Alles as a Service 25.06.2018, 17:00 Uhr

Aus Produkten werden Dienste

Vernetzung und Digitalisierung führen zu einer anderen Art des Wirtschaftens. Geschäftsmodelle und Philosophien über Werte ändern sich radikal. Verbrauch ersetzt Besitz.
(Quelle: Shutterstock/Violetkaipa)
Aus Automobilen wird Carsharing. Aus Computerprogrammen wird Software as a Service. Aus Kompressoren wird Druckluft als Dienstleistung. Die um sich greifende Vernetzung und Digitalisierung transformiert herkömmliche Produkte immer öfter in Dienstleistungen. Materielle und immaterielle Güter werden nicht mehr gekauft, sondern gemietet, in Services umgewandelt oder um solche ergänzt. Auf den Punkt gebracht: Der Kunde besitzt ein Produkt nicht mehr, sondern er bezieht die Leistung des Produkts als Service.
Diese Servitization oder Servitisierung genannte Entwicklung weg vom Besitzen hin zum Service führt zu einem ökonomischen Paradigmenwechsel: «Die digitale Transformation befördert uns in eine service­orientierte Welt», konstatiert Heiko Henkes, Director Advisor beim Consulting-Unternehmen ISG. «Klassische Geschäftsmodelle und Philosophien über Werte und vor allem Besitztümer wandeln sich radikal. Konkret bedeutet dies eben, dass Produkte immer seltener verkauft werden. Sie werden gemietet und nach Nutzung im Sekundentakt bezahlt. Besitz rückt generell in den Hintergrund.» Dem kann Nils Herzberg, Global GTM Lead and SVP im Bereich IoT bei SAP, nur beipflichten: «Servitization ist ein Megatrend. Vergangene Generationen wollten besitzen, künftige Generationen werden nur noch nutzen wollen.»

Win-win-Situation

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Quelle: Babolat
Von dieser Entwicklung profitieren sowohl die Service- Anbieter als auch ihre Kunden. Wenn ein Unternehmen Dienstleistungen bucht, statt Produkte zu kaufen, kann es sich besser auf sein Kerngeschäft konzentrieren und die mit dem Produkt verbundenen Aufwände und Risiken zu einem grossen Teil auf den Service-Anbieter abwälzen.
Der Service-Anbieter wiederum kann sich mit einem Dienstleistungsportfolio wirksam gegen Marktschwankungen absichern, hohe Eintrittsbarrieren für den Wettbewerb schaffen und sich gegen die Konkurrenz aus Niedriglohnländern schützen. Zudem sind im Bereich Service – anders als im oft margenschwachen und nur gering wachsenden Produktgeschäft – die Umsatz- und Ergebnispotenziale noch kaum ausgeschöpft. «Deshalb wird es immer attraktiver, Services um die Produkte herum zu entwickeln. Diese versprechen dann auch neue Umsatzquellen», sagt Mark Alexander Schulte, Senior Consultant bei IDC Deutschland.

Musterbeispiel IT-Branche

Der Trend zur Servitization durchzieht so gut wie alle Branchen der Wirtschaft. Diese Entwicklung betrifft sämtliche Hersteller von Produkten und Gütern, die einen gewissen Wert haben, weiss IDC-Experte Schulte. Eine der beeindruckendsten Service-Transformationen hat sich in den vergangenen Jahren in der IT vollzogen. Mit Cloud-Services stellen Anbieter standardisierte IT-Leistungen schneller und kostengünstiger bereit, als Unternehmen das mit ihrer internen IT-Abteilung selbst leisten könnten. Firmen erreichen das über die hochgradige Automatisierung ihrer Rechenzentren, Standardisierung und zusätzlich einer optimalen Auslastung ihrer Ressourcen.
Dass Kunden kaum mehr bereit sind, hohe Zahlungen für Hardware-Ausstattung oder Software-Lizenzen zu leisten, hat die gesamte Hardware- und Software-Branche binnen weniger Jahre grundlegend verändert. Infrastructure as a Service ersetzt unternehmensei­gene Hard­ware wie Server oder Storage, aus früher gekauften Software- Lizenzen wird Software as a Service und Entwicklungsplattformen werden in Platform as a Service trans­formiert.
Der Nutzen für die Unternehmen ist immens: Sie sparen den teuren Kauf von Hardware und Software, die aufwendige Wartung, den Betrieb und die turnusmässige Erneuerung. Betriebswirtschaftlich gesehen entfallen die üblichen Anfangs­investitionen (CAPEX), durch den Bezug der Cloud-Dienste entstehen lediglich laufende Kosten (OPEX).



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