Heikle PC-Entsorgung 13.02.2007, 08:58 Uhr

Daten auf der Halde

Wenn eintrifft, was die PC-Hersteller sich von Vista erhoffen, werden in nächster Zeit Unmengen Altrechner ausgemustert. Mit Rauswerfen allein sind die Geräte jedoch nicht sicher entsorgt.
Zwei Punkte sind bei der Entsorgung ausgedienter PC zu beachten: erstens, Datensicherheit und Datenschutz, zweitens, Umweltauflagen. Letzteres ist hierzulande vom Gesetzgeber klar geregelt: Bereits beim Kauf eines Geräts wird die vorgezogene Recyclinggebühr einkassiert. Die Verkäuferseite wiederum ist verpflichtet, ausgediente Geräte zurückzunehmen und korrekt zu entsorgen.
Weil PC spottbillig geworden sind, wird Hardware heute viel schneller entsorgt als noch vor zehn Jahren. Die Berge von Elektronikschrott wachsen dementsprechend. Die Branchenanalysten IDC und Gartner gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2010 rund eine Milliarde Computer ausgemustert werden, und dass bereits heute 150 Millionen veralteter PC-Modelle in Verkaufsläden und eingemottet im Keller nutzlos herumstehen.
«Das Unternehmen, das nicht irgendwo im Keller oder im Schrank einen Hardwarefriedhof angesammelt hat, müssen Sie mir erst mal zeigen», sagt IDC-Analyst Joe Pucciarelli. «Dabei ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass auf den Altgeräten heikle Daten zu finden wären. Doch niemand hat Interesse daran, die Daten zu vernichten», so seine Erfahrung.

Teurer Ernstfall

«Vor fünf oder zehn Jahren war das Risiko, dass diese Daten geklaut werden, noch lang nicht so hoch, und die Verantwortlichen in den Unternehmen waren sich der potenziellen Gefahren kaum bewusst. Inzwischen aber sind Firmen gesetzlich zu sorgsamem Umgang mit Daten verpflichtet. Gleichzeitig sind die Hacker sehr erfindungsreich und clever geworden, wenn es darum geht, sich Zugang zu kritischen Daten zu verschaffen.»
Der Ernstfall kann für eine Firma sehr schnell sehr teuer werden. Das Ponemon Institute berechnete, dass 2006 bei einem Einbruch in die Datenbanken im Schnitt Kosten von 226 Franken pro geknacktem Datensatz entstehen. Das ist eine Steigerung um 31 Prozent gegenüber 2005. Und noch ein paar Zahlen: Laut Privacy Rights Clearinghouse kam es zwischen Februar 2005 und Januar 2007 zu mindestens 330 Datenverlust-Vorfällen, bei denen 93 Millionen Datensätze oder mehr betroffen waren.
Es genügt also nicht, im Bewusstsein um grassierende Hackeraktivitäten und Malware aktuelle Daten mit allen verfügbaren Security-Tools abzusichern. Auch ausgemusterte Hardware muss sicher gemacht werden, bevor sie aus der Hand gegeben werden darf.
Veraltete PC sind keineswegs wertlos. Viele ihrer Komponenten können dank Recycling ein zweites Leben führen. HP schätzt, dass ganze 90 Prozent der Hardware wiederverkauft werden kann, wenn sie fachgemäss verarbeitet wird. Allerdings: Wer die alten PC erst mal im Keller zwischen-parkt, verliert damit Geld, denn die Hardwarekomponenten verlieren von Tag zu Tag mehr an Wert.
IBM vertritt sogar die Ansicht, dass nur zwei Prozent der Hardware auf der Deponie landen muss. Die übrigen 98 Prozent seien wiederverwertbar.

