Partnerzone SAP 06.09.2022, 12:58 Uhr

Planung in stürmischen Zeiten

Viele Planungsverantwortliche dürften in letzter Zeit nicht viel Freude an ihrer Arbeit gehabt haben. Stellen Sie sich kurz folgende Situation im Controlling am Anfang der Pandemie vor: nach vielen Wochen der harten Arbeit und Diskussionen war es vollbracht.
(Quelle: SAP)
Das Budget für das Folgejahr stand. Dann kam die Pandemie und nichts passte mehr: Der Umsatz in vielen Unternehmen brach ein. Kosten mussten schnell angepasst werden. Investitionen möglichst verschoben werden. Kurzum, die Planung wurde über den Haufen geworfen. Hier den Überblick zu behalten, war eine echte Herausforderung. Aber statt diesen Anpassungsprozess zu unterstützen, wurden viele Planungssysteme zum einengenden Korsett. Sie behinderten, anstatt diese Adaption unterstützen.
Prof. Dr. Karsten Oehler, Chief Solution Advisor SAP AG
Quelle: SAP AG
Was ist, wenn die Krise zum Normal- oder Dauerzustand wird? Einiges spricht dafür. Die Auswirkungen von Energie- und Klimakrise sind erst zum Teil sichtbar. Und Warnsignale für neue Krisen, zum Beispiel Taiwan, gibt es viele. Die Planung muss sich auf diesen Krisenmodus einstellen. Wenn sich die Rahmenparameter so schnell ändern, was nutzt dann noch eine Planung? Diese Diskussion ist nicht neu. Beyond Budgeting hiess ein recht radikaler Ansatz um die Jahrtausendwende. Es ging um die Stärkung der Reaktionsfähigkeit, unter anderem durch (interne) Marktmechanismen anstatt einer überbordenden Planungsgläubigkeit. Übernommen wurde diese Idee aus der Produktion (Lean Management).
Aber ganz auf verbindliche Vorgaben verzichten und sich auf dezentrale Abstimmung und auf äussere Einflüsse zu reagieren, fand nach anfänglicher Begeisterung doch nicht so viele Anhänger. Schliesslich gab und gibt es auch genug Positives über eine verbindliche Planung zu erzählen. Der Kapitalmarkt verlangt auch in der Krise nach Planbarkeit und Unternehmen, denen das besser gelingt, erhalten ein Premium bei Kapitalkosten. Überhaupt, ohne ein gewisses Mass an vorausschauender Koordination und Verbindlichkeit dürfte eine Unternehmenssteuerung nicht funktionieren.
Also Planung, ja! Kernfrage ist aber: Muss die Planung so aufwendig gestaltet werden? Komplexität hat schliesslich ihren Preis. Sie resultiert in mangelnder Anpassungsfähigkeit. Jeder, der mal ein komplexes Rechenmodell mit Excel aufgebaut hat, kann das bestätigen. «Never touch a running system», also das genaue Gegenteil von Agilität.
Das Planungskonzept sollte daher überdacht werden: Schlanker aber auch reagibler, ohne auf die wesentlichen Vorteile eines etablierten Prozesses zu verzichten.
Aber wo muss konkret angesetzt werden?
  • Das Arbeiten mit verschiedenen Planungsebenen (mittelfristig, Budgetierung, unterjährige Anpassungen) hat sich bewährt. Nur müssen diese Ebenen einfach abstimmbar sein. Strukturelle Anpassungen in der Mittelfristplanung sollten beispielsweise mit begrenztem Aufwand in der operativen Planung reflektiert werden.
  • Entspricht das Planungsdetail wirklich den Steuerungserfordernissen? Beispielsweise wird in vielen Unternehmen immer noch auf Kostenartenebene geplant, was sehr viel (manuellen) Aufwand erfordert. Erfahrungen zeigen, dass ca. 10 Kostenartengruppen ausreichen, um die wesentlichen Kosten einzufangen. Aber noch einfacher: Muss der Detaillierungsgrad wirklich vorgegeben werden? Je nach Aufgabe sollte dies variieren. Vielleicht stellt man das dem Planungsverantwortlichen sogar frei. Moderne Techniken ermöglichen dies.
