Software spaltet Doppelkern

Software spaltet Doppelkern

Mehrkernige Prozessoren müssen also noch eine Reihe Hürden nehmen, bevor sie für den grossflächigen kommerziellen Einsatz taugen. Doch diese scheinen schnell lösbare Aspekte im Vergleich zu den verzwickten Fragen, die sie für Lizenzanbieter und -nehmer aufwerfen. Ein Chip mit einem Kern kostet eine Lizenz, soweit ist die Sache klar. Was aber kostet ein Chip mit zwei Kernen, der indes nicht dieselbe Leistung bringt wie zwei Chips mit einem Kern?
Die Softwareanbieter sind darüber sehr unterschiedlicher Ansicht. Sehr zum Missfallen der Hardwareanbieter, die auf einfache Verrechnungsmodelle drängen. Allerdings nicht aus Wohlwollen für die Anwender, sondern weil offensichtlich ist, dass die Multicore-Rechner nur dann eine Chance auf weite Verbreitung haben, wenn ein eindeutiger Return on Investment vorgerechnet werden kann. Dennoch hatte beispielsweise die Datenbänkerin Oracle die knallharte Devise ausgegeben: Viele Kerne - genauso viele Lizenzen. Erst unter dem massiven Protest der Anwender krebste sie vor wenigen Wochen zurück. Künftig soll jeder Kern in einem mehrprozessigen Chip mit dem Faktor 0,75 bei den Lizenzgebühren zu Buche schlagen. Den kleineren Anwenderunternehmen kommen die Oracler sogar noch etwas weiter entgegen. Die Datenbank in der Standard-Edition, die für Ein-Wege-Rechner mit maximal zwei Rechenkernen in der CPU (Central Processing Unit) vorgesehen ist, soll grundsätzlich als Ein-Prozessor-System bei der Berechnung der Lizenzgebühren gelten.
Andere Hersteller sind die Fragestellung von Anfang mit mehr taktischem Geschick angegangen. Microsoft zum Beispiel lizenziert per CPU ungeachtet der Anzahl der Rechenkerne. Was zählt, ist die Zahl der physisch vorhandenen Prozessoren. Microsofts «Grosszügigkeit» gegenüber den Nutzern dürfte sich rasch amortisieren, wenn diese im Gegenzug der Redmonder Software die Treue halten oder die Anwenderbasis sich sogar erweitert.
Eine Mischrechnung bekommen die Anwender bei IBM serviert. Auf deren Intel- und AMD-Systemen richtet sich die Lizenzgebühr nach der Anzahl der physisch vorhandenen CPU. Auf Big Blues Unix-Maschinen, die mit den hauseigenen Power-PC-Prozessoren arbeiten, ist hingegen die Anzahl der Rechenkerne für die Höhe der Lizenzgebühren ausschlaggebend.
Erst der Anfang
Damit ist das Thema für die Softwareanbieter allerdings noch nicht erledigt. Denn zwei Kerne sind erst der Einstieg in einen Trend, der zu «multiplen» Prozessoren als Normalfall führen wird - darüber sind sich Branchenkenner einig. Schon heute biete beispielsweise Raza Microelectronics 8, Azul Systems gar 24 Kerne. Die Softwareanbieter müssen also akzeptable Lizenzierungsmodelle für solch vielkernige Chips ausarbeiten. Andernfalls riskieren sie, dass die Nutzer auf Open-Source-Alternativen ausweichen, etwa die Datenbank My-SQL oder Postgre-SQL. Denn ganz sicher wird sich kein Unternehmen darauf einlassen, eine Art «Strafgebühr» dafür hinzublättern, dass es, wie bisher auch mit höher getakteten Chips, seine Hardwareleistung erhöht.



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