IDC-Prognosen 15.12.2011, 18:22 Uhr

Top-Trends 2012 - 2020

2012 wird das Jahr der strategischen Weichenstellungen. Die Trendwende kommt. Microsoft kauft LinkedIn. Die Bedeutung der "dritten Plattform" steigt.
Das Geschäft mit der Zukunft läuft schon hier und heute prächtig. Jedes Analystenhaus, das was auf sich hält, wirft zum Jahresende seine "Prognosen 2012" auf den Markt. Einer der Marktforscher trifft mit Sicherheit ins Schwarze oder Schwärzliche, nach den Regeln der Statistik, Streuung und Wahrscheinlichkeitsrechnung geht das gar nicht anders, und gilt ab dann erwiesenermassen als Guru. Beispiel Schweiz: Ende November stellte Andreas Knöpfli, Präsident des Wirtschaftsverbandes SWICO, dem Schweizer IT-Markt 2011 ein sehr solides Zeugnis aus. Für 2012 prognostiziert Knöpfli ein Plus von 4,9 Prozent (vgl. Marktanalyse: Schweizer ITK-Mark 2011/2012). Besonders Software und Services sollen, getrieben durch Mobility, ordentlich zulegen.

Spassverderber MSM

Drei Wochen später tritt MSM Research schon wieder auf die Optimismusbremse. Dem Schweizer ICT-Markt drohe eine "rote Null", tönt es aus Schaffhausen, dem Hauptquartier der MSM-Branchenanalysten. Mit minus 0,2 Prozent schliddert die Schweizer ICT demnach auf einen moderaten Schrumpfkurs zu. Grund für den Nebel in der Kristallkugel ist eine Tragödie namens Eurokrise, die leider auch die Schweiz zu spüren bekommt. Wenden wir deshalb unseren Blick einmal vom Problemkontinent Europa ab und nehmen die Weltmärkte ins Visier, die Wachstumsregionen, die asiatischen Trendsetter. Eine Art "Back to the future"-Ansatz verfolgen dabei die Marktforscher von IDC. Laut IDC wird 2012 das Jahr der strategischen Weichenstellungen. Wer im kommenden Jahr falsche Prioritäten setzt, wird in den darauf folgenden Jahren den verloren gegangenen Boden nur schwer wieder gutmachen können.

IDC-Prognosen 2012

2012 entscheidet sich, so glaubt IDC, wer 2020 zur ICT-Spitzengruppe gehört. Hier eine Auswahl der von IDC vorausgesagten Technologietrends, Mergers & Aquisitions und strategischen Partnerschaften: 2020 wird die ICT-Industrie weltweit 5 Billionen US-Dollar pro Jahr umsetzen (1,7 Billionen mehr als heute). Die Bedeutung der sogenannten "dritten Plattform" - nach Mainframe und Desktop - wird dabei extrem stark ansteigen. Unter "dritter Plattform" versteht IDC hardwareseitig Smartphones, Tablets und hochperformante Breitbandnetze, softwareseitig die Cloud, mobile Apps, soziale Techniken/Netze und Big-Data-Analytics.

Trendwende 2012

Die Trendwende kommt: 2012 werden weltweit knapp 400 Millionen PCs, aber 895 Millionen mobile Geräte verkauft. Die Mobilen setzen mit 277 Milliarden US-Dollar zum ersten Mal mehr um als die stationären PCs (257 Milliarden USD).  Technologien der "dritten Plattform" generieren im laufenden Jahr 2011 etwa 20 Prozent der ICT-Gesamtumsätze. Sie wachsen mit plus 18 Prozent aber extrem schnell, etwa sechs Mal schneller als die restliche IT. 2020, prognostiziert IDC, werden die neuen Technologien daher für 80 Prozent der ICT-Gesamtumsätze verantwortlich sein. Was bedeutet das für die Branche? Nächste Seite: Microsoft kauft LinkedIn

