Nerds führen besser

Was wirklich zählt

Derzeit ist die Zahl von Führungskräften mit vertieften IT-Kenntnissen noch immer klein. Viele halten IT für ein Nicht-Thema oder blockieren sogar aktiv IT-basierte Innovationen. Das liegt auch daran, dass das IT-Wissen oft nicht intuitiv erfassbar erscheint und auf komplexen Zusammenhängen beruht. So verstehen etwa viele nicht, dass Software ganz schlecht altert. Auch viele Ingenieure ohne spezielle Informatikausbildung begreifen nicht immer, wie die IT tickt. Sogar viele jener Führungskräfte die früher einmal gut programmieren konnten, tun sich schwer mit der strategischen IT-Führung, da sie IT aus der Perspektive des Programmierers betrachten oder gar aus der Perspektive des Amateurs, der Designprinzipien gern ignoriert und Anti-Patterns – also möglichst ungünstige Lösungsansätze – mit Überzeugung verfolgt und praktiziert.
“Viele halten IT für kein Thema oder blockieren sogar aktiv IT-basierte Innova­tionen„
Reinhard Riedl
Die Mitglieder der Geschäftsleitung müssen nicht programmieren können. Sie benötigen aber einen Teil des Systemverständnisses, das wirklich hervorragende professionelle Programmierer besitzen. Und sie müssen dieses Systemverständnis in den betriebswirtschaftlichen Kontext übersetzen und die Entwicklung der organisatorischen IT-Maturität führen. Das relevante Wissen dafür kommt aus der IT-Praxis, das Know-how dagegen ist ein Führungs­wissen aus der Managementpraxis.
Wichtiger als Detailwissen mit schnellem Verfalls­datum sind jedoch die richtigen Fragen. Denn es geht «nur» darum, strategische Entscheidungen zu treffen und ihre Umsetzung zu steuern. Dafür sollte man die wichtigsten technischen Prinzipien sehr gut kennen und sie mit anthropologischen, systemischen und ökonomischen Per­spektiven verbinden. Die Herausforderung liegt darin, dass man mit abstrakten Modellen und Analogien arbeitet, die auf einen konkreten Praxiskontext angewandt werden müssen. Richtige und falsche Schlüsse sind dabei schwer zu unterscheiden. Noch schwieriger ist es, anderen ihre Denkfehler zu erklären. Trotzdem sollten strategische Entscheidungen von der Geschäftsleitung gemeinsam er­arbeitet werden. Dafür braucht es keine exzellente Spe­zialisierung. Gefragt sind vielmehr gute Fähigkeiten in allen genannten Aspekten, insbesondere die Fähigkeit, das Wissen von Spezialisten aus ganz unterschiedlichen Bereichen aufzunehmen und in Strategieentscheidungen einfliessen zu lassen.



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