Partnerzone SAP 01.07.2022, 07:38 Uhr

Low-Code / No-Code: Programmieren ohne Codierkenntnisse

Vereinfachte Programmierung von Anwendungen und Prozessen sorgt dafür, dass nicht nur Spezialisten, sondern auch versierte Power User in der Softwareentwicklung tätig sein können.
Sebastian Schrötel, VP LCNC Products bei SAP
(Quelle: SAP)
Mit den Softwareentwicklungsansätzen Low-Code und No-Code (LCNC) benötigen Mitarbeitende nur wenig bzw. keine Programmierkenntnisse, um neue Anwendungen zu bauen und existierende zu erweitern.
Eine Low-Code- bzw. No-Code-Entwicklungsplattform bietet den Benutzern visuelle Oberflächen mit Drag-and-Drop-Möglichkeiten an, mit denen sie auf einfache Weise Anwendungen «entwickeln» oder verändern. So lassen sich beispielsweise mobile Apps erstellen oder die Funktionalität einer Software-Lösung nach den Bedürfnissen des Unternehmens erweitern.
Insbesondere in Zeiten von Fachkräftemangel und vermehrtem Entwicklungsbedarf kann die Vereinfachung der Programmierung mittels LCNC für Unternehmen ein ausgesprochen nützliches Konzept sein.
Sebastian Schrötel, VP LCNC Products bei SAP, gibt Auskunft zu den Low-Code- und No-Code-Bestrebungen von SAP.

Fragen zu Grundlagen LCNC:

Warum ist Low-Code und No-Code aktuell «Top of mind»? Welche Industrietrends begünstigen die Popularität von Low-Code und No-Code?
Die IT-Abteilungen unserer Kunden stehen unter massivem Druck, immer mehr Lösungen in kürzerer Zeit zu liefern. Wir hatten schon vor der Pandemie Kunden, die in der IT Rückstaus von bis zu zwei Jahren hatten und nicht die Lösungen liefern konnten, die die Fachabteilungen benötigen. Die Pandemie hat diese Entwicklung zusätzlich verstärkt. Hinzu kommt, dass es auf dem Arbeitsmarkt nicht genügend Entwickler gibt, um diese Nachfrage zu bedienen. Ein einfaches Beispiel aus den ersten Monaten der Pandemie ist die Auslieferung von Equipment wie Laptops und Handys für neue Mitarbeiter. Wie läuft das ab, wenn plötzlich keiner mehr ins Büro gehen kann? Ein neuer Prozess musste erstellt werden – integriert mit den Personalsystemen und IT-Inventar der Unternehmen, damit bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern automatisch Workflows losgestossen werden, die Auswahl und Lieferung von Laptops so weit wie möglich automatisieren. Wenn in so einem Fall auch Mitarbeiter ohne Programmierkenntnisse bei der Erstellung eines neuen Prozesses unterstützen können, beschleunigt das die Digitalisierung ungemein.
Wo liegt die Abgrenzung zwischen Low-Code, No-Code und Pro-Code? Gibt es grundlegende Unterschiede oder sind die Grenzen eher fliessend? Und welche Lösungen bietet die SAP an?
No-Code-Plattformen übersetzen Entwicklungslogik ins Visuelle. Sie ermöglichen es Laien, sogenannten Citizen Developer aber auch professionellen Programmierern über ein grafisches Nutzerinterface und Konfiguration per Drag-and-Drop Applikationen oder Automatisierungen zu entwickeln. Programmierkenntnisse sind dafür nicht notwendig, Apps und Prozesse können nach einem Bauskastenprinzip entwickelt werden. SAP AppGyver (App-Entwicklung) und SAP Process Automation (Prozessautomatisierung) fallen in diese Kategorie. Neben diesen No-Code-Tools bieten wir als SAP dafür auch vorgefertigte Inhalte, die out-of-the-box eingesetzt werden können. Dazu gehören unter anderem RPA-bots und vorkonfigurierte Prozessinhalte. Das heisst ein Citizen Developer, muss nicht bei Null anfangen, sondern kann beispielsweise einen Modellprozess für den Einkauf, oder eine Automatisierung im Finanzbereich sofort nutzen und für seine Zwecke anpassen und erweitern.
Low-Code-Tools funktionieren ähnlich, geben Entwicklern jedoch mehr Freiheiten. In speziellen Situationen werden kurze Code-Eingaben erforderlich, eigener Code kann hinzugefügt werden. Bei der SAP bieten wir hierfür das SAP Business Application Studio. Sowohl No-Code- als auch Low-Code-Tools befähigen nicht nur Citizen Developer, sondern beschleunigen und vereinfachen auch die Arbeit professioneller Entwickler.
Die Grenzen zwischen No-Code, Low-Code und Pro-Code können fliessend verlaufen. Gerade professionelle Entwickler wechseln gerne zur Prüfung ihrer Entwicklungsarbeit von einer LCNC-Umgebung in eine klassische Konsole. SAP Business Application Studio erlaubt dies. Die verschiedenen Herangehensweisen ermöglicht nicht-technischen Mitarbeitern aus Fachabteilungen und Entwicklern eine enge Zusammenarbeit, um gemeinsam schnell und effizient die beste Lösung zu entwickeln.
Was sind die wichtigsten Benefits von LCNC? Wer profitiert davon? Für wen ist es geeignet?
LCNC bietet die Chance, mehr Mitarbeiter in die Softwareentwicklung einzubeziehen und dadurch in kürzerer Zeit mehr Lösungen zu liefern. Dadurch sinken die Entwicklungskosten. Was aber mindestens genauso wichtig ist, dass wir damit auch auf die Expertise der Mitarbeiter zurückgreifen können, die die Anforderungen und Problemstellungen am besten kennen. Bis dato mussten Entwickler neben ihrer Programmierleistung immer auch eine Übersetzungsleistung vollbringen, wenn sie neue Apps und Prozesse auf Wunsch der Fachabteilungen gebaut haben. Mit LCNC-Tools können auch Prozessexperten aus dem Finanz-, Personalwesen oder Vertrieb als Citizen Developer Softwarelösungen konfigurieren. Davon profitiert dann die IT, denn sie kann sich auf komplexe Projekte konzentrieren und rückt für die Citizen Developer in den Fachabteilungen in einer Beraterrolle. Was bei LCNC-Lösungen der SAP hinzukommt, ist die vereinfachte Integration in die bestehenden SAP-Systeme eines Unternehmens. Dadurch wird der Nutzen der bestehenden IT-Landschaft maximiert.
Wie können Entwickler LCNC Lösungen «erlernen»?
Das Besondere an LCNC ist, dass wirklich jeder damit starten kann, ohne Vorkenntnisse in der Entwicklung haben zu müssen. Es braucht also allein Interesse daran Geschäftsprobleme mit Software lösen zu wollen.
SAP-seitig bieten wir sowohl im Produkt als auch auf der Community zahlreiche Hilfestellungen, um es den Mitarbeitern aus den Fachbereichen so leicht wie möglich zu machen. Ein Beispiel sind unsere Low-Code/No-Code Online-Kurse.
Ausserdem lassen auch die meisten IT-Abteilungen ihre Citizen Developer nicht allein, sondern haben meistens ein internes Programm dafür. Dazu gehören dann Trainings, aber auch eine interne Community, um sich zu Tipps und Tricks auszutauschen.  

