10.11.2008, 14:28 Uhr

Speichersorgen auslagern

Unternehmen denken beim Auslagern meist an Rechenkapazitäten oder Software-Umgebungen. Dabei lässt sich vor allem durch Managed Storage massiv sparen. Das Agrarunternehmen Syngenta hat erste ermutigende Erfahrungen gemacht.
Welches Unternehmen würde heute sein eigenes Elektrizitätswerk bauen und unterhalten? Oder eine Grundwasserfassung betreiben? Eben. Das dachten sich auch die IT-Verantwortlichen von Syngenta. Vor einigen Jahren startete der Basler Agrarkonzern gemeinsam mit HP ein extrem ambitiöses IT-Vorhaben: Nicht weniger als die Neuordnung der herkömmlichen dezentralen IT-Infrastruktur war das erklärte Ziel. Das jetzt anstehende Konsolidierungs- und Transitionprojekt wird die Server im Laufe der nächsten zwei bis drei Jahre endgültig in einen Service verwandeln. «Das erlaubt uns die schnelle und flexible Ausrichtung der IT auf unsere geschäftsrelevanten Prozesse», erklärt Heinz Buser, verantwortlich für die Global IS Shared Services bei Syngenta. Er strebt eine assetfreie IT an. «Warum sollen wir die Innovationskraft unserer IT-Abteilung mit Routine Tasks hemmen?», fragt er rhetorisch.

IT so Verfügbar wie Strom und Wasser


Serviceorientierte Infrastrukturen sind die Zukunft der Unternehmens-IT, deren Umrisse sich heute immer schärfer abzeichnen. Egal, welches Schlagwort dafür verwendet wird oder welche Spielart im Fokus steht, ob Organic- oder Dynamic IT, Cloud- oder Utility Computing: Komponenten der IT-Infrastruktur werden so einfach verfügbar wie Strom und Wasser. Der Hahn wird immer nur soweit aufgedreht, wie es der gerade aktuelle Geschäftsprozess erfordert. Während die serviceorientierten Architekturen (SOA) in der Software-Landschaft bereits ein vertrautes Bild sind, setzen sich ähnliche Konzepte auf Hardware-Seite erst jetzt langsam durch.
Die Marktforscher von Gartner sehen Cloud Computing als übergeordneten Begriff. Der Kunde erhält nicht bestimmte Systemkomponenten, sondern bekommt eine massiv skalierbare Dienstleistung. Er bezahlt für die Nutzung eines Services, nicht für greifbare Produkte.
Der kritische IT-Journalist Nicholas G. Carr geht in seinem Buch «Does IT Matter» (Harvard Business School Press) noch einen Schritt weiter und prophezeit der IT-Infrastruktur einen neuen Stellenwert: «Wir werden in der Zukunft nicht mehr über Corporate Computing sprechen», schreibt er. Die Betreuung der Infrastruktur beinhalte zum grössten Teil Routinejobs, die nicht mehr innerhalb der Firma erledigt werden müssten. Das führe dazu, dass IT-Abteilungen verschwänden oder eine neue Rolle
bekämen, nämlich die eines internen IT-Beraters. Anders gesagt: Konzentration auf die Kernprozesse steht hoch im Kurs. Einer im deutschsprachigen Raum durchgeführten Umfrage des Beratungsunternehmens Orga (www.orga.de) zufolge steigen die Ausgaben fürs Auslagern kontinuierlich. Hauptmotiviation ist eine höhere Leistungsqualität - die Chance auf eine flexiblere IT-Organisation.

