Wie Sie Datenprojekte erfolgreich meistern

Quick Wins …

Schnelle Erfolge resultieren typischerweise aus einer offenen Suche. Für datenwissenschaftliche Expertinnen und Experten sind die Resultate oft frustrierend, weil total einfach zu erzielen. Doch für das Unternehmen führen sie ohne grossen Aufwand zu brauchbaren Ergebnissen. Dennoch sollte man gerade bei den ersten Projekten mit einer Umsetzungsdauer von acht bis zwölf Monaten rechnen, auch wenn die Summe der Einzelschritte kürzer scheint. Denn Big Data und Maschinenlernen sind grundsätzlich anders als konventionelle Datennutzungen, beispielsweise für ein zusätzliches Reporting.

… substanzielle Erfolge und Big Wins

Substanzielle Erfolge gelingen typischerweise auf der Basis einer klaren Ausgangshypothese. Sie beinhalten fast immer ein organisationsinternes Forschungsprojekt, um die Machbarkeit zu klären – und das heisst, dass diese Forschungskompetenz vorhanden sein muss, entweder in der Organisation oder bei den Projektpartnern. Eine grosse Herausforderung stellt meist das Einführungsmanagement dar, wobei es auch digitale Werkzeuge gibt, die bei den zukünftigen Nutzern spontane Begeisterung auslösen – und zwar solche mit grossartiger User Experience.
“Big Wins erfordern digitale Kompetenzen, Fachwissen und visionäres Denken„
Reinhard Riedl
Beides, Quick Wins und substanzielle Erfolge bei Datafication-Projekten, basiert in aller Regel auf Automatisierung, Teilautomatisierung oder Unterstützung von Auf­gaben – häufig beim Treffen von Entscheidungen. Die ganz grossen Erfolge, die Big Wins, sind etwas völlig anderes. Sie basieren primär darauf, dass man neue Tätigkeiten überhaupt erst ermöglicht. Die Technologie tritt dabei als Enabler für neues Tun auf und ermöglicht neue Dienst­leistungen. Das setzt voraus, dass eine abstrakte digitale Transformationskompetenz mit fachdisziplinärem visionärem Denken zusammenkommt.
Übersicht
Kritische Phasen von Datafication-Projekten
In der Phase 0 eines Datafication-Projekts geht es um die Identifizierung möglicher Anwendungsfälle für Big Data oder Maschinenlernen. Es gibt drei Arten dieser Anwendungsfälle: Solche, die Aufgaben automatisieren; solche, welche die Ausführung von Aufgaben unterstützen; und solche, die neue Aufgaben ermöglichen.
Viele Projekte kommen nie zustande, weil die Phase 0 nie erfolgreich abgeschlossen wird respektive gar nie ernsthaft angegangen wird. In der Praxis sind zwei Situationen häufig: Entweder ist der Fall von vornherein definiert und muss nur konkretisiert werden (was in einem halbtägigen Workshop möglich ist) oder es braucht mehrere bis zahlreiche Interaktionen zwischen Fachleuten der angewandten Datenwissenschaft und Praktikern, bis ein vielversprechender Anwendungsfall identifiziert werden kann. In letzterem Fall ergibt es Sinn, von Beginn an zwei Monate für Phase 0 einzuplanen.
In der Phase 1 eines Datafication-Projekts geht es um die Modellierung des Use Cases, des Inputs und Outputs der zu entwickelnden Anwendung und ihrer Einbindung in die konkreten Praktiken und Prozesse der Organisation sowie der Klärung, welche Daten zur Verfügung stehen. Dies kann in einigen wenigen kurzen agilen Zyklen durch­geführt werden. Wie viel Zeit Sie hierfür einplanen müssen, hängt vom Anwendungsfall und vom Commitment der Organisation zur Datafication ab. In aller Regel aber kann ab Phase 1 sehr zielgerichtet und deshalb schneller vorgegangen werden.
In der Phase 2 eines Datafication-Projekts geht es um die Sicher­stellung der Gesetzeskonformität, speziell in Bezug auf den Datenschutz. Die Einhaltung ist dann kritisch, wenn besonders schützenswerte Daten genutzt werden sollen, aber in vielen Projekten auch kein Thema, beispielsweise wenn es um die Automatisierung tech­nischer Steuerungsaufgaben oder Qualitätskontrollen geht. Allerdings können in solchen Projekten vor der Umsetzung andere juristische Ab­klärungen, beispielsweise in Bezug auf die Haftung, trotzdem not­wendig sein.
In der Phase 3 eines Datafication-Projekts geht es um die Klärung der Machbarkeit. Je grösser die angestrebte Wirkung, desto anspruchsvoller ist meist das Projekt und desto aufwendiger ist diese Phase. In trivialen Anwendungsfällen ist die Machbarkeit in wenigen Tagen abgeklärt. Wenn es aber darum geht, die Produktivität substanziell zu steigern, so ist meist ein eigenes Forschungsprojekt von zwei bis vier Jahren nötig – mit ungewissem Ausgang. Die Wahrscheinlichkeit ist aber gross, dass in Phase 0 mehrere vielversprechende simple Anwendungsfälle identifiziert werden können, die Nutzen bringen und deren Machbarkeit sich schnell abklären lässt.
In der Phase 4 eines Datafication-Projekts geht es um die Implementierung der Lösung. Diese ist häufig vergleichsweise wenig aufwendig. Allerdings kann das Design der Nutzerschnittstellen durchaus erfolgskritisch sein, beispielsweise in Bezug auf Fehlervermeidung, rechtliche Anforderungen und Nutzerakzeptanz.
In der Phase 5 eines Datafication-Projekts geht es um die erfolgreiche operative Einführung. Diese verlangt eine intensive und adressatenadäquate Kommunikation. Viele gute digitale Werkzeuge kamen in der Vergangenheit nie zum Einsatz, weil sie schlecht eingeführt wurden. Entscheidend ist, dass schnell viele erklären können, was wozu eingesetzt werden soll.
Zum Autor
Reinhard Riedl
beschäftigt sich mit digitalen Ökosystemen und leitet das transdisziplinäre Forschungszentrum «Digital Society» an der Berner Fachhochschule.



Das könnte Sie auch interessieren