24.09.2008, 11:23 Uhr

Wenn die "Game Over"-Generation ans Ruder kommt

Der am IBM-Forschungslabor in Rüschlikon tätige Wissenschaftler Moshe Rappoport hält die Kluft zwischen den vor 1970 und nach 1980 Geborenen hinsichtlich der IT- und Computer-Nutzung für enorm. Erstere werden Zeit ihres Lebens digitale Imigranten bleiben, so der Forscher auf der vom Future Network organisierten 2. Zürcher Konferenz zu Web 2.0, IT-Trends und Value of IT.
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IBM-Forscher Moshe Rappoport
Laut Rapport haben die meisten Jugendlichen bis zu ihrem 20. Lebensjahr Tausende Computerspiel-Stunden hinter sich und eignen sich dadurch Fähigkeiten und Denkmuster an, die der älteren Generation völlig fremd sind. Der veränderte, natürliche Umgang mit Technologie zieht laut Rappoport grosse Auswirkungen auf etablierte Unternehmen und Wirtschaftszweige nach sich.
Analog zu Computerspielen, wo man mit Risikoverhalten schnell zum Ziel komme respektive nach einem "Game Over" einfach neu beginne, zeichne sich die junge Generation durch Risikobereitschaft und schnelles Handeln aus. "Heute sind 25-Jährige, die bereits sechs bis sieben Firmengründungen hinter sich haben, keine Seltenheit mehr. Galt man früher als gescheitert, wenn eine Geschäftsidee nach zwei Jahren nicht mehr funktionierte, geht es heute viel stärker darum, Ideen auszuprobieren, umzusetzen und wieder zu verwerfen", erklärt Rappoport.
Diese Denkweise spiele auch bei der Akzeptanz und Integration neuer Techniken in Unternehmen eine wichtige Rolle. Galten Manager bisher eher als Technologie-konservativ, werde es beim Eintritt der digital aufgewachsenen Generation - der so genannten "Digital Natives" - zu einem radikalen Umdenken in Unternehmensführungen kommen. Darauf würden sich auch Unternehmen wie IBM einstellen müssen, um ihre Kunden weiterhin mit den gewünschten Services und Innovationen versorgen zu können.
Das erste Jahrzehnt im neuen Millennium sieht der langjährige IBM-Forscher von einer Reihe von Kippmomenten geprägt. So sei in den vergangenen acht Jahren das gesamte tägliche Leben digital geworden. "Von der Kommunikation bis zum Bankenwesen oder den Supermärkten baut im Grunde alles auf IT-Prozessen auf. Wenn diese ausfallen, geht gar nichts mehr", ist Rappoport überzeugt. Der umfassende Zugang zu Informationen habe aber auch das Machtverhältnis von Verkäufer und Käufer komplett umgedreht. "Wenn ich heute einen Fernseher kaufen will, gehe ich zwar vielleicht noch immer in ein Fachgeschäft und lasse mich beraten. Anschließend kann ich das Preis-Leistungsverhältnis der angebotenen Ware aber im Internet überprüfen. Der Käufer weiss mittlerweile mehr als der Verkäufer", folgert der Forscher.
Dass diese Informationsflut für immer mehr Menschen schlichtweg eine Überforderung darstellt, meinte hingegen der Rostocker Universitätsprofessor Clemens Cap bei seinem Vortrag in Zürich. "Wir werden daher die Frage lösen müssen, wie der Informationsraum, der einen in bestimmten Lebenssituationen und Kontexten umgibt, gestaltet und limitiert werden muss, damit der Einzelne überhaupt einen persönlichen Nutzen daraus ziehen kann", so Cap. Mobile Endgeräte könnten Cap zufolge ein wichtiger Schlüssel sein, um personalisiert mit den Informationen versorgt zu werden, die einem in bestimmten Situationen weiterhelfen. "Das reicht - wenn erwünscht - von der gesteuerten Partnersuche über GPS und Bluetooth in einem Lokal bis hin zu Informationen über Anschlusszüge oder Restaurants, wenn man am Bahnhof auf den Zug wartet", erläutert Cap.



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