29.02.2008, 08:26 Uhr

Mehr Fahndungserfolge dank IT

Die Kantonspolizei Aargau rüstet ihre Fahrzeuge mit einer Navigations- und Kommunikationslösung aus. Damit sind die Einsatzkräfte schneller vor Ort und werden bei ihrer Arbeit optimal unterstützt.
Léon Borer, Kommandant der Kapo Aargau: «Dank des neuen Systems sind wir schneller am Einsatzort.»
Oft entscheiden nur wenige Sekunden über Erfolg oder Misserfolg eines Polizeieinsatzes. Deshalb hat die Kantonspolizei Aargau ihre Fahrzeuge mit einem Navigations- und Kommunikationssystem ausgerüstet, das die Polizeibeamten bei ihrer Arbeit optimal unterstützt und für eine effiziente Koordination der Einsätze sorgt. Unter anderem übermittelt das System permanent die GPS-Positionsdaten und den jeweiligen Verfügbarkeitsstatus eines Wagens an die Einsatzzentrale. Zudem ermöglicht es Datenbankabfragen und den Empfang digitaler Nachrichten und Aufträge. Aus diesen wiederum können die Zielkoordinaten automatisch dem Navigationssystem übergeben werden.
Den Grundstein für das System legte die Kantonspolizei Aargau bereits vor fünf Jahren. Damals führte sie als eine der ersten Organisationen «Polycom», das nationale Funksystem der Behörden für Rettung und Sicherheit, ein. Polycom ermöglicht eine abhörsichere, drahtlose Kommunikation zwischen Grenzwacht, Polizei, Feuerwehr, sanitätsdienstliches Rettungswesen, Zivilschutz und unterstützenden Verbänden der Armee sowie innerhalb jeder einzelnen dieser Organisationen.
Nach der Einführung von Polycom kristallisierte sich bei der Kapo Aargau rasch das weitere Potenzial der Lösung heraus. Léon Borer, Kommandant der Kantonspolizei Aargau: «Wir kamen sehr schnell zum Schluss, dass das System mehr leisten kann, als abhörsichere und behördenübergreifende Funkverbindungen herzustellen. Deshalb haben wir uns überlegt, die Möglichkeiten von Polycom auch für den Datenfunk zu nutzen.» Damit war das Projekt NOA (Navigation, Ortung, Abfrage) geboren.

Zur Effizienz gezwungen

Einer der Hauptgründe für die Lancierung des Projekts war laut Borer steigender Kostendruck: Polizeiorganisationen müssen höchstmögliche Sicherheit zu konstanten Kosten garantieren. Das zwingt die Kantonspolizei, ihre personellen Ressourcen noch effizienter einzusetzen. So müssen etwa Einsatzkräfte auch ausserhalb des ihnen vertrauten Gebiets operieren können. Borer beschreibt das Problem dabei: «Auch für langjährige Mitarbeitende ist es nicht möglich, den Kanton Aargau so detailliert zu kennen, wie unsere Kollegen der Stadtpolizei ihre Stadt kennen.» Deshalb müssen sie sich auf eine optimale Navigationsunterstützung verlassen können.
Ein weiteres Problem bei der Koordination mobiler Einsatzkräfte ist die Funkkommunikation zwischen der Zentrale und den Polizeibeamten: Der menschliche auditive Arbeitsspeicher erfasst in Stresssituationen, wie sie Polizisten häufig erleben, gerade mal drei bis fünf Wörter. Borer und seine Crew kamen zum Schluss, dass nur digitale Aufträge mit hinterlegten Navigationskoordinaten die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Polizisten und der Einsatzzentrale minimieren würden.
Ein weiterer Grund für die Initiierung des NOA-Projekts war der Umstand, dass seitens der Einsatzzentrale dringend ein Ortungssystem benötigt wurde. Borer: «Wenn die Einsatzleitzentrale nicht genau weiss, wo sich welche Einsatzkräfte befinden, können diese nicht optimal disponiert werden.»

