Apple, Google und Co. gegen die Banken

Vom Herr über das Geld zum reinen Dienstleister

Die Banken dagegen werden zu reinen Dienstleistern im Hintergrund degradiert, die mit der blossen Zahlungsabwicklung kaum Geld verdienen und gleichzeitig an Kundenbindung verlieren. Zahlte der Kunde bisher mit der physischen Kreditkarte, hatte er stets das Logo seines Kreditinstituts vor Augen. Zahlt er nun per Smartphone, erinnert er sich hinterher hauptsächlich daran, dass er zum Beispiel mit Apple Pay gezahlt hat. Die Bank wird als Marke plötzlich unsichtbar und austauschbar. Nun verdienen die Banken in Europa ohnehin nicht mehr viel Geld im Zahlungsverkehr, seit die EU-Kommission die Interbanken-Entgelte auf 0,2 Prozent bei Debitkarten beziehungsweise 0,3 Prozent bei Kreditkarten gedeckelt hat. 
Doch auch an anderer Stelle geraten sie in Bedrängnis. Zum Beispiel durch den ­E-Commerce-Riesen Amazon. Der bietet ausgewählten Händlern auf seiner Plattform Marketplace seit einiger Zeit Kredite zur Vorfinanzierung ihres Warenbestands an. Anders als im hart umkämpften Privatkundengeschäft verdienen die Banken im Firmenkundengeschäft bislang gutes Geld. Die Margen sind auskömmlich und durch die Niedrigzinspolitik der Notenbanken können selbst unrentable Unternehmen ihren Kapitaldienst leisten. 
Amazon tritt hier nun in direkte Konkurrenz zu den Banken und versorgt ­seine Händler mit Krediten. Dabei geht es dem Konzern von Jeff Bezos nicht darum, mit dem Kreditgeschäft Geld zu verdienen. Mit den Krediten ermöglicht es Amazon vielmehr seinen Händler, ihr Warenlager aufzufüllen und auf diese Weise mehr ­Artikel über den Marketplace zu verkaufen. Und damit verdient der Versandriese dann seine Provisionen.

Genaue Daten erleichtern das Kunden-Scoring

Neben dem Preisvorteil kann Amazon in diesem Geschäft einen weiteren Wett­bewerbsvorteil gegenüber den Banken ausspielen: den Informationsvorsprung. Denn die Banken können die Kreditwürdigkeit des Händlers lediglich anhand von Jahresabschlüssen und betriebswirtschaftlichen Auswertungen einschätzen, also anhand von vergangenheitsbezogenen und sehr allgemeinen Ertrags- und Kostenkennzahlen. 
Amazon dagegen kennt den Händler viel genauer und kann die Attraktivität seines Produktangebots in Echtzeit mit sämtlichen anderen Marketplace-Händlern vergleichen und hat auch die Übersicht über die Lagerdauer jedes einzelnen Artikels und kann die voraussichtliche Nachfrage anhand seines Datenpools vorhersagen. Amazon ist damit über die Bonität des Händlers teilweise besser informiert als dessen eigene Buchhaltung. Die Banken haben hier klar das Nachsehen.
Noch grösser ist die Bedrohung für die Banken in Asien. Dort haben die US-amerikanischen GAFA ihre Entsprechung in den sogenannten BAT: der Suchmaschine Baidu, dem Versandriesen Alibaba und dem Chat-Anbieter Tencent. In einem Markt, in dem viele Einwohner bisher noch kein Bankkonto besitzen, haben die Plattformen die Banken deutlich weiter verdrängt. Die populäre Chat-App Wechat von Tencent hat sich zu einem kompletten Ökosystem entwickelt, in dem die Nutzer nicht nur chatten, sondern auch Reisen buchen, Taxis bestellen und eben auch ­ihre Bankgeschäfte abwickeln können.

Das Motto der Fintechs war einst «Unbundling Banks»

Die Banken stehen also unter Zugzwang, sich gegen die Bedrohung durch die Plattformriesen zu stemmen. Dazu braucht es neue, innovative Produkte und Dienstleistungen und eine konsequente Digitalisierung auf allen Ebenen. Doch das werden sie kaum allein schaffen, denn die Zeit spielt gegen sie und ihre Innovations­geschwindigkeit ist bisher überschaubar. Hier kommen die Fintechs ins Spiel, die einst eigentlich unter dem Motto «Unbundling Banks» auszogen, die Banken zu besiegen. Die meisten von ­ihnen mussten allerdings schmerzhaft feststellen, dass es in der Finanzbranche mit innovativer Technologie allein nicht getan ist.
In dieser Branche geht es um Vertrauen – und das kann ein kleines Start-up nicht so schnell aufbauen. So hat es bislang kaum ein Fintech geschafft, eine kritische Masse von Kunden für sich zu gewinnen. Viele von ihnen sind daher dazu übergegangen, ihr eigenes Endkundenangebot nur noch als Show Case zu nutzen und Kooperationen mit Banken einzugehen. Die Fintechs stellen den Banken dabei ihre Innovationen zu Verfügung und erhalten im Gegenzug Zugang zum grossen Kundenstamm der Kreditinstitute – eine Art Vertrauenstransfer. Die Fintechs werden zum ­Innovationsmotor der Banken. Robo ­Adviser ermöglichen die kostengünstige Wertpapierberatung im ertragsschwachen Retailgeschäft. Crowdinvesting-Plattformen verschaffen vermögenderen Kunden attraktive Investment-Alternativen. 



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