10.02.2006, 16:20 Uhr
Unnachgiebige Serverhardware
Mit einer speziellen Architektur kombiniert der Ftserver W-4300 zwei Server zu einem hochverfügbaren System, das diese Bezeichnung auch verdient.
Paul Venezia ist Redaktor bei unserer Schwesterzeitschrift Infoworld.
Doppelt genäht hält besser. Dieses Sprichwort trifft recht genau den Kern der Sache, wenn es um hochverfügbare Server geht. Die meisten Hersteller realisieren solche Anforderungen, indem sie zwei oder mehr Systeme als Cluster in der einen oder anderen Form anbieten. Von aussen gesehen erscheinen solche hochverfügbaren Server rein optisch aber nicht als einheitliche Umgebung, sondern als einzelne Systeme in separaten Gehäusen.
Einen anderen Weg verfolgt die in der Nähe von Boston angesiedelte Firma Stratus mit dem Ftserver W-4300. Er verbindet zwei eigenständige Systeme unter einem gemeinsamen Dach und mit gemeinsamen Anschlüssen an der Rückseite. Jeder Rechner stellt im laufenden Betrieb ein exaktes Abbild des anderen dar. Mit Hilfe spezieller Hardwaretreiber führt der Ftserver alle Aufgaben parallel durch. Das gilt für Prozessoranweisungen genauso wie für den Datentransfer. Die Stratus-Software übernimmt dabei die Rolle eines Verkehrspolizisten, der dafür sorgt, dass der Verkehr immer fliesst, selbst wenn ein Hindernis auftaucht. Falls beim Ftserver ein Prozessor oder ein Speicherbaustein ausfallen sollte, bekommt das Betriebssystem diesen Vorfall gar nicht mit und arbeitet weiter, wie wenn nichts geschehen wäre.
Vom Konzept her ist das Stratus-System kein eigentlicher Cluster, sondern ein vollständig redundant geführter einzelner Server. Die Herstellerin hat eine Abstraktionsschicht eingeführt, welche die eigentliche Hardware vom Betriebssystem trennt. Diesem wird ein einziger Server vorgegaukelt, die doppelt vorhandenen Komponenten werden quasi versteckt. Mit dieser Architektur steht der Ftserver in der Hochverfügbarkeits-Landschaft ziemlich einzigartig da.
Unauffälliger Betrieb
Die Installation des Betriebssystems auf der fehlertoleranten Umgebung entspricht nicht genau dem sonst üblichen Vorgehen. Zusätzlich zur Standardsoftware werden eine ganze Reihe von Stratus-eigenen Treibern benötigt. Solche sind auch für Erweiterungskarten wie etwa einem Fibre-Channel-Adapter Voraussetzung. Aus diesem Grund kann nur zusätzliche Hardware verwendet werden, für die Stratus auch Treiber anbietet.
Nach der Installation von Hardware und Betriebssystem dauerte es einige Minuten, dann erschien das gewohnte Anmeldefenster von Windows 2003 Server auf dem Schirm. Auch Benchmark-Tests auf dem normal funktionierenden System zeigten keinerlei Anomalien. Die Leistung bewegte sich im Bereich eines Zwei-Wege-Servers mit Xeon-Prozessoren. Nur der Datendurchsatz beim Festplattenzugriff lag leicht unter dem Durchschnitt. Dies liegt wohl an der Mirroring-Konfiguration über beide Recheneinheiten hinweg. Herstellerin Stratus wählte diesen Weg, um die Synchronisation der Festplatten bis auf die Block-Ebene herunter sicherzustellen. Bei den Prozessor- und Speichertests zeigte die Stratus-Architektur keinen negativen Einfluss auf die Leistung des Servers. Insgesamt benahm sich dieser im Betrieb wie ein ganz normales System, ohne dass die redundante Hardware in Erscheinung trat.
Zum Lieferumfang des Ftservers gehören Verwaltungswerkzeuge, die sich in Microsofts Management-Konsole (MMC) einklinken. Sie verschaffen dem Administrator einen Überblick über den Gesundheitszustand des Systems. Vom Status der Speichermodule bis zur Prozessortemperatur werden alle relevanten Informationen aufgeführt. Wenn eine Komponente oder eine ganze Einheit ausfällt, erscheinen in der MMC im hierarchisch dargestellten Hardwareaufbau an den entsprechenden Stellen Warnsymbole. Dies erleichtert die Lokalisierung des Problems.