  • Simulationen und die Bewertung von Massnahmen gewinnen in stürmischer Zeit an Bedeutung. So sollten anlassbezogene Umwertungen und Anpassungen fallbezogen vorgenommen werden können. Zu starke Vereinfachung wie typische GuV-Simulationen sind gefährlich, da in der Regel wichtige Abhängigkeiten unberücksichtigt bleiben. Natürlich kann man eine Preiserhöhung planen und den Umsatz aus Menge Marktpreis abzüglich Kosten ermitteln lassen. Aber was ist mit der Preissensitivität der Kunden, d. h. der Preis-Absatz-Wirkung und infolge eines solchen Absatzrückgangs eine mögliche Kostenveränderung? Wenn nicht-finanzielle Treiber einbezogen werden können, ergibt sich die Chance einer realistischeren Simulation.
  • Aber auch hier gilt: Die Vereinfachung ist entscheidend. Sind wesentlichen Abhängigkeiten erkannt, priorisiert und eingearbeitet? Die Betonung liegt auf «wesentlich». Häufig sind es nur wenige Grössen, die einen Grossteil der Finanzplanungspositionen «treiben». Die Anzahl der Mitarbeiter kann beispielsweise ein Treiber für viele Kostenarten sein. Aus externer Sicht dürfte das Marktwachstum ein weiterer wichtiger Einflussfaktor sein.
  • Starre Budgets erweisen sich als immer weniger praktikabel. Warum nicht mit sogenannten flexiblen Budgets arbeiten? Wenn sich wesentliche Einflussgrössen ändern, werden die abhängigen Budgetwerte automatisch angepasst.
  • Wer plant im Unternehmen und wie ist die Planungsabstimmung? Der Planungsprozess, d. h. das Zusammenarbeiten der Planungsverantwortlichen erscheint häufig nicht der hohen Volatilität und der dezentralen Verantwortlichkeit angepasst. Es finden sich viele Iterationen («Gegenstrom») und Brüche im Planungsprozess. Wenn verteiltes Wissen genutzt werden soll wie beispielsweise im Forecast, ist ein Bottom Up-Prozess geeignet. Zielvorgaben können hingegen Top Down ohne aufwändige Rückkopplung erfolgen.
  • Wann ist Zukunft zu gestalten (zu planen) und wann ist ein Forecast bzw. Automatisierung geeignet mittels statistischer Verfahren oder Machine Learning? Positionen ohne grössere Varianz bzw. Beeinflussbarkeit können da direkt fortgeschrieben werden. Für automatische Analysen werden jedoch ausreichend Daten benötigt.
Wenn es um die klassische operative Planung geht, setzen sich professionelle Planungslösungen neben Tabellenkalkulation mehr und mehr durch. Was allerdings Simulationen und mittelfristige Planung angeht, ist die Tabellenkalkulation allerdings immer noch stark im Einsatz – mit allen Nachteilen. Strukturelle Anpassungen, zum Beispiel Reorganisation sind hier häufig nur aufwendig einzupflegen. Dabei hatte man ja ursprünglich die Tabellenkalkulationen gerade wegen der hohen Flexibilität ausgewählt, die man bei der mehrjährigen Planung normalerweise braucht. Mit zunehmenden Verknüpfungen steigt die Komplexität jedoch exponentiell an. Und damit reduziert sich die Anpassbarkeit.
Integrierte Planungslösungen wie die SAP Analytics Cloud bieten eine enge Anbindung an die Abrechnungssysteme. gleichzeitig ermöglichen Szenarien die freie Gestaltung zukünftiger strategischer Massnahmen.
Welche Teile sollte eine moderne Planungslösung enthalten?
  • Treiberorientierung als zentrale Modellierungsgrundlage sollte direkt unterstützt werden. Dies umfasst die  «NoCode»- oder zumindest «LowCode»-Definition von Abhängigkeiten und die Benutzer Interaktion. Eine Visualisierung, häufig in Form einer Hierarchie («Treiberbäume») unterstützt das Denken und Planen in Wirkungszusammenhängen. Wenn in dieser Struktur auch direkt simuliert werden kann, unterstützt dies das Verständnis der Abhängigkeiten bei den Planenden.