Fragen zum Einsatz von LCNC:

Was sind typische Anwendungsgebiete von LCNC Lösungen?
LCNC-Entwicklung bietet sich für alle Bereiche an, für die auch traditionelles Coding in Frage kommt. Mit einer leistungsstarken Plattform können genauso hochwertige und komplexe Apps und Prozesse gebaut werden wie mit klassischem Coding. Allgemein schaut man sich die Bereiche im Unternehmen an, in denen noch viele Prozesse manuell und losgelöst von den existierenden IT-Systemen stattfinden. Durch LCNC-Entwicklung können bestehende Systeme schnell und effizient um die notwendigen Apps und Automatisierungen erweitert werden.
Ein gutes Beispiel ist der Bereich des Personalwesens, bspw. der Antrag auf Elternzeit. Der sieht in jedem Land anders aus und ist daher nicht standardmässig abgedeckt. Bisher müssen Mitarbeiter die Anträge oft in Formularen ausfüllen und dann per E-Mail verschicken. Das ist nicht nur langsam, sondern dadurch entstehen auch Fehler. Mit unseren Lösungen kann man diesen Prozess relativ einfach digitalisieren und mit den entsprechenden Personalsystem verbinden. Das geht nicht nur schneller, es ist auch weniger fehleranfällig und bedeutet für alle Beteiligten eine bessere Experience. Auch im Einkauf und im Finanzwesen sehen wir besonders viele Anwendungsfälle.
Wie ist das Zusammenspiel von Künstlicher Intelligenz und LCNC Lösungen, vor allem in Bezug auf Prozess Automation?
In der Prozessautomatisierung spielt KI eine wichtige Rolle, die vielen die Arbeit sehr erleichtert. Lassen Sie mich das anhand eines Beispiels erklären. Im Wareneinkauf müssen vom Einkauf bis zur Bezahlung Zahlungsdaten und Rechnungen von mehreren Systemen zusammengetragen werden. Vieles wird dabei auch heute noch manuell bearbeitet. Im Arbeitsalltag heisst das, dass ein Mitarbeiter Daten wie Lieferantennummer oder Warenbeschreibung aus Papier-Rechnungen in diversen Systemen eingeben muss. Mithilfe von KI kann z.B. SAP Process Automation die relevanten Informationen aus solchen Dokumenten auslesen und vollautomatisiert an die entsprechenden Systeme weitergeben. Mit SAP Process Automation können unsere Kunden diese Funktionen nutzen, ohne selbst Kenntnisse in Data Science oder Machine Learning zu haben. Sie können sie einfach per Drag-and-Drop einem Workflow hinzufügen.


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