Gruppe umstrukturiert wurde. Seit 1996 ist er deren Alleininhaber, 1997 wurde er Verwaltungsratspräsident. Noser hat daneben zahlreiche andere Verwaltungsratsmandate, beispielsweise bei Crealogix oder beim World Web Forum. Der ICT-Unternehmer ist zudem Vorstandsmitglied des Vereins ICT-Berufsbildung Schweiz und Digitalswitzerland sowie Stiftungsrat der Swiss Entrepreneurs Foundation und der Stiftung «Switzerland Innovation».



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