SNB-Entscheid 20.01.2015, 12:42 Uhr

purzeln nun die Lizenzpreise?

Durch die extreme Aufwertung des Frankens stehen ausländische ICT-Firmen in der Pflicht. Güter, die in der EU oder USA produziert und in der Schweiz verkauft werden, müssen billiger werden. Doch viele warten noch ab.
Als die Schweizerische Nationalbank letzte Woche den Euromindestkurs aufhob, gewann der Franken massiv an Wert. Am gleichen Tag notierte er um 23 Prozent stärker wie der Euro, liegt derzeit nahe an der Paritt. Die gleiche Entwicklung nahm der Dollar, der vor dem Entscheid bei 1.02 Franken notierte und aktuell 87 Rappen kostet. Die langfristigen Auswirkungen des Entscheids sind noch nicht absehbar, dazu muss man nur die unterschiedlichen Aussagen von Bankern, Finanzjournalisten oder Wirtschaftsprofessoren hören. Aber sicher ist: Wer mit Schweizer Franken Güter in Fremdwährungen kauft, profitiert derzeit extrem. Und wer in diesen Zonen Güter herstellt und sie in die Schweiz liefert, ebenfalls. Das betrifft auch diverse ICT-Unternehmen wie SAP oder Microsoft. Geben sie ihre Kursgewinne an die Schweizer Kunden weiter? Computerworld hat nachgefragt. Und dabei festgestellt, dass die Unternehmen für einmal ziemlich einer Meinung waren. Auf Zeit spielen SAP will derzeit noch keine verbindlichen Aussagen treffen und Andreas Oczko, Vorstand der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) hat noch nichts bezüglich Preisentwicklung gehört. Immerhin weiss Ozcko, dass die Schweizer Preisliste in der jüngeren Vergangenheit den Kurs von 1.20 Franken widerspiegelte. Die logische Konsequenz sind baldige Preisanpassungen.  Microsoft sagt, dass ihre Retail-Partner und Distributoren direkt in Euro einkaufen und darum vom Wechselkurs profitieren. Diesen Vorteil können sie direkt den Endkonsumenten weitergeben. Die Redmonder sind derweil noch daran, die Preise des eigenen Webshops «Microsoft Store» zu evaluieren. Obwohl man vom genau gleichen Wechselkurs wie die Partner profitiert. Einer von Microsoft angesprochenen Distributoren ist Ingram Micro. Auch sie scheinen die Preise nicht gleich weitergeben zu wollen. In einer Stellungnahme erklären Benno Schlumpf (Director Advanced Solutions) und André Koitzsch (Business Manager Software), dass bei der der aktuell volatilen Marktlage Vorsicht geboten sei. Das Pricing werde deswegen laufend evaluiert. Man beobachte, ob gegebenenfalls Angebote von ausländischen Anbietern in der Schweiz platziert werden. In den letzten Monaten sei durch den konstanten Euro/Franken-Kurs das Risiko für Fachhandel und Endkunde gering gewesen. Nun aber seien Einkäufe im Ausland mit höherem Risiko behaftet. Dadurch erhoffen sich die Beiden eine Stärkung der Schweizer Fachhändler und Distributoren. Auch T-Systems Schweiz will die mittel- und langfristigen Auswirkungen des SNB-Entscheids abwarten, bevor Massnahmen getroffen werden. In einem umkämpften Umfeld ist das vor allem für die Schweizerische Konkurrenz eine positive Nachricht. Für die Endkunden dagegen weniger.  Die Unternehmen spielen also auf Zeit. Einerseits ist das verständlich, der Entscheid ist noch frisch und man will auf keinen Fall die Preise zu tief senken, falls sich der Franken bald abschwächt. Andererseits streichen die Firmen mit jedem Tag, an dem die Preise noch auf dem Euromindestkurs basieren und Lizenzverträge verlängert oder neu abgeschlossen werden, saftige Gewinne ein. Hoffentlich profitiert der Schweizer Kunde bald davon. Auf der nächsten Seite: Es geht auch anders. Diese Unternehmen senken die Preise. Es gibt agilere Unternehmen Es geht nämlich auch anders. Der Sicherheits-Spezialist Panda Security korrigiert seine Preise per sofort um 17 Prozent nach unten. «Panda Security ist ein europäisches, vom Euro abhängiges Unternehmen. Wir wollen die entstandenen Einkaufsvorteile der jetzigen Situation ab sofort und direkt an die Kunden weitergeben», sagt Helga Schlaeppi, Verkaufsleiterin Panda Security Schweiz. Die Preise würden der weiteren Kursentwicklung folgen und monatlich angepasst. Vorbildlich. Auch der Online-Shop PCP.ch hat die Preise auf einem Drittel seines Sortiments (insgesamt 250 000 Artikel) bereits um 15 Prozent gesenkt. Ein Bereich, in dem ebenfalls Preisnachlässe vermutet werden könnten, ist Roaming. Doch weder Orange, Sunrise oder Swisscom planen, auf den SNB-Entscheid zu reagieren. Der Grund dafür ist einleuchtend und wird von Orange-Sprecherin Therese Wenger geliefert: Die internationalen Roamingverträge werden bilateral abgeschlossen. Die Bestimmungen, welcher Telko dem anderen was zu zahlen hat, wenn ein eigener Kunde ein ausländisches Netz nutzt, werden in Euro angegeben. Da mehr Kunden der ausländischen Betreiber die Schweizer Netze nutzen, also mehr Euro «exportiert» werden, können die Währungsvorteile beim «Import» nicht weitergegeben werden. Diese würden durch den Export gleich um ein Mehrfaches verloren, sagt Wenger. Es ist davon auszugehen, dass der SNB-Entscheid mit der Zeit bei immer mehr in den USA oder EU produzierenden Firmen dazu führen wird, ihre Schweizer Preise anzupassen. Spätestens dann müssen auch die «Grossen», die aufgrund ihrer Marktstellung noch zuwarten können, ihre Preise anpassen.



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