Microsoft kauft LinkedIn

Der Kampf um die dritte Plattform hat schon heute begonnen, ist unfair und hart. Microsoft wacht endlich auf und wird sich einen Cloud-Content-Anbieter wie Netfix zulegen. Denn ohne Media-Content hat Microsofts Cloud kaum eine Chance und hätte im Konkurrenzkampf in den nächsten Jahren das Nachsehen. Ausserdem wird Redmond, so IDC, das soziale Netzwerk LinkedIn kaufen, um seine Team-Plattform Sharepoint und sein Cloud-Portfolio zu stärken. Facebook wird sich kommerzialisieren und zu diesem Zweck Partnerschaften mit Microsoft, Oracle, IBM oder SAP eingehen, um deren kommerzielle Plattformen zu integrieren. Oracle unternimmt den Versuch, ein soziales Cloud-Portfolio aufzubauen. Oracle-Chef Larry Ellison denkt mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits über den Aufkauf von Community-Platform-Anbietern wie Lithium oder Igloo nach. 2012 wird ausserdem das Jahr der SaaS-Aufkäufe (Software-as-a-Service). Eine IDC-Prognose hat sich bereits bewahrheitet. SAP akquirierte den Human-Ressource-Spezialisten SuccessFactors, der HR-Software in der Cloud anbietet. Aber auch Firmen wie NetSuite (ERP, CRM, E-Commerce) oder Workday (HR, Payroll, Finance) stehen auf der Einkaufsliste der Grossen. Als Käufer kommen neben SAP auch Oracle und HP in Frage. HP könnte damit seinen Footprint auf dem Enterprise-Software-Markt verstärken.

In-Memory wird Quasi-Standard

Auf dem Boom-Markt der Big-Data-Analytics wird In-Memory zum Quasi-Standard. Die Technologie erlaubt die rasend schnelle, spielerische Analyse riesiger Datenbestände in Echtzeit. SAP hat sich mit seiner In-Memory-Appliance HANA einen Vorsprung herausgearbeitet, aber Konkurrenten wie Oracle und MicroStrategy folgen auf dem Fusse. Nächste Seite: Wer dominiert die Cloud?

Akquisitionswelle: Big-Data-Analytics

Auch auf Big Data sieht IDC 2012 eine Akquisitionswelle zurollen. Als finanzstarke Käufer stehen IBM, SAP, Oracle und HP in den Startlöchern. Attraktive Übernahmekandidaten wären etwa die Datenvisualisierer QlikTech und Tableau Software, Predictive-Analytics-Spezialisten wie KXEN  und Revolution Analytics oder Hadoop-Analytics-Anbieter wie Datameer und Kamasphere. 2012 könnte zu einem Jahr des Bieter-Wettkampfes werden. Die Umsätze mit mobilen Applikationen allein werden 2012 das Geschäft mit Mainframes überflügeln. Mobile Apps werden nicht nur sozialer und analytischer (Big Data), sondern auch kommerzieller. Fast zwei Drittel aller mobilen Apps, die 2012 programmiert werden, können laut IDC auf die Enterprise Services etwa von Microsoft, Oracle oder SAP zugreifen.

Wer dominiert die Cloud?

Die erste Plattform (Mainframe) hat IBM dominiert, die zweite (Desktops) Microsoft. Welche Anbieter die dritte Plattform regieren, das wird nicht nur von Technologie abhängen. Erfolgsentscheidend ist ein funktionierendes, möglichst breit aufgestelltes Ökosystem. Top Player wie Microsoft, SAP, Google und Amazon haben das erkannt. Für sie wird es in den nächsten Jahren darauf ankommen, möglichst viele brilliante Köpfe anzulocken, Software-Entwickler und Partner auf ihre Seite zu ziehen, strategisch geschickt Akquisitionen zu tätigen. Schweizer Software- und App-Entwickler sehen deshalb, Eurokrise hin oder her, rosigen Zeiten entgegen.

Schweizer Software: plus 4,9 Prozent

Es scheint so, als würde SWICO-Präsident Andreas Knöpfli mit seiner Prognose recht behalten. Fakt ist: Schweizer Mobilfunk-Anbieter verkauften 2011 3,7 Millionen Einheiten, davon 57 Prozent Smartphones. 2012 soll es ähnlich rasant weitergehen. Der Schweizer Software-Industrie prognostiziert Knöpfli ein Plus von 4,9 Prozent (2012. Hauptsächlich verantwortlich dafür sei der positive Treiber Mobility.



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