Beispiel Syngenta: Storage als Service

Syngenta ist auf dem besten Weg dahin. Jüngst ist das Speichernetzwerk des Unternehmens gemeinsam mit HP in einen Managed Service umgewandelt worden. Damit löste Syngenta mehrere Probleme auf einen Schlag. Das Datenwachstum war schwer voraussehbar und oft stark schwankend. Dies führte dazu, dass die Storage Systeme entweder zu viel oder aber wieder zu wenig freien Speicherplatz hatten.
Zu viel freier Speicherplatz bedeutete teure Investitionen, die aber nicht ausgelastet wurden. War dann nach der Integration von neuen Geschäftsprozessen plötzlich nicht mehr genug Speicher vorhanden, hemmten die zu langen Beschaffungs- und Installationszeiten wiederum schnelle Reaktionen am Markt. Kurz: Zu hohe Kosten und zu wenig Flexibilität.
Gemeinsam mit den Fachleuten von HP führten die IT-Verantwortlichen von Syngenta ein umfassendes Storage-Assessment durch. HP betreibt die bestehende Infrastruktur in den eigenen Rechenzentren und ergänzte sie; daraus wurde schliesslich der Preis für einen flexibel zuschaltbaren Storage Service berechnet. Die Umstellung von der intern betriebenen IT auf einen Managed Service dauert im Schnitt etwa drei Monate. Die Geschäftsabläufe auf Kundenseite werden dadurch nicht beeinträchtigt. Die erzielbaren Kosteneinsparungen liegen erfahrungsgemäss bei rund 20 Prozent. Ändern sich die Bedürfnisse, muss das Unternehmen nicht mehr in eine eigene Infrastruktur investieren, sondern ordert mehr Speicherkapazitäten. Es nutzt einen hoch standardisierten und industrialisierten Service wie ein Gut des täglichen Bedarfs.

Zufrieden mit dem Ergebnis

Im Falle von Syngenta behält das Unternehmen die volle Kontrolle über die Businessprozesse. Auf der andern Seite ist HP verantwortlich für den Layer 1 bis 4 des 7-Layer-Modells, also für die Hardware und das Management der SAN- und Storage-Plattform selbst, wie auch für den Betrieb der Serverinfrastruktur. Das Management der Speicherumgebung erfolgt über das Operation Delivery Center in Bratislava (Slowakei).
Das mehrsprachige Team kümmert sich - über alle Technologien hinweg - um alle Aspekte des Plattform- und Storage-Managements auf der Basis zuvor mit dem Kunden definierter Service Level Agreements. Die Unternehmensdaten selbst sind sicher gelagert, ein Unterschied zu einer in «Wir sind mit der Umstellung auf Managed Storage absolut zufrieden», meint Heinz Buser. «Alle Ziele wurden erreicht - auch die Kosteneinsparungen dürften sich im vorhergesagten Rahmen bewegen.» Im Falle von Syngenta schätzt der für die Shared Services verantwortliche Buser das Potenzial auf rund 35 Prozent pro Jahr. Die Komplexität der IT hat sich für Syngenta massiv verringert. Aus Kenngrössen wie Kapazität, Leistung, Wachstum und Infrastrukturbedürfnissen sind drei simple Parameter geworden, die jedes Jahr gemeinsam mit HP neu justiert werden: Volumen, antizipiertes Storage-Wachstum und Preis. Aus einer Vielzahl von Kostenfaktoren ist ein einfaches GByte/Monat-Preismodell entstanden - je nach Anforderungen an den Storage abgestuft in unterschiedlich definierten Service Level Agreements. Mit angenehmen Effekten für die IT-Abteilung von Syngenta: Die Kapazitätsplanung hat sich massiv vereinfacht, die Effizienz verbessert. Neue Projekte sind rascher umgesetzt. Der Investitionsbedarf sinkt: Aus Kapitaleinsatz werden operationelle Ausgaben.

Utility Computing wird Realität

Noch tun sich viele Unternehmen recht schwer mit dem Gedanken, ihre bisher mit grossem Aufwand und routiniert gewarteten Komponenten in fremde Hand zu geben. Syngenta und andere grosse Unternehmen weltweit sind die Vorreiter eines Trends, der sich jetzt in einem zweiten Anlauf durchzusetzen scheint: Technologie wird zum Alltagsgut und entschwindet dem Fokus der IT-Abteilung. Diese kann sich - der Routinejobs entledigt - der wahren Herausforderung stellen: Die Services zur bestmöglichen Unterstützung der Businessprozesse optimal zu orchestrieren. Denn die IT erfüllt letztlich denselben Zweck wie Wasser und Strom, sie hält Menschen, Systeme und Unternehmen in Gang.
Zu den Autoren:
Robert Wigger ist bei HP Schweiz für das Storage-Geschäft zuständig, Wilfried Segmüller ist Client Director für Syngenta bei HP Schweiz



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