Elektronisches Patientendossier 30.06.2023, 10:55 Uhr

Pläne des Bundes für das EPD stehen in Kritik

Der Bundesrat will für alle Schweizerinnen und Schweizer automatisch ein elektronisches Patientendossier eröffnen. Zudem sollen auch Ärzte oder Physiotherapeuten verpflichtet werden, ein EPD zu führen. Das meint Computerworld dazu.
Infografik symbolisiert mittels Piktrogrammen die Funktionsweise des EPD
Wer möchte, kann mit dem EPD die eigenen Gesundheitsinformationen verwalten und entscheiden, mit welchen Gesundheitsfachpersonen er oder sie diese teilen möchte.
(Quelle: patientendossier.ch)
Das elektronische Patientendossier (EPD) ist zwar schon seit einiger Zeit in der Schweiz verfügbar. Seit 2022 kann die Bevölkerung schweizweit ein EPD eröffnen. Doch es läuft sehr harzig. Stand Mitte April 2023 wurden laut BAG bei den sieben zertifizierten Stammgemeinschaften nur rund 19'500 (19'481) EPDs eröffnet. Bisher war das Eröffnen bzw. die Nutzung freiwillig. Das soll sich ändern.
Anzahl eröffnete EPD
Quelle: BAG
Der Bundesrat will nun allen Schweizerinnen und Schweizern ein EPD ausstellen, wie SRF berichtet. Um das EPD zu pushen, soll es künftig zudem von allen Gesundheitsfachpersonen angewandt werden müssen. Also nicht nur im stationären Bereich, sondern auch in der Arztpraxis, den Apotheken oder in ambulanten Therapien. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 28. Juni 2023 eine entsprechende Revision des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier in die Vernehmlassung geschickt.
Bereits heute sind Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime verpflichtet, das EPD einzusetzen und sämtliche behandlungsrelevanten Informationen darin einzutragen. Künftig müssen sich aber auch Ärztinnen, Apotheker, Physiotherapeutinnen und Chiropraktiker einem der dafür zertifizierten EPD-Anbieter anschliessen. Der Ärzteverband ist denn auch nicht so erfreut. Der Tenor: Das EPD ist zu kompliziert und die Anwendung zu unpraktisch. «Was wir auf gar keinen Fall brauchen, ist eine zusätzliche Administrativlast», sagt Yvonne Gilli, Präsidentin der Ärztevereinigung FMH zu SRF.

Wer nicht will, muss aktiv werden (Opt-out-Modell)

Für alle in der Schweiz wohnhaften Personen, die obligatorisch kranken- oder militärversichert sind, soll künftig automatisch und kostenlos ein EPD eröffnet werden. Laut Mitteilung des Bundes sind die Kantone dafür zuständig, dass die Bevölkerung in ihrem Kantonsgebiet ein EPD erhält.
Wer kein elektronisches Patientendossier will, muss beim Kanton Widerspruch gegen die Eröffnung des EPD einlegen. «Mit diesem Opt-out-Modell soll die Verbreitung und Nutzung des EPD ausgeweitet und das EPD zu einem Pfeiler des Gesundheitssystems werden», schreibt der Bund.

Wie gehts weiter?

Die Vernehmlassung zum Revisionsentwurf läuft bis zum 19. Oktober 2023. Dies ist die zweite von zwei Revisionsetappen. Mit der ersten sollte die übergangsweise Finanzierung der Stammgemeinschaften geregelt werden. Wie das SRF berichtet, wolle der Bundesrat laut Gesundheitsminister Alain Berset hierzu nach der Sommerpause entscheiden.
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite patientendossier.ch.

Computerworld meint

Das elektronische Patientendossier ist seit 2007 eine unendliche Geschichte. Jahrelang verspätet, das Erstellen ist für Patienten nicht gerade niederschwellig und der Nutzen sowohl für Patienten als auch das Gesundheitspersonal unklar. Da es nicht läuft, will der Bund das Projekt nun pushen. Das ist nicht überraschend. Das Opt-out-Modell stösst mir jedoch sauer auf. Einerseits wird über den eigenen Kopf entschieden, dass einfach eines erstellt werden soll. Und dann noch die Verantwortung auf die Bevölkerung abgeschoben, dass sie aktiv werden muss, wenn sie das nicht will. Und zwar beim Kanton. Wo genau? Who knows.



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