25 Jahre MP3: Wie ein Datenformat die Musikindustrie auf den Kopf stellte

Kritik an MP3 hält an

Trotz der ständigen Verbesserungen an dem Codec, also Kompressionsverfahren, reisst die Kritik an MP3 und seinen Nachfolgeformaten nicht ab. Eine MP3-Datei sei nur ein schwaches Abbild dessen, was analoge Musik einst sein konnte; ein bescheidener Ersatz für das Wunder, das sich dereinst beim Plattenhören vollzog, sagte der kanadischer Musiker Neil Young in einem TV-Interview: «Analoge Musik ist wie eine Reflexion; wie ein See, in dem sich bei ruhigem Wetter die Landschaft spiegelt.»
MP3-Miterfinder Brandenburg kann die Kritik am Original-MP3 noch halbwegs nachvollziehen. Die neuen Codes wie AAC seien bei höheren Datenraten aber inzwischen so gut, dass sie vom menschlichen Ohr nicht von analogen Soundübertragungen etwa von Vinyl-Schallplatten zu unterscheiden seien. Das hätten zahlreiche Blind-Tests bewiesen – darunter eine Studie der britischen University of Huddersfield. «Es ist in Wirklichkeit die Erwartung, die gehört wird.»
Mittlerweile lizenziert das Fraunhofer IIS die vierte Generation Audiocodecs «Made in Germany». «Wenn man heute ein Handy kauft, dann hat es neben MP3 vermutlich noch weitere Technologien von uns implementiert», sagt Institutsleiter Grill: Bei fast allen Streaming-Diensten werde die zweite und dritte Generation des AAC-Audiocodecs eingesetzt. «Neu in den Smartphones ist unsere vierte Generation.» Bei diesen Enhanced Voice Services (EVS) für eine bessere Klangqulität im Mobilfunk (4G und 5G) gehe es aber diesmal nicht um Musik, sondern um Sprache, was technisch gesehen die grössere Herausforderung ist als Musik.

Miterfinder in der «Internet Hall of Fame»

MP3-Miterfinder Karlheinz Brandenburg, der es 2014 in die «Internet Hall of Fame» schaffte, begleitet die Suche nach dem perfekten Klang inzwischen nicht mehr im Fraunhofer Institut. Nach fast 20 Jahren dort verabschiedete er sich in diesem Juni in den Ruhestand. Er bleibt aber aktiv: Mit einer eigenen Firma, den «Brandenburg Labs», arbeitet er zusammen mit Fraunhofer an einer neuen Technologie mit dem Namen «Personalized Auditory Reality» oder kurz «PARty», die gezieltes Hinhören, Zuhören oder Weghören ermöglichen soll. Dabei sollen Kopfhörer beim Hören helfen, wie die Brille beim Sehen.
Der «PARty»-Kopfhörer soll intelligent sein, das heisst, er soll den Raum wahrnehmen und die ganzen Schallquellen automatisch analysieren. «Und dann kann ich sagen, ich möchte mich mit einer bestimmten Person unterhalten, was jetzt wegen starker Hintergrundgeräusche kaum möglich ist. Oder ich möchte mit jemandem telefonieren. Es soll aber nicht so sein wie jetzt, dass mir jemand ins Ohr quakt, sondern dass ich wirklich den Eindruck habe, da steht die Person einen Meter neben mir, und ich unterhalte mich ganz normal mit ihr.»



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