«In der Schweiz war SAP relativ konkurrenzlos»

Verhältnis zu den SAP-Gründern

CW: Wie war Ihr Verhältnis zu Herrn Schlegel und den SAP-Mitgründern?
Kaufmann: Mein Verhältnis zu Hans Schlegel war immer gut. Ich habe ihm viel zu verdanken, denn er hat mich sehr gefördert. Unter anderem war er es, der mich in die USA geschickt hat, um dort das SAP-Geschäft mit aufzubauen.
Schlegel war und ist ein Mann mit unbegrenztem Optimismus. In unserem ersten Meeting bei der SAP International bilanzierte er – die genauen Zahlen habe ich nicht mehr im Kopf –, dass wenn wir zum Beispiel im abgelaufenen Jahr 3 Millionen Franken Umsatz erwirtschaftet hatten, es im Folgejahr nach seinem Willen 6 Millionen sein sollten. Und alle haben gelacht. Es wurden 8 Millionen. Im Jahr darauf war sein Ziel, die 20-Millionen-Marke zu knacken. Wieder haben alle gelacht. Und wir haben 25 Millionen gemacht. Dieses positive Denken hat Schlegel immer auf alle seine Mitarbeiter übertragen. Weiter hatte er immer ein offenes Ohr für seine Angestellten. Mit den SAP-Gründern hatte ich eher weniger Kontakt. Einzig die Wege von Hans-Werner Hector und mir haben sich dann und wann gekreuzt, weil er während meiner Jahre in den USA das zuständige Geschäftsleitungsmitglied für die interna­tionale Expansion war. Ich bekleidete damals ebenfalls einen Geschäftsleitungsposten und tauschte mich deshalb regelmässig mit ihm aus.
CW: Haben Sie noch heute Bezug zu SAP Schweiz?
Kaufmann: Weniger als ich gehofft und geplant hatte, denn ich habe gerne für SAP gearbeitet, bin der Firma sehr verbunden und habe noch gute Kollegen hier in Biel. Meinen ursprünglichen Plan, nach der Pensionierung ab und zu mit den Kollegen essen zu gehen, hat die Pandemie durchkreuzt. Nachdem sich die Lage nun ja etwas beruhigt hat, werde ich die Gelegenheit nutzen, um mit den Kollegen auch über dieses Interview zu plaudern.
CW: Sie sind mittlerweile in Pension. Sind Sie weiterhin geschäftlich tätig?
Kaufmann: Ich würde es nicht «geschäftlich» nennen, aber ich bin weiterhin tätig. Als Diabetiker habe ich mich in der Gesundheitspolitik engagiert und leite eine Patientenorganisation. Unter anderem habe ich in Biel ein Diabeteszentrum mitinitiiert. Mittlerweile bin ich an zwei Tagen pro Woche für «diabetes biel-bienne» aktiv und lerne immer noch viel dazu. Denn das Gesundheitswesen funktioniert komplett anders als die Software-Welt. [lacht]
Zur Person
Reto Kaufmann
stiess 1985 zu SAP International in Biel als Kundenberater. Er half in den Folgejahren bei der internationalen Expansion des Konzerns – unter anderem in Belgien, Frankreich und den USA. 1993 kehrte er nach Biel zurück und beriet von nun an Schweizer Kunden. 1998 wechselte er in das Partner-Management. 13 Jahre später wurde Kaufmann zum Quality Director von SAP Schweiz ernannt. Seit 2021 ist er in Pension. Heute amtet er als Präsident der Patientenorganisation ­«diabetes biel-bienne». www.diabetesbiel-bienne.ch



Das könnte Sie auch interessieren