10.06.2014, 16:38 Uhr

IT-Lehrstellen verzweifelt gesucht

Es gibt mehr IT-interessierte Jugendliche wie IT-Ausbildungsplätze. Eine Absurdität, berücksichtigt man den Fachkräftemangel. Nun scheinen grosse Schweizer Firmen eine Vorbildsfunktion übernehmen zu wollen.
Investieren Unternehmen nicht in IT-Ausbildungsplätze, nützen ihnen die paar Uniabsolventen auch nichts
Im April 2014 interessierten sich 73 000 Jugendliche gemäss dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) für eine Lehrstelle. Weil insgesamt 80 000 Unternehmen im April einen Ausbildungsplatz anboten, waren dies gute Aussichten für angehende Lehrlinge. Nicht aber in der IT, wo die Nachfrage das Angebot überstieg. Auf 1500 potenzielle IT-Lehrlinge kamen 500 freie Ausbildungsplätze. Damit erreicht das Verhältnis in etwa Vorjahresniveau, als auf 2500 Lehrstelleninteressierte 1500 Lehrpltze kamen. Die Zahlen sind mit Vorsicht zu betrachten, da für das Lehrstellenbarometer nur wenig Informatiklernende befragt wurden. Die statistische Signifikanz ist darum nicht zwingend gegeben. Es mutet trotzdem merkwürdig an, dass die Unternehmen auf der einen Seite ständig vom Fachkräftemangel klagen, andererseits aber gemäss Studie zwei Drittel der Interessierten eine Absage erteilen müssen, weil nicht genügend Stellen vorhanden sind. Und dies obwohl seit 2010 durch verschiedene Initiativen alleine für den Informatiker EFZ rund 900 neue Lehrstellen geschaffen wurden. Wie kann das sein? Jörg Aebischer, Geschäftsführer von ICT-Berufsbildung Schweiz, gibt Auskunft: «Die Situation ist komplex. Einerseits wollen offenbar mehr junge Leute in die IT gehen wie Unternehmen in der Lage sind, Stellen zu schaffen. Das ist erfreulich. Allerdings gibt es vor allem im Bereich der Anwenderunternehmen nach wie vor zu viele Firmen, die unterproportional ausbilden.» Dies könnte sich aber bald ändern. «Ich stelle im direkten Kontakt mit den (grossen) Unternehmen fest, dass diese mittlerweile den Bedarf nach IT-Fachkräften erkannt haben. Sie versuchen teilweise massiv, auf die Situation zu reagieren. Einige überlegen sich sogar neue strategische Positionierungen. Ich gehe zudem davon aus, dass einzelne Unternehmen in den nächsten Monaten neue Abteilungen auftun, um mehr ITler auszubilden.»

Nicht jeder darf, der will

Ein Problem löst dies aber nicht: nicht alle IT-Interessierten bringen die Fähigkeiten mit, die es für diese Lehre braucht. Dass aber 2/3 der Bewerber nicht qualifiziert sind, ist auch schwer vorstellbar. Darum, einmal mehr: die Firmen sind zum Handeln gezwungen. Über alle Branchen hinweg ist die Situation in der Schweiz stabil. 136 500 Jugendliche standen im April vor der Ausbildungswahl. Davon interessierten sich mit 73 000 etwas mehr wie die Hälfte für eine Lehrstelle. Von diesen hatten im April 51 500 bereits eine Zusage, gleich viele wie letztes Jahr. Die Anzahl Jugendlicher, die sich in diesem Jahr ausschliesslich für eine Lehre interessieren und noch keine Zusage erhalten haben, liegt bei 14 000 (2013: 18 000). Trotz dem Angebotsüberschuss wird nicht nur in der Informatik, sondern auch in den Branchen «Druck, Design und Kunstgewerbe», «Gesundheits- und Sozialwesen», «Verarbeitendes Gewerbe» und «Verkauf» ein Nachfrageüberschuss verzeichnet.



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