Individualisierung in der Fertigung ist die Zukunft

Digitale Zwillinge

Welche Ziele verfolgen deutsche Unternehmen mit Industrie-4.0-Anwendungen? Vor allem die Prozesse sollen verbessert werden.
Quelle: Bitkom Research, n = 397
Mit der Digitalisierung von Fertigungsprozessen entstehen «digitale Zwillinge», sogenannte Digital Twins, von Bauteilen, Produkten, Fertigungsanlagen und ganzen Wertschöpfungsketten. Bei diesen Modellen handelt es sich um eine virtuelle Repräsentation der physischen Realität in Bezug auf Objekte wie auch auf Prozesse mit dem Ziel, die Optimierung der Betriebsabläufe und der Geschäftsleistung zu erleichtern.
Der digitale Zwilling eines Produkts liefert einen umfassenden Überblick über seinen Werdegang – von der Design- und Entwicklungsphase über die Fertigung bis hin zum Ende der Produktlebensdauer. Dies wiederum ermöglicht es dem Unternehmen, nicht nur die technische Seite seiner Erzeugnisse zu verstehen, sondern auch das gesamte Ökosystem, in dem sie sich beim Kunden bewähren müssen. Anders als ein reines CAD-Modell kann ein digitaler Zwilling die Interak­tionen physischer Objekte in der realen Welt nicht nur modellieren, sondern Sensordaten in der realen Welt in Echtzeit erfassen.
Digitale Zwillinge leisten wertvolle Dienste bei komplexen Anlagen wie Strahltriebwerken und grossen Muldenkippern, indem sie diese im praktischen Einsatz simulieren. So lässt sich etwa der Grad der Abnutzung einschätzen. Digitale Zwillinge erfassen die Abweichungen vom Sollzustand und können so nicht zuletzt auch wichtige Erkenntnisse über das Potenzial zur Effizienzsteigerung liefern – selbst im Produktdesign.
Lösungen zur Entwicklung solcher digitalen Zwillinge bietet unter anderem Siemens an. Mit einer Siemens-Software konnte beispielsweise der Maschinenbauer Optima aus Schwäbisch Hall ein Transportsystem digital abbilden.
Magna Steyr nutzt einen digitalen Zwilling der gesamten Fabrik in Graz als Grundlage für die Prozessoptimierung. Denn die Transparenz von Prozessen ist für den Erfolg absolut entscheidend.

Vertikale Integration

An seinem Standort in Homburg (Saar) hat Bosch Rexroth ein führendes Industrie-4.0-Werk aufgebaut. Es ist sowohl Anwender als auch interner Lieferant im Bereich industrieller und mobiler Steuerungssysteme sowie hydraulischer Bewegungseinrichtungen. Zudem fungiert die digitale Fabrik als weltweite Pilotanlage für Kleinserien innerhalb der Bosch-Gruppe und als Testparcours für Innovationen in der Fertigung.
Bosch Rexroth nutzt papierlose, aktive Cockpits, selbstfahrende Logistikeinheiten, unabhängige Arbeitszellen, automatisierte Mitarbeiter- und Produkterkennung sowie Inline-Qualitätstests. Mit der Einführung neuer Technologien neben reifenden Technologien wie RFID-E-Kanban und Pick-to-Light konnte das Werk in Homburg die Anzahl der Varianten, die die Fertigungslinien passieren, erhöhen. Durch die Verwendung dieser Technologien und die Erhöhung der Flexibilität auf der gesamten Produktionslinie soll die Losgrösse erschwinglich bleiben; so erzielt das Unternehmen Skalen­effekte der Massenproduktion trotz individualisierter Fertigung.
Kunden und Industrie-OEMs passen derzeit die hydraulischen Steuergeräte von Bosch an ihre eigenen Fertigungsanlagen an, um die gemeinsame Versorgungskette zu integrieren. Durch die stärkere Verknüpfung von Bosch Rexroth mit mobilen Steuerungstechnologien im Produktbereich Montagetechnik hat sich das Unternehmen als agiler Modullieferant in das Ökosystem seiner Partner eingebettet. Bosch Rexroth integriert damit vertikal nicht nur seine eigene Versorgungskette, sondern verschafft sich auch die Möglichkeit, Mehrwertdienste wie Ferndiagnose und prädiktive Instandhaltung zu bieten. Darüber hinaus hat das Unternehmen den Grundstein dafür gelegt, in Zukunft innovative Pay-per-Use-Geschäftsmodelle für seine Kunden zu realisieren.



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