Mensch und Roboter im Zusammenspiel

Der Mensch als unterschätzter Faktor

Dies trifft erst recht auf die industrielle Fertigung zu, bei der sich mit den Augen und Sinnen eines gut geschulten Mitarbeitenden folgenreiche Fehlproduktionen und Ausschuss verhindern lassen. Vor diesem Hintergrund mag es erstaunen, dass sogar der Tesla-CEO Elon Musk die «exzessive Automatisierung» in seinem Unternehmen als Fehler bezeichnete. Ob dieses Faktum auch für die anfänglichen Qualitätsprobleme der Teslas verantwortlich war, sagte Musk hingegen nicht. Wie auch immer: Menschen wurden und werden häufig unterschätzt. Unternehmen, die dies erkennen und ändern, stellen sich zukunftssicher und wachstumsorientiert auf, da sich ihre Dienstleistungen und Produkte spür- und messbar verbessern.
Bei sich ähnelnden Standardabläufen verhalten sich Roboter konsistenter als Menschen und arbeiten deutlich präziser, da sie nicht ermüden. Aber sie sind nicht flexibel und erledigen im Grunde nur Arbeiten, die ihnen zuvor ein Mensch beigebracht hat. Zwar werden die Roboter am Arbeitsplatz dank KI immer klüger und sind enger untereinander sowie mit Daten aus der Cloud vernetzt. Aber ihnen fehlen unsere Anpassungsfähigkeit und unser kritisches Denken. Besonders in anspruchsvollen Arbeitsumgebungen ist darum erst das Zusammenspiel zwischen Menschen und Robotern zielführend.
Via 5G vernetzte Roboter in der Produktion bei Ericsson
Quelle: Ericsson

Die nächsten Schritte

Leider scheint es so, dass Europa im Vergleich zu den USA und China bei KI-Anwendungen ins Hintertreffen geraten ist. Darum fordert der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), der die EU in verschiedenen Politikbereichen berät, eine europaweite Forcierung der Forschung und Entwicklung von Robotik und KI. In einer kürzlich veröffentlichten Studie kam die EWSA zum Schluss, dass die EU die Digitalisierung als Chance für Verbraucher, Fertigungsbetriebe und Mitarbeiter wahrnehmen und fördern sollte. Robotik und KI werden allerdings oft eher als Bedrohung wahrgenommen und mit grossen Vorbehalten belegt. Dabei steht eigentlich ausser Zweifel, dass ein Hersteller oder ein Dienstleister davon profitiert, wenn dessen Mitarbeitende mit Robotern zusammenarbeiten. Es bleibt eher die Frage zu klären, wie man neue Technologien und deren Möglichkeiten optimal nutzen kann, um bestmögliche Ergebnisse aus dieser Interaktion zu erzielen.
Dank der weltweiten Forschung – gerade auch in der Schweiz – nehmen die kognitiven Fähigkeiten der Roboter sowie die Rechen- und Datenspeicherkapazitäten weiter zu. In den ersten Anwendungsfällen von «Industrie 5.0» ist zudem erkennbar, dass die Kombination von Robotern und menschlicher Intelligenz Innovationen und Einfallsreichtum begünstigt sowie verbesserte Produkte und Dienstleistungen hervorbringt. Davon profitieren Konsumenten ebenso wie Unternehmen, wie man am Beispiel des Schweizer Medizinaltechnik-Unternehmens Ypsomed sieht. Dieses nutzt die 5G-Technologie unter anderem für die Digitalisierung des Warenbezugs, die Warenverfolgung durch den Produktionsprozess, die Echtzeit-Auswertung von Maschinendaten oder auch für Qualitätstests einzelner Bauteile.
Der Autor
Rüdiger Sellin
ist Diplom-Ingenieur (FH) und arbeitet seit 1992 als Fachjournalist (SFJ/MAZ) mit den Schwerpunkten ICT und Elektrotechnik.



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