Ruedi Noser
12.02.2014, 17:17 Uhr
«Das tut mir als Präsident der Branche weh»
Ruedi Noser spricht mit Computerworld über mögliche Folgen der Zuwanderungsinitiative für die ICT-Branche.
Ruedi Noser spricht mit Computerworld über mögliche Folgen der Zuwanderungsinitiative für die ICT-Branche
Ruedi Noser ist Unternehmer, FDP-Nationalrat und Präsident von ICTswitzerland. Computerworld konnte mit dem Chef von rund 450 Mitarbeitern kurz nach der Abstimmung ein Email-Interview führen.
Computerworld: Guten Tag Herr Noser. Ist mit der Annahme der Initiative der bilaterale Weg für die Schweiz zu Ende?
Ruedi Noser: Das wird sicher eine grössere Zäsur werden, als das wir uns im Moment bereit sind, zuzugestehen. Es hängt von der Umsetzung in der Schweiz und vom Goodwill der EU ab. Wir können das mehr oder weniger EU verträglich umsetzen und wir können auf mehr oder weniger Goodwill stossen bei der EU. Beides muss jetzt in Angriff genommen werden.
Wie wirkt sich die Annahme der Einwanderungsinitiative kurzfristig auf die Schweizer ICT aus?
Die Initiative schafft Unsicherheit und führt dazu, dass Investitionsentscheide nicht gefällt werden oder nicht in der Schweiz getätigt werden. Das wird man schon relativ schnell spüren.
In der ICT arbeiten mehr Zuwanderer (12 Prozent) als im Schweizerischen Durchschnitt aller Branchen (7 Prozent). Ist das Ergebnis für die ICT-Branche also doppelt hart?
Wir bilden heute gleich viele Leute aus, wie in Pension gehen. Wenn die Branche wächst, musst das Wachstum durch zusätzliche Arbeitskräfte abgedeckt werden. Da die Digitalisierung enorm fortschreitet, wird die Branche auch weiterhin wachsen und ist damit stark betroffen von der Umsetzung der Initiative. Aber man kann die Initianten beim Wort nehmen: sie versprachen, dass die Wirtschaft zu den Leuten kommen soll die sie braucht. Das muss man jetzt einfordern.
Können Sie an einem Beispiel aufzeigen, warum die Annahme der Initiative für die Branche schlimme Folgen haben könnte?
Unsere Branche litt schon immer unter einem grossen Verlagerungsdruck ins Ausland. Die Initiative wird diesen noch vergrössern. Das heisst, Investitionen werden immer öfters nicht in der Schweiz, sondern im Ausland getätigt werden. Das tut mir als Präsident der Branche weh.
Der Fachkräftemangel in der ICT wird gemäss ICTswitzerland im Jahr 2020 25 000 offene Stellen mit sich bringen. Wie wirkt sich die Annahme der Einwanderungsinitiative vor diesem Hintergrund aus?
Wir sagten, dass über die nächsten Jahre so viele Leute fehlen werden, wenn die Branche sich gut entwickelt. Es werden also jedes Jahr ungefähr 2000 Leute fehlen, die wir nicht selber im Land ausbilden, sondern durch ausländische Arbeitskräften besetzt werden müssen.
Gemäss der Initiative wird es Kontingente für die Wirtschaftszweige geben. Soll es für die ICT-Branche spezielle Kontingente geben? Warum?
Wir sind eine Wachstumsbranche und es muss gelingen, die ICT auch zu einer Exportbranche aufzubauen. Dazu brauchen wir Zugang zu ausgebildeten Arbeitskräften und zu Spezialisten. Darum sollen die Kontingente in der ICT hoch sein.
Was wird der Verband ICTswitzerland unternehmen, um die Folgen der Abstimmung abzuschwächen?
Wir werden einfordern, was die Initianten versprochen haben. Der Wirtschaft soll es nicht fehlen an Arbeitskräften, die sie braucht. Das ist jetzt umzusetzen.