Heikle PC-Entsorgung: Daten auf der Halde

Zur Not mit Gewalt

Unternehmen, die Daten auf firmeneigenen Desktops, Notebooks und Servern komplett löschen wollen, steht dafür eine Reihe Softwaretools zur Verfügung. Festplatten lassen sich unter anderem mit Data-Eraser von Ontrack Data Recovery, Stellar Wipe Data Eraser Utility, Kill-Disk, Shred-it, TI Data Disk Wipe oder der Freeware Eraser überschreiben.
Data-Eraser beispielsweise lässt sich ab CD booten, ist bei Bedarf sogar noch als Floppy Disk erhältlich. Das Programm entmagnetisiert die Platte. Mindestens dreimal hintereinander werden die magnetisierten Segmente durcheinandergewirbelt, um alle Datenadressen mit zufälligen Zeichen zu überschreiben. Der Vorgang braucht dementsprechend Zeit: Je nach Geschwindigkeit des Rechners zwischen einer und drei Stunden.
In Spezialfällen ist sogar die physische Zerstörung des Rechners empfehlenswert. Ist etwa eine Festplatte, auf der heikle Daten gespeichert sind, defekt, doch der -Zugriffsmechanismus kaputt, bleibt nur diese Option. Dazu eignet sich, so trivial wie brachial, am besten «ein grosser Hammer, der das Gehäuse zerstört und die Platten verbiegt», berichtet ein IT-Verantwortlicher. «Oder ich bringe die Platte zu einem Händler, der das Teil kleinhäckselt.»
Manche Unternehmen bringen ihre ausgedienten Rechner nicht dem Händler zurück, sondern sie geben sie billig an die eigenen Mitarbeiter ab oder stiften sie für einen guten Zweck. Auch in diesen Fällen ist es Pflicht, das versteht sich von selbst, zuvor alle Datenspuren zu tilgen.
Systemwechsel

PC-Hersteller hoffen auf den «Vista-Katalysator»

Perfekt getimt auf den Verkaufsstart der privaten Vista-Versionen rollen die PC-Anbieter neue Modelle an, die dem enormen Ressourcenappetit von Vista gerecht werden. Nur Hardware mit dem «Premium-Ready»-Label schöpft Vistas Potenzial voll aus, etwa die Grafikschnittstelle mit ihren halbtransparenten Fenstern.
Für die seit Jahren gegen sinkende Margen kämpfenden PC-Bauer ist -Vistas Hardwarehunger ein Segen. Sie hoffen, die Kosten für stärkere Prozessoren und Speicher mit Luft für Profit an die Kunden weitergeben können. So empfiehlt Direktverkäuferin Dell, von Ein- auf Zwei-, besser noch Vierkern-Chips aufzurüsten. Zudem seien zwei statt nur einem Gigabyte Arbeitsspeicher sinnvoll sowie eine dedizierte Grafikkarte statt auf der Hauptplatine integrierte Grafikverarbeitung. Für die Optik sei ein -extrabreiter Monitor, bei der Festplatte Modelle mit ultraschneller Umdrehungszahl sehr zu empfehlen.
«Natürlich kann man Vista auch auf älteren Systemen, die nur die Minimalanforderungen erfüllen, installieren», sagt Dell-Produktmanager Alex Gruzen. «Aber ehrlich gesagt, sind dann die Lizenzkosten für die Premium- oder Ultimate-Version rausgeworfenes Geld.» Dell hat extra eine Website eingerichtet, mit deren Hilfe End-user herausfinden können, welche Vista-Variante - Home Basic, Premium oder Ultimate - für ihren vorhandenen PC den meisten Sinn macht.
Der Appetit an Vista komme mit dem Konsumieren, meint Gruzen: «Früher kaufte man eine extra Grafikkarte nur, um zu gamen. Für die restlichen Applikationen machte es keinen Unterschied. Das Attraktive an Vista ist, dass die mächtigere Hardware auch für Alltagsfunktionen ausgeschöpft werden kann.» So kann, wer das braucht, statt einem statischen Bildschirmhintergrund ein Video-filmchen laufen lassen. Dell vermeldet, dass am Wochenende vor dem Vista-Launch der Traffic auf ihrer Bestellseite um 20 Prozent anstieg und 10000 Vista-betriebene PC geordert wurden.
Auch Hewlett-Packard steht mit dedizierten Vista-PC parat. Diese unterstützen Vistas Grafikschnittstelle sogar mittels berührungsempfindlichen Bildschirmen, welche die Maus ersetzen. Lukrativer dürften die Beratungsdienstleistungen sein, die HP migrationswilligen Usern anbietet. Wer Unterstützung beim Umzug seiner Daten und Bilder oder den Systemeinstellungen braucht, bezahlt pro 45-minütiger Support-Sitzung rund einhundert Franken. «Smartfriend» lautete der werbewirksame Name dieses Services.
Allerdings ist auch den Anbietern klar, dass viele Privat- und Geschäftsanwender mit dem Upgrade ihrer Hardware abwarten, bis klar ist, ob sich der Umstieg auf Vista für sie lohnt. Mittelfristig wird dennoch kein Weg daran vorbeiführen. Schon bald nämlich dürften XP-Rechner, die von manchen Wiederverkäufern derzeit zu Schnäppchenpreisen angeboten werden, nur noch selten in den Verkaufsregalen zu finden sein. Und irgend-wann dreht Microsoft den Vorvarianten den Support-Hahn zu. Dann ist sowieso Schluss.
Catharina Bujnoch



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