HELPDESK 24.09.2005, 18:59 Uhr

Software-Patentierung in der Schweiz

Die EU hat sich gegen eine Richtlinie zur Patentierung von Software entschieden. Das Schweizer Patentgesetz enthält keine spezifische Regelung.
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Das Europäische Parlament (EP) hat am 6. Juli 2005 die Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen abgelehnt. Mit Erleichterung begrüsst wurde dies vor allem von IT-KMU, freien IT-Spezialisten und der Open-Source-Community. Ihre Befürchtung war, dass in jahrelangen Patentverletzungsprozessen den kleinen, nicht finanzstarken Unternehmen der Schnauf ausgeht, die technische Entwicklung monopolisiert wird, und die Open- Source-Gemeinde sowieso nie vom Patentschutz profitieren kann, weil die Veröffentlichung des Source Code dem Programm die Neuheit nimmt. Denn eine patentierbare Erfindung muss neu und darf nirgends auf der Welt bekannt sein.
Die nationalen Patentämter der EU, das Europäische Patentamt und die Gerichte lassen indes eine gewisse, allerdings uneinheitliche Ausweitung der Patentfähigkeit von Software zu. Aber nur solange die Software ein technisches Problem löst, was etwa ein computerunterstütztes Gerät zur Auswertung betriebswirtschaftlicher Daten nicht tut. Und weil das Votum des Parlamentes nicht bindend ist, wird sich an dieser Praxis wohl nichts ändern.
Das Schweizer Patentgesetz enthält keine spezifische Regelung für Software. Verlangt wird allgemein von jeder Erfindung, dass sie neu sowie gewerblich anwendbar sein muss und die Lösung für die Fachfrau und den Fachmann sich nicht nahe liegend aus dem Stand der Technik ergeben darf. Ein weiteres Merkmal ist die Technizität der Erfindung. Sie muss einen technischen Erfolg mit technischen Mitteln erreichen. Der Begriff der Technik wird dabei weit verstanden und meint den finalen Einsatz von Naturstoffen und - kräften in Chemie, Biologie, Physik, Elektrotechnik usw. Im Informationszeitalter gestaltet sich aber die Abgrenzung zwischen patentfähiger technischer und nicht-patentfähiger und nicht-technischer Handlungslehre als zunehmend schwierig (Von Büren/Marbach, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, 2. Auflage, N 16ff.).
Die im EP gescheiterte Richtlinie sah für die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen als Kernvoraussetzung vor, dass sie einen technischen Beitrag leisten. Es fehlte aber jegliche Technikdefinition und das Informationspapier zur zweiten Lesung folgerte nicht gerade erhellend, dass computerunterstützte Methoden keine patentierbaren Erfindungen darstellen, wenn ihr einziger Beitrag zum Stand der Technik nicht-technischen Charakter hat. In den USA besteht übrigens keine Begrenzung auf technische Erfindungen.
Bis heute gelten in der Schweiz mathematische Methoden, Rechen- sowie Computerprogramme nicht für patentierbar (Richtlinien des Eidgenössischen Institutes für Geistiges Eigentum (IGE) für die Sachprüfung der Patentgesuche, N 223.2). Denn: Ideen, Konzepte, wissenschaftliche Theorien, mathematische und Lehrmethoden sind keine Erfindungen (Wickihalder Urs in sic! 9/2002, «Entwicklungen im Bereich der Patentierung von computergestützten Geschäftsmethoden»). Softwarebezogene Erfindungen können jedoch durchaus patentierbar sein. Als Voraussetzung nennt die Richtlinie des IGE, dass die Definition des Verfahrens ausser den Merkmalen des Computerprogramms solche technischer Natur enthalten muss, die mit der Software zusammenhängen und direkt mit der Lösung der technischen Aufgabe verbunden sind. Als Beispiel wird genannt: Ein Programm arbeitet kombiniert mit einer Datenverarbeitungsanlage so, dass die Anlage aus technischer Sicht andersartig arbeitet und damit einen Beitrag zum technischen Stand liefert. Bis heute gibt es jedoch zum Thema wenige gerichtliche Entscheide. Man darf aber annehmen, dass unsere Gerichtspraxis diejenige der EU berücksichtigen wird.
Nicht vergessen gehen darf in der ganzen Diskussion der urheberrechtliche Schutz, welcher ohne weitere Formalität entsteht, wenn das Softwareprogramm entwickelt ist. Geschützt sind nämlich nach Urheberrechtsgesetz sowohl Quell- wie Objektcode. Nur nicht die Idee, welche ohne Urheberrechtsverletzung in einem anderen Programm umgesetzt werden kann. Verlangt man dann Patentschutz, sind wir wieder bei der Argumentation seiner Kritiker angelangt.
Die Autorin Nicolina Knecht, lic.iur. Rechtsanwältin, Mediatorin MAS SAV. Sie ist selbständige Rechtsanwältin in Zürich und Mitglied bei Donna Informatica, Fachgruppe der Schweizer Informatik Gesellschaft (SI), www.donnainformatica.ch.



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