Interview 10.10.2008, 09:36 Uhr

«HP kämpft um jeden Mitarbeiter»

Marcel Borgo, HPs Country Manager Personal Systems Group, äussert sich exklusiv im Computerworld-Interview erstmals über den Stellenabbau in der Schweiz, das Produktportfolio und Wachstumsmärkte.
Marcel Borgo, Country Manager Personal System Group Schweiz
IDG (Daniel Bader): Legen wir gleich los. HP musste diese Woche bekannt geben, dass im Zug der Übernahme von EDS auch in der Schweiz 275 Stellen abgebaut werden. Wie kann man das noch vernünftig erklären, wenn man weiss, wie erfolgreich HP in der Schweiz arbeitet? Borgo: Diese Massnahmen betreffen nicht das PC-Geschäft, für das ich zuständig bin. Trotzdem kann ich drei Dinge dazu sagen. Erstens: Stellenabbau ist immer bedauerlich. HP wird aber um jeden Mitarbeiter kämpfen, und alles daran setzen, dass wir möglichst vielen betroffenen Mitarbeitern innerhalb von HP eine andere Stelle anbieten können. Der Abbau vollzieht sich ja über zwei Jahre und das ist eine lange Zeit. Zweitens: Ein wesentlicher Grund für den Stellenabbau ist die Prozessoptimierung, die HP und EDS gemeinsam durchführen. Durch Offshoring, Automatisierung und andere Massnahmen wird die Produktivität erhöht. Dabei gehen leider auch Stellen verloren beziehungsweise werden ins Ausland verschoben. Für unsere Kunden hat dies aber den grossen Wert, dass sie eine hervorragende Dienstleistung zu einem unschlagbaren Preis-Leistungsverhältnis erhalten. Und genau das führt, und jetzt bin ich beim dritten Punkt, zum Geheimnis von Erfolg und Marktstellung von HP: Zufriedene Kunden ziehen weitere zufriedene Kunden nach sich und führen zu Wachstum. Das ist es, was wir wollen. IDG: OK, HP ist dick im Geschäft. Laut den letzten Marktzahlen, die IDG im Top-500-Heft (22. August 2008) veröffentlicht hat, führt HP gleich dreimal die Rangliste an. HP belegt in den Produktsparten PC-, Peripherie-Hersteller und Grossrechner & Massenspeicher in der Schweiz den ersten Platz. Wie erklären Sie sich diesen breitgefächerten Erfolg?

Borgo: Ich kann es am Beispiel des PC-Bereichs, für den ich zuständig bin, erläutern. Hier ist es tatsächlich so, dass HP sowohl weltweit und noch deutlicher in der Schweiz Markführer ist. Das hat Gründe: Zunächst die permanente Innovation in unserem Unternehmen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Produkte als auch auf die Prozesse. Grosse Erfolge haben wir etwa bei der Optimierung der Zulieferkette. Und der vielleicht grösste Trumpf: Unser bewährtes und dichtes Händlernetz, das uns eine enorme Präsenz bei den Kunden verschafft. IDG: Das erklärt aber nicht den grossen Vorsprung im PC-Bereich in der Schweiz. Borgo: Im KMU-Land Schweiz fällt natürlich das Händlernetz ganz besonders positiv ins Gewicht, ausserdem haben wir hier vielleicht einige Dinge besonders konsequent umgesetzt. Ein grosser Erfolg war beispielsweise die Kampagne «The PC is personal again», mit der wir konsequentes Produkt-Branding betrieben haben. Das entspricht exakt dem Zeitgeist: Der PC ist heute auch ein Lifestyle-Produkt, ein individuelles Markenzeichen jedes einzelnen. IDG: Das Äussere ist also wichtiger als das Innere? Borgo: Qualität, Verarbeitung und Innovation sind natürlich wichtig. Das Innere muss stimmen, aber das Äussere bestimmt häufig über den Erfolg. Unsere Designabteilung hat sich grundlegende Gedanken über das Look & Feel sowie den Nutzwert gemacht - über alle PC-Produktsparten hinweg. Parallel dazu haben wir in den letzten 12 Monate viel Geld in unseren Support gesteckt. Für uns ist eine optimale Kundepflege sehr wichtig. Verlieren Sie einen Kunden, wird er