13.12.2011, 09:02 Uhr
EU verteilt Anti-Zensur-Software
Die europäische Kommission will weltweit Menschenrechtsaktivisten unterstützen. Dabei soll eine Software verteilt werden, mit der Zensurbemühungen von autoritären Regimes unterlaufen werden können.

EU-Kommissarin Nellie Kroes will weltweit Menschenrechtsaktivisten mit Software unterstützen
Dies hat EU-Kommissarin Neelie Kroes am 12. Dezember angekündigt. Die Software soll Teil einer «No Disconnect» getauften Strategie sein, mit der Internet-Anwender, Blogger und Cyberaktivisten in Ländern unterstützt werden, in denen die Menschenrechte nicht den gleich hohen Stellenwert haben wie in Europa. Wie Kroes erklärte, sei der arabische Frühling ein Weckruf für Regierungen rund um den Globus. Diese müssten anerkennen, dass das Internet im Allgemeinen und Soziale Netze im Speziellen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Freiheit und beim Aufbau einer Demokratie spiele. Die nicht näher spezifizierten Internet-Überlebenspakete sollen sowohl bereits erhältliche Programme und Techniken enthalten als auch noch zu entwickelnde Tools. Mit diesen sollen Internetaktivisten einerseits ihre Botschaft vermitteln können ohne dabei das Opfer von staatlicher Repression und Zensur zu werden. Kritiker äussern aber auch Bedenken bezüglich der EU-Pläne. So sei es schwierig, sicherzustellen, dass die Techniken auch wirklich in die Hände derer gelangen, die sie wirklich brauchen. Die Kommission wollte hierzu keine Stellung nehmen, angeblich aus Furcht, dass damit die Verteilung des Know-hows gefährdet werde. Gleichzeitig verwarf Kroes Ängste, die Tools könnten in falschen Hände geraten. Cyberkriminelle würden die Mehrheit der geplanten Techniken bereits verwenden, ist die Kommissarin überzeugt. Man werde aber alles daran setzen, dass das Know-how bei den «Guten» lande. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Problematische Besetzung der Projektleitung durch Guttenberg Auch in welche Länder die EU konkret die Techniken liefern werde, wurde nicht spezifiziert. Dies werde Fall für Fall entschieden, hiess es. Es braucht allerdings auch keine allzugrossen hellseherischen Fähigkeiten, um sich vorzustellen, dass Aktivisten in Ländern wie Syrien und Iran von der Hackerkompetenz der EU profitieren werden. Heikler wäre schon die Unterstützung von Menschenrechtlern in China und Russland, also in Ländern, denen man aus wirtschaftlichen Gründen von EU-Seite nicht allzu sehr ins Menschenrechtsgewissen reden will.
Guttenberg als Leiter
Die hehren Ziele des Projekts wurden derweil überschattet von der Ankündigung Kroes', wer den ganzen Effort verantworten soll. Ernannt wurde nämlich der wegen einer Plagiatsaffäre in Ungnade gefallene ehemalige deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Die Besetzung stiess denn auch auf heftige Kritik. Letzteres vor allem, weil er sich als Politiker für Internetsperren und Vorratsdatenspeicherung eingesetzt hatte. Viele fragten sich, ob Guttenberg, der grosse Teile seiner Dissertation zusammenkopiert hat, dem Vorhaben der EU eher schade als nütze. Schon während der Pressekonferenz wurde der ehemalige Doktor der Rechte gefragt, ob er sich in der künftigen Position für ein «Copy and Paste»-Recht im Internet einsetzen werde.