Partnersuche und Implementierung

Nachdem die Kantonspolizei Aargau die wichtigsten Handlungsfelder identifiziert hatte, stand die Erstellung des Pflichtenhefts für die NOA-Ausschreibung an. Eine digitale Auftragserteilung, Datenbankabfragen, der sichere Informationsaustausch und eine Ortung der Fahrzeuge bildeten darin die wichtigsten Anforderungen.
Nach einer intensiven Evaluationsphase erhielt schliesslich Siemens Schweiz den Zuschlag für die Realisierung des Projekts. Borer begründet: «Das Unternehmen hatte mit SiCarCom bereits eine technisch funktionierende Lösung in der Schublade und zudem langjährige Erfahrung darin, mit innovativen Technologien massgeschneiderte Lösungen zu entwickeln.»
Nach einer ausführlichen Testphase begann Siemens vor gut einem halben Jahr damit, die ersten Fahrzeuge mit dem neuen mobilen Kommunikationssystem auszustatten. Zur installierten Lösung gehören neben der Software-Applikation ein Bordcomputer mit einem integrierten GPS/GSM-Modul, ein Touchscreen mit der Auftrags- und Navigationsapplikation und ein PDA für den Zugriff auf zentrale Datenbanken zur Fahndungsunterstützung. Die Lösung ist modular aufgebaut und erweiterbar. So lassen sich etwa zusätzliche Applikationen und Peripheriegeräte wie Fingerprint-Scanner oder biometrische Passleser einfach implementieren.
Die Software-Updates auf dem Server-modul im Auto werden in der Zentrale über einen WLAN-Hotspot durchgeführt.
Derzeit sind knapp vierzig Fahrzeuge mit der Lösung ausgestattet. Der Rollout wird bis Ende 2008 abgeschlossen sein. Die Kosten der Lösung beziffert Léon Borer auf knapp zwei Millionen Franken.

Fokus auf die Nutzerakzeptanz

Die konkrete Umsetzung der neuen Technologien erwies sich in einigen Punkten als diffizil: So war es laut Borer eine Herausforderung, die On Board Units und Applikationen so zu gestalten, dass sie richtig, konsequent und nicht zuletzt auch gerne genutzt werden. Ein wichtiger Punkt war beispielsweise die Wahl des Touchscreens. Produkte aus dem Consumer-Bereich waren zwar im Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbar, liessen in Sachen Bedienbarkeit aber zu wünschen übrig. Schliesslich entschied man sich für Bildschirme, die keine Bedienungsschritte zulassen, welche von der Applikation nicht vorgesehen sind. «Die On Board Unit ist das Herz der Lösung. Die Erleichterung, welche das System für den Polizisten bringt, sollte nicht durch Kompromisse in der Bedienung getrübt werden», so Borer.
Vor einer ähnlich kniffligen Aufgabe stand man auch bei der Nachrichtenapplikation. Neben den digitalen Aufträgen, die auf der Navigationsoberfläche erscheinen, können auch Nachrichten empfangen werden. Um diese nicht nur an die ganze Flotte, sondern auch an bestimmte Gruppen oder einzelne Fahrzeuge senden zu können, war in der Einsatzzentrale eine Applikationserweiterung nötig. Borer: «Dies war zwingend. Ich bin überzeugt, dass Meldungen nicht sofort und bewusst studiert werden, wenn drei Viertel davon andere Streifenwagen betreffen.»

Messbare Erfolge

Polizeikommandant Borer zeigt sich insgesamt sehr zufrieden mit der Lösung. «Die Akzeptanz der Polizeibeamten ist hoch und der Erfolg ist klar messbar: Seit die Datenbankabfragen direkt über den PDA durchgeführt werden, ist die Hitrate deutlich höher. Zum einen, weil die Nummernschildüberprüfungen und Personenkontrollen schneller und einfacher und damit öfter durchgeführt werden. Zum anderen, weil Kommunikationsprobleme bei der Funkkommunikation wegfallen.» Ausserdem konnte seit der NOA-Einführung die Zeit zwischen dem Aufgebot und dem Eintreffen am Einsatzort signifikant verkürzt werden. Dies, weil die Einsatzzentrale den aktuellen Standort der mobilen Einsatzkräfte jederzeit kennt und weil die Fahrzeugbesatzung dank der Unterstützung durch die Navigation den Einsatzort auf direktem Weg anfahren kann.
Claudia Bardola



Das könnte Sie auch interessieren