  • Neue Szenarien sollten nicht nur vom Administrator, sondern auch von Planern leicht erzeugt werden können. Wichtig sind dabei individuelle Versionen der Planer, die dennoch geteilt und in öffentliche Versionen überführt werden können.
  • Im Rahmen von Simulationen sind Änderungen auf aggregierter Ebene wichtig. Die Erfassung und Manipulation von Planwerten sollte entsprechend auf jeder hierarchischen Ebene möglich sein (zum Beispiel Produktgruppen oder Kundengruppen, oder Monate und Jahre). Dabei sollten die Daten nicht zwangsweise automatisch auf das maximale Detail heruntergebrochen werden. Schliesslich wird beispielsweise ein Zielwert nur für eine aggregierte Ebene vorgegeben, die darunter liegende Aufteilung ist Sache der dezentralen Einheiten. Idealerweise sollte dieses variabel gesteuert werden können. Dieses Disaggregieren von Planwerten (Top Down) sollte nach unterschiedlichen Schlüsseln erfolgen, die in Echtzeit vom Planer abgeleitet oder eingegeben werden können.
  • Eine automatisierte Vorhersage von Planungsgrössen hilft, die Aktualisierungsfrequenz zu erhöhen, aber auch die Qualität insgesamt zu verbessern. Nicht nur um Erfassungszeit zu sparen, sondern auch um Wirkungszusammenhänge für Simulation und Plananpassungen erkennen und nutzen zu können. Beispielsweise sind Preis-/Rabatteinflüsse auf Absatz oder Treiber von Reisekosten wichtige Faktoren, die die Prognosequalität verbessern können. Werden beispielsweise zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden, können die Effekte zum Beispiel auf Reisekosten anhand von Attributen (Tätigkeiten Profil, Einarbeitungszeit usw.) automatisch abgeleitet werden. Aber auch Massnahmen können realitätsnah umgesetzt werden. Allerdings ist eine Anbindung solcher Werkzeuge an die Planung sinnvoll, was ohne aufwändige Konfigurationen möglich sein sollte (Self Service in der Planung). Die Prognosen werden zum einen häufig angepasst und damit auch die notwendigen abgeleiteten Massnahmen. Zum anderen können die gewonnenen Erkenntnisse für Simulationen genutzt werden
  • Die Anbindung an die Abrechnungssysteme sollte umfassend und aktuell sein. Dies betrifft die Übernahme von Planungsstrukturen wie Produkte, Regionen usw. aber auch betriebswirtschaftliche Inhalte wie eine integrierte Erfolgsplanung basierend auf den operativen Strukturen.
  • Realistische Szenarien überschreiten in der Regel die Grenzen autonomer Teilplanungsbereiche. Ein Absatzrückgang muss Konsequenzen in Bereich Personal, Lagerbeschaffung usw. aufzeigen. Dies erfolgt nicht immer automatisch, sondern erfordert Anpassungsentscheidungen. Ein teurer Kapazitätsüberhang aufgrund eines Absatzeinbruchs kann über Entlassung, Kurzarbeit, Werksferien usw. abgefedert werden. Das erfordert die Integration von Teilplanungen.
  • Auch bei hoher dezentraler Autonomie wird eine zentrale Koordination benötigt. Zur Unterstützung sollte eine Workflow-Unterstützung vorhanden sein. Ein Workflow koordiniert die Arbeit der Planer, berücksichtigt (zeitliche Abhängigkeit) und stellt sicher, dass die Termine eingehalten werden.
Das sind bei weitem nicht alle Funktionen, die eine moderne Planungsarchitektur bereitstellen sollte, um mit Unvorhergesehenem umgehen zu können. Eine solche Software-Umgebung kann die Disruption nicht aufhalten, aber die Handhabung eben dieser vereinfachen!
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Quelle: SAP AG



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