«Digitalisierung scheitert nicht an der Technologie»

Mehr DevOps und DevSecOps

CW: Welche Strategie verfolgen Sie bei der IT-Beschaffung? Make or buy?
Plaza Morales: Wenn eine passende Anwendung auf dem Markt existiert, kaufe ich sie. Eine Eigenentwicklung ist nur dann sinnvoll, wenn sich SGS damit einen Vorteil verschaffen kann. Lösungen für unseren Aussendienst oder unseren Laborbetrieb sollten wir selber programmieren, eine Abrechnungs-Software oder eine Lohnabrechnung können wir von der Stange kaufen.
CW: Sie wollen vermehrt Konzepte wie DevOps und DevSecOps einsetzen. Betrifft das ausschliesslich die Eigenentwicklungen?
Plaza Morales: Das war bisher so. Künftig wollen wir die Methoden im gesamten Konzern einführen. Sie sollen nicht nur in der IT, sondern auch im Business verwendet werden. Meine Idee ist es, dass wir in Projekten nur noch einen Standardprozess haben, der den DevOps- und DevSecOps-Prinzipien folgt. Sowohl im Aussendienst, im Reporting als auch bei Spezialanwendungen können wir ein gemeinsames Vorgehen definieren, wie Prozesse implementiert werden – unabhängig von der eingesetzten Technologie.
CW: Welches sind die grössten Hürden für die Digitalisierung des Geschäfts von SGS?
Plaza Morales: Die Technologie ist vorhanden für die Digitalisierung. Sie ist nicht mehr die Herausforderung. In einer globalen Unternehmung wie der SGS können die Geschäftssysteme durchaus standardisiert sein. 80 Prozent sind identisch für alle Mitarbeiter, 20 Prozent sind die lokalen und kundenspezifischen Anpassungen. An diese Realität müssen die Auditoren, Inspektoren sowie Prüfer ihre Abläufe und Prozesse adaptieren. Die grösste Hürde ist das Change Management.
CW: Sind mit Change Management in erster Linie die Mitarbeitenden gemeint?
Plaza Morales: Es sind sowohl die Mitarbeitenden als auch  die Prozesse gemeint. Jeder Angestellte ist der Meinung, dass SGS eine ganz spezielle Organisation ist. Das mag zu einem gewissen Grad tatsächlich stimmen. Aber es gibt durchaus einige Gemeinsamkeiten, intern und auch mit dem Wettbewerb. Wenn es einen Standardprozess gibt, sollte er adaptiert werden. Anschliessend können Spezialprozesse folgen, die das SGS-Geschäft auszeichnen.
CW: Als globale Organisation können Sie aus einem globalen Ressourcen-Pool schöpfen. Der Fachkräftemangel dürfte kein grosses Problem für Sie und SGS sein.
Plaza Morales: Das stimmt leider so nicht. Ich denke, heute hat jede Organisation ihre Schwierigkeiten, Talente anzuziehen. Als globaler Konzern müssen wir den strategischen Entscheid treffen, in welche unserer Niederlassungen wir investieren wollen. Für mich steht an erster Stelle das Talent und an zweiter Stelle der Ort. Während es in Genf schwierig ist, Fachleute anzusprechen, könnten wir in Madrid oder Lissabon erfolgreicher sein. Letztendlich müssen wir die Talente dort ansprechen, wo sie gerade vorhanden sind – sei es in China, den USA oder auch hier in Europa.
Die Talentknappheit wird in Zukunft zur grössten Herausforderung aller Firmen werden. Denn die künftig benötigten Fähigkeiten und Kenntnisse sind heute noch nicht am Markt vorhanden. Bei meinem früheren Arbeitgeber [Adecco; Anm. d. Red.] beschäftigten wir uns schon seit Jahren mit den zukünftigen Anforderungen des Arbeitsmarkts.
Zur Firma
SGS
steht für Société Générale de Surveillance. Das 1878 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz in Genf ist ein börsenkotierter, globaler Warenprüfkonzern. In den mehr als 1800 Niederlassungen und Labors in über 120 Ländern sind rund 93 000 Mitarbeiter beschäftigt. SGS erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von ca. 5,6 Mil­liar­den Franken. Der CEO Frankie Ng ist seit März 2015 im Amt.



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