Open Source ist Innovationsmotor der Digitalisierung

Cloud, Edge, IoT - Open Source ist überall

Computerworld: Wenn wir die genauen Einsatzbereiche betrachtet, wo wird freie Software heutzutage mehrheitlich eingesetzt? Ist Open Source im IoT oder im Edge genauso stark wie in der Cloud?

Jores: Die Stärke von Open Source zeigt sich übergreifend. Man möchte sich ja heute auch nicht mehr mit Spezial-Infrastruktur für Spezialthemen beschäftigen. Vielmehr legt man heute als Nutzer viel Wert darauf, dass man eine einheitliche Infrastruktur hat. Beispielsweise nutzt die Knorr-Bremse AG für die Überwachung ihrer Fertigungsmaschinen Raspberry-Pi-Rechner, die mit demselben System betrieben werden, das auch im eigenen Rechenzentrum eingesetzt wird. Durch den einheitlichen Ansatz sind sämtliche Fragen im Bereich Compliance, Security, Ausfallsicherheit bereits gelöst. Daher ist es ideal, wenn dieselbe Plattform vom Rechenzentrum bis hin zum Edge eingesetzt wird.

Hinzu kommt, dass speziell im Bereich Edge Computing und IoT viel Innovation im Bereich Open Source stattfindet. Hier werden Fragen angegangen wie etwa: Wie sammle ich die Daten ein oder wie analysiere ich die Daten. Hier gibt es viele Werkzeuge, auch in Richtung AI oder Big Data, das sind alles Open-Source-Lösungen.

Digitalisierung erfordert mehr Open Source


Computerworld: Wenn freie Lösungen so viele Vorteile bieten, wieso müssen dann immer noch Unternehmen von Open Source überzeugt werden? Mit welchen Vorurteilen hat Open Source zu kämpfen?

Jores: Unternehmen sind einfach in unterschiedlichen Zyklen der Digitalisierung. So sind momentan etwa zwei Drittel aller Firmen dabei, die Digitalisierung anzugehen oder haben diese bereits schon durchlaufen. Und es gibt also einen restlichen Teil, der sich noch in der Konzeptphase befindet oder die Transformation vielleicht noch überhaupt nicht angegangen ist.

Computerworld: Also nimmt der Einsatz von Open Source mit zunehmendem Digitalisierungsgrad zu?

Jores: Ja, diesen Zusammenhang sehe ich deutlich. Wenn man sich verschiedene Studien zu diesem Thema betrachtet, da kommen immer ähnliche Zahlen dabei heraus.

Computerworld: Spielen rechtliche Hindernisse im Zusammenhang mit der komplexen Lizenzierung von Open Source ebenfalls eine Rolle?

Jores: Also die Unternehmen, die sich auf Open Source Distributionen einlassen, die wissen, dass das Thema vom Hersteller erledigt wird. Das machen wir, wenn wir unsere Produkte bundlen. Wir schauen uns exakt diese vielen Lizenzen an - und da gibt es unglaublich viele. In unserer Rechtsabteilung wird dann geprüft, dass  sämtliche Vorgaben korrekt erfüllt werden. Der Endbenutzer erhält dadurch die Sicherheit, dass er sich nicht irgendwelche ungewollten Seiteneffekte einfängt.

Computerworld: Das Problem des Copyleft trifft also auf viele nicht zu?


Jores: Das trifft auf viele nicht zu. Und ich sag mal, die Wenigsten programmieren selber in der Open Source - zumindest im Mittelstand. Selbstverständlich gibt es auch grössere Anwendungsunternehmen, die sehr aktiv sind in der Open Source - was wir auch sehr begrüssen, weil wir dann genau die Use Cases der Firmen sehen, die freie Software bereichern und befruchten. Aber diese Unternehmen wissen auch, dass sie sich mit der ordnungsgemässen Lizenzierung auseinandersetzen müssen. Oder sie entwickeln nur inhouse und wenn die Software dann veröffentlicht werden soll, geben sie das an Partner weiter, die den Code in die Community bringen.

Computerworld: Wie der Bitkom in seiner Auswertung festgestellt hat, mangelt es Unternehmen derzeit oft an Experten, die den Einsatz von Open-Source-Lösungen erst ermöglichen. Wie kann man diesem Problem entgegenwirken?

Jores: Es sind sich alle einig darüber, dass man ein sehr flexibles Entwicklungsmodell braucht, weil sich sonst das Thema Digitalisierung gar nicht lohnt. Man geht die Anstrengungen ja deswegen an, um innovativere Geschäftsmodelle zu etablieren, die auch künftig innovativ bleiben sollen. Man führt also DevOps-Modelle ein, und das erfordert aber Leute, die auch DevOps können und das erfordert Leute, die sich mit Container-Technologie auskennen - und hier gibt’s eindeutig Engpässe. Der Arbeitsmarkt zieht zwar auch nach, denn dieser Bedarf ist bekannt. Aber das ist nach wie vor ein Thema.



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