Daniel Heinzmann
24.10.2012, 10:33 Uhr
«Der oder die Beste macht das Rennen»
Daniel Heinzmann verlässt nach zehn Jahren - sechs davon als Informatikchef - die Stadtverwaltung Zürich und wechselt in den Bankensektor. Computerworld.ch hat sich mit ihm telefonisch über seine Beweggründe und sein Projekt eZurich unterhalten.
Computerworld.ch: Guten Tag Herr Heinzmann. Die erste Frage ist auch gleich die offensichtlichste: Warum der Wechsel?
Daniel Heinzmann: Nach zehn Jahren in der Stadtverwaltung fand ich es an der Zeit, wieder mal etwas anderes zu machen. Die ZKB hat mir jetzt die Möglichkeit geboten, meine Stärken einzusetzen. Auch als Quereinsteiger, der kein spezifisches Bankwissen hat.
Sie sprechen es an: Ihr aktuelles Wissen ist ein anderes, als es bei der ZKB gebraucht wird. Wie lösen Sie dieses Dilemma?
Als Leiter IT-Strategie werde ich ab Januar 2013 sehr vieles von meinem bisherigen Know-how einbringen können. Im Übrigen gebe ich mir die berühmten 100 Tage Zeit, um mich einzuarbeiten. Ich werde auch bei der ZKB im Team arbeiten und muss nicht alles selber am besten wissen.
Dafür haben wenige mehr Erfahrung als Sie, wenn es um das OIZ geht. Wen würden Sie gerne als Nachfolger sehen?
Die Ausschreibung ist am Laufen. Der oder die Beste macht das Rennen. Allerdings benötigt die Person einen guten Rucksack. Denn die Aufgabe ist vielfältig, es warten grosse und spannende Herausforderungen, insbesondere das souveräne Agieren im politischen Umfeld ist in einer Verwaltung anspruchsvoll. Ich bin sicher, dass man eine tolle Nachfolgerin oder einen tollen Nachfolger finden wird.
Apropos grosse Herausforderungen: Sie verlassen mit dem OIZ auch eZürich, ihr Projekt. Wie geht es damit weiter?
eZürich ist eine Kooperation zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Ich bin nur einer von vielen. Natürlich hatte ich als Programmleiter und Initiant eine spezielle Rolle. Aber für Kontinuität ist gesorgt. Andreas Kaelin hat sich für ein weiteres Jahr verpflichtet, die Kooperationsprojekte zu leiten. Auch für die eGovernment-Projekte haben wir uns verstärkt und Michael Keller zum neuen Leiter berufen. Ein zehnköpfiges eGovernment-Kompetenzzentrum arbeitet für eZürich. Es sind über 20 Projekte am Laufen. Meine Rolle ist ersetzbar.
Ersetzbar vielleicht. Aber der Abschied von eZürich muss Ihnen doch trotzdem weh tun?
Ich bleibe eZürich ja erhalten und werde mich auch weiterhin dafür einsetzen. Der Top ICT-Standort Zürich ist mir ein grosses Anliegen.
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Ein Anliegen ist ihnen also weiterhin, dass dass Zürich in absehbarer Zeit zum europäischen Topstandort für ICT-Dienstleistungen wird, wie Sie uns in einem Interview gesagt haben?
Wir müssen mittel- und langfristig denken. In den gut zwei Jahren seit dem Start von eZürich ist schon Einiges passiert. So haben wir verschiedene Initiativen im Bildungsbereich gestartet. Gerade die Nachwuchsförderung funktioniert aber nicht von heute auf morgen. Darum wird eZürich sicher ein langfristiger Prozess sein. Oder nehmen Sie das Beispiel Startups: Für sie gibt es seit April 2012 den Blue Lion Inkubator mit günstigen Arbeitsplätzen und Büros mit umfassenden Dienstleistungen für Jungunternehmen. Auch das Volk will eine hervorragende ICT-Infrastruktur. So hat es vor kurzem Ja gesagt zur stadtweiten Glasfaserversorgung. Damit schaffen wir Voraussetzungen, um zum europäischen Leuchtturm zu werden.
Nicht so schnell kommt dafür Data Purse voran. Im Februar sagten sie im Interview, dieses Projekt sei am weitesten gediehen. Nun scheint es in der Realisierungsphase festzustecken. Woran hapert es?
Gerade wenn zahlreiche Akteure eingebunden sind (in diesem Fall die Firmen Netcetera, DSwiss, Adnovum, Uni Zürich und Stadt Zürich), kann man so eine Dienstleistung nicht von heute auf morgen aus dem Boden stampfen. Wir sind aber auf Kurs. Zudem haben wir bei der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) einen Antrag gestellt und erhalten jetzt entsprechende Gelder. Damit kann jetzt mit der Umsetzung begonnen werden.
Und wann wird das Projekt lanciert?
Im nächsten Jahr wird es mindestens ein Pilotprojekt geben. Dabei werden wir mit ausgewählten Pilot-Usern die Speicherung und Verwaltung von Bank-, Steuer- oder Versicherungsdaten über ein einziges Konto testen.
Was sagen Sie zu den Projekten, die bereits angelaufen sind?
Stolz macht mich, dass wir als erste Schweizer Verwaltung ein Open Government Data (OGD)-Portal geöffnet haben. Auch «Fix my Zürich» ist auf Kurs und wird voraussichtlich nächstes Jahr in die Pilotphase eintreten. Zusammen mit der ETH und Schweizer Unternehmen haben wir in Schulen die Projektwoche «Informatik ist spannend» ins Leben gerufen, die sehr guten Anklang gefunden hat. Nächstes Jahr lancieren wir im Rahmen von eZürich eine Imagekampagne, die unsere Branche einer breiteren Öffentlichkeit besser erschliessen soll. Damit wollen wir auch die Nachwuchsförderung stärken. Sie sehen also, viele unserer Projekte haben einen langen Horizont. Wir legen grossen Wert auf diese Nachhaltigkeit.
Damit diese Nachhaltigkeit erreicht wird, müssen die Unternehmen allerdings an einen Tisch. Das war ihr Ziel und das ist auch gelungen, die Bevölkerung hat davon aber wenig mitgekriegt.
Mit der eZürich-Initiative ist es uns gelungen, den ICT-Standort Zürich verstärkt ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Das merken wir an der vermehrten Berichterstattung in den Publikumsmedien. Unser Ziel ist es, dass die Zürcherinnen und Zürcher ICT genauso mit Zürich in Verbindung bringen wie den Finanzplatz. Da haben wir schon einiges erreicht, aber natürlich ist auch noch ein Stück Weg zu gehen. Letztlich ist es dann auch nicht so wichtig, ob auf einzelnen Aktivitäten ein eZürich-Stempel drauf ist. Wichtig ist, dass wir das Ziel, einst europäischer Top-Standort zu sein, gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern erreichen.