Apple, Google und Co. gegen die Banken

Technische Lösungen reichen nicht

Doch diese technischen Lösungen allein werden nicht ausreichen. Die Banken werden sich und ihre Rolle komplett neu ­erfinden müssen. Eine Lösung kann es ­dabei sein, selbst zu einer Plattform zu werden. Dazu müssen sie sich und ihre Systeme weit öffnen und über technische Schnittstellen, die über die PSD-2-Anforderungen hinausgehen, Entwickler für sich gewinnen. Das Stichwort lautet Open Banking und die Vorbilder sind Apple und Google mit ­ihren mobilen Betriebssystemen. Auch die beiden Internet-Riesen sind nicht in erster Linie dadurch gross geworden, dass sie ihr Ökosystem selbst mit Leben gefüllt haben. Stattdessen haben sie vor allem ­eine Plattform geschaffen, auf der Tausende Drittentwickler ihre Apps anbieten. 
Die PSD 2 wird die Banken ohnehin zwingen, Drittanbietern Zugang zu Kundendaten zu gewähren. Aus dieser Not eine Tugend zu machen, eröffnet den Banken gänzlich neue Perspektiven. Bei diesem neuen Geschäftsmodell dürfen sich die Kreditinstitute ­allerdings nicht nur auf unmittelbare ­Finanzanwendungen konzentrieren. Vielmehr müssen sie dazu einen Schatz heben, dessen sie sich bisher kaum bewusst sind: ihre Kundendaten. 

PSD 2 mach den Weg frei zu den Daten der Kunden

Neben vielen personenbezogenen Daten und Identifikationsdaten sind das vor ­allem die Umsatzdaten von Girokonten und Kreditkarten einschliesslich der vielen Metadaten, die sich daraus ergeben. An diesem Datenschatz sind die grossen Plattformen stark interessiert und die PSD 2 dürfte es ihnen noch leichter machen, an Teile davon heranzukommen. Doch hier haben die Banken einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorteil: Während Google, Facebook und Co. als Datenkraken verschrien sind, geniessen sie einen exzellenten Ruf in Bezug auf den Datenschutz und das Vertrauen ihrer Kunden. Um hieraus einen Vorteil zu ziehen, müssen sich die Banken allerdings neu erfinden. Verstanden sie sich in den vergangenen Jahrhunderten vor allem als Verwahrer und Händler von Geld, Gold und Wertpapieren, müssen sie Daten als eine neue Klasse von Assets anerkennen.
Wenn sie das tun, ergeben sich künftige Geschäftsmodelle von ganz allein. So können sie die Identität ihrer Kunden gegenüber Behörden oder anderen Unternehmen bestätigen, hochsichere Cloud-Speicher für sensible Dokumente oder Wallets für Private Keys von Kryptowährungen anbieten oder gar als Datenbroker die Daten der Kunden in deren Auftrag monetarisieren.

Fintech Start-ups

Helfen können da Fintech Start-ups, die immer häufiger von grossen Bankhäusern unter ihre Fittiche genommen werden. Jüngstes Beispiel ist die viel beachtete Übernahme der Online-Kreditvermittlungsplattform Lendico durch die Direktbank Ing-Diba. Die Deutsche Bank ist schon länger offen für Veränderungen: Vor zwei Jahren integrierte sie auf einen Schlag eine ganze ­Reihe von Finanz-Start-ups – ein Wandel in der Strategie des Geldhauses.
Dieser Transformationsprozess ist allerdings alles andere als trivial. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass eine ganze Reihe von Banken dabei auf der Strecke bleiben wird. Immerhin ist dazu ein grundlegender Wandel des Selbstverständnisses einer Bank notwendig, den nicht jede Vorstandsriege mitzugehen bereit sein wird. Und gerade was den Weg hin zu einer Plattform angeht, reicht der blosse Wille nicht aus. Denn die Plattformökonomie zeichnet sich durch die Tendenz zu Oligopolen und teilweise sogar Monopolen aus. Das mussten im Bereich der mobilen Betriebssysteme selbst Grössen wie Amazon und Microsoft schmerzhaft feststellen.
Insofern könnte sich die grosse Konsolidierungsbewegung im Finanzsektor hierdurch noch einmal beschleunigen. Die Branche steckt mitten in einem fundamentalen Wandel – mit ungewissem Ausgang. 

Stichwort: Worum geht es bei der PSD2?

Mit der Revised Payment Services Directive (kurz: PSD 2), die Januar 2018 in Kraft getreten ist, will die EU den Wettbewerb im Bereich des Zahlungsverkehrs erhöhen und Innovationen fördern. Kern­aspekt der Richtlinie ist der sogenannte Access to Account (kurz. XS2A), der zertifizierten Drittanbietern einen Rechtsanspruch auf den diskriminierungsfreien Zugriff auf Kundendaten der Banken über eine standardisierte Programmierschnittstelle gewährt - wenn der Kunde seine Zustimmung ­dazu erteilt. Damit schafft die EU einen belastbaren regulatorischen Rahmen für innovative Dienste, die bislang in einer rechtlichen Grauzone aktiv waren. Die PSD 2 sieht dafür zwei Anwendungsfälle vor: die Kontoinformationsdienste und die Zahlungsauslösedienste. 
Die Kontoinformationsdienste ­lesen zum Beispiel Kontoumsätze und -salden aus und stellen sie dem Kunden zur Verfügung. Fintechs und Banken bieten ihren Nutzern damit übersichtlich alle Daten ihrer Konten bei verschiedenen Banken in einer App. Aber auch die grossen Internet-Plattformen könnten hierüber Zugriff auf wertvolle Kontoumsatzdaten ­erhalten und diese Daten für sich nutzen.
Zahlungsauslösungsdienste können im Auftrag des Kunden Überweisungen veranlassen, ohne dass dieser dafür das Online oder ­Mobile Banking seiner Bank nutzen muss. Online-Händler wie Amazon könnten auf dieser Basis eigene Zahlungslösungen anbieten und damit helfen, Kosten für Kreditkartenzahlungen zu sparen.



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