Ohne Unterbruch
Die zweite Testserie hatte zum Ziel, den Ftserver zu einem Ausfall zu zwingen. Hierzu wurden mit Hilfe des Nbench-Messwerkzeugs, das die Leistung beim Datenzugriff über das SMB-Protokoll (Server Message Block) untersucht, Zugriffe simuliert. Zuerst wurde unter hoher Netz- und Festplattenlast ein Stromkabel ausgesteckt. Das System zeigte sich unbeeindruckt. Es gab weder verlorene Pakete noch Aussetzer bei den Festplattenoperationen. Nun wurde, immer noch unter der gleichen Last, die eine Einheit wieder mit Strom versorgt und dafür die andere abgetrennt. Auch diese Operation verdaute das System, ohne mit der Wimper zu zucken.
Bei beiden Vorgängen sank der von Nbench ermittelte Datendurchsatz nur unmerklich unter die durchschnittliche Transferrate von 39 MBit pro Sekunde. Das ist zwar keine Spitzenleistung für eine solche Hardwareausstattung. Doch unter Berücksichtigung der Hochverfügbarkeits-Massnahmen und der massiven Eingriffe sind diese Werte noch akzeptabel. Bei der Messung der reinen Festplatten-Transferrate erreichte der Ftserver beim sequentiellen und zufälligen Lesen anhaltend 70 MBit pro Sekunde. Bei Schreiboperationen sank dieser Wert aber auf 18 MBit pro Sekunde für sequentielle und sogar auf 15 MBit pro Sekunde für zufällige Zugriffe.
Nach den manuell ausgelösten Stromunterbrüchen wurde auf dem Server ein Tool von Stratus installiert, das den Ausfall von Hardwarekomponenten simuliert. Immer noch unter Last wurde untersucht, wie sich Fehler bei Prozessoren oder Schnittstellen-Karten auswirken würden. Gleichzeitig bestand eine Verbindung zum Server über RDP (Remote Desktop Protocol). Auch von diesen Eingriffen zeigte sich der Ftserver gänzlich unbeeindruckt.
Als letztes wurde im laufenden Betrieb eine ganze Einheit ausgebaut. Dieses Vorgehen ist gemäss Herstellerin nicht empfohlen. Verriegelte Netzteile sollen deshalb den unsachgemässen Ausbau verhindern. Dieses Mal flackerte das Bild des übers Netzwerk angezeigten Windows-Desktop kurz auf dem Bildschirm. Aber sonst traten keine weiteren Störungen auf, auch nicht, als die Einheit im laufenden Betrieb wieder angeschlossen wurde.
Am nächsten Tag meldete sich die Supportabteilung von Stratus. Im Rahmen des Servicevertrags hatte das Unternehmen Meldungen über Hardwareausfälle auf dem getesteten Server erhalten. Die eher lange Reaktionszeit erklärt sich mit dem besonderen Status des Servers, der als Testgerät markiert war. Bei einem Produktivsystem wäre die Rückmeldung früher erfolgt, genauso der Versuch, den Fehler zu lokalisieren oder zumindest den Austausch eines Ersatzsystems in die Wege zu leiten.
Gelungener eigener Weg
Was die Hardwarearchitektur angeht, ist der Ftserver W-4300 eine Klasse für sich. Aufgrund der hohen Verfügbarkeit bietet er sich als System für unternehmenskritische Anwendungen an, etwa als Datenbankserver. Hierzu mangelt es dem System aber an Datendurchsatz und Speicherkapazität. Die Anbindung an ein SAN (Storage Area Network) würde diese Einschränkung jedoch aufheben. Ein weiterer Nachteil liegt in der fehlenden Unterstützung für Dual-Core-Prozessoren. Hier verspricht die Herstellerin allerdings baldige Abhilfe.
Der Ftserver W-4300 ist nicht ein Cluster im eigentlichen Sinn, sondern eher ein System mit aktiven wie passiven ausfallsicheren Komponenten. Der Vorteil dieser Architektur liegt darin, dass sie nur eine Betriebssystem-Lizenz für einen Server mit zwei Prozessoren verlangt. Trotzdem aber erhält man die Redundanz von zwei Servern und vier CPU, wenn auch nicht deren Leistung. Der Ftserver ist eine gute Wahl, wenn möglichst hohe Verfügbarkeit wichtiger ist als maximale Leistung.
Paul Venezia