Grosser Wandel bei Business-Software

Software aus der Buchhandlung

Die Verkaufserfolge erzielte SAP damals wie heute hauptsächlich mit den Grosskonzernen. Der KMU-Markt Schweiz musste seine Informatikbedürfnisse mit anderen Lösungen befriedigen. Neu gab es die Option, eine «Public Domain»-Software oder eine «Shareware» in der Buchhandlung zu beziehen. In der Basler Buchhandlung Wepf wurde im Frühjahr 1992 die erste «Public Domain Copy Station» der Schweiz installiert. Das 40'000 Franken teure System wurde vom Mannheimer Unternehmen Topware entwickelt. Aus Mannheim wurde auch jeden Monat – gegen eine monatliche Gebühr von 1200 Mark – eine Magnetbandkassette mit neuen Programmen und neuen Software-Versionen ans Rheinknie geliefert.
Die Kunden konnten zwischen 30'000 Public-Domain- und Shareware-Programmen wählen. Heini Wollmann, Mitglied der Wepf-Geschäftsleitung, rechnete jedoch nicht mit einem grossen Umsatzplus, sondern erhoffte sich durch die Kopierstation «Synergie-Effekte». «Denn wer wegen der Shareware-Programme den Buchladen besucht, schaut sich auch das umfangreiche Angebot an EDV-Literatur an», sagte er der Computerworld.

Hochpreisinsel Schweiz

Die breite Verfügbarkeit von Software in Kombination mit der vereinfachten Bedienbarkeit durch die damals neue Windows-Oberfläche verhalf der Business-Software Anfang der 1990er-Jahre zum Durchbruch. Ausserdem bröckelten die Preise. Bis dahin «liebten» die US-amerikanischen Software-Häuser die Kunden in Europa, so Computerworld, da sie dort ihre PC-Programme je nach Wechselkurs durchschnittlich 60 bis 90 Prozent teurer als auf dem Heimmarkt verkaufen konnten. Begründet wurde dies mit dem vergleichsweise hohen Preis- und Lohnniveau insbesondere in der Schweiz. Mit diesen Faktoren allein liess sich aber beispielsweise die Preissteigerung von 135 Prozent, welche die neue PC-Datenbank FoxPro von Microsoft bei ihrer Reise über den Atlantik erlebte, nicht erklären, argumentierte Computerworld. 99 Dollar betrug der Einführungspreis in den USA, 350 Franken derjenige für die deutschschweizerische Version.
Microsoft ergänzte seine neue Office-Suite mit der Datenbank von Fox Software
Quelle: Computerworld
Der Marktführer bei Produktivitäts-Software, Lotus, schickte sich 1992 an, das Preisgefüge zu verändern. Ende Jahr kündigte das Unternehmen an, die europäischen Listenpreise nicht nur zu vereinheitlichen, sondern auch zu senken. Ziel der Aktion sei es, den Software-Einkauf für internationale Unternehmen zu vereinfachen. So hoffte Lotus, «die Nachfrage steigern zu können, ohne Margeneinbussen hinnehmen zu müssen». Eine Rechnung, die für den 1-2-3-Erfinder nicht aufgehen sollte. Immerhin zog Microsoft nach mit Preissenkungen, sodass der Erfolg von Excel noch grösser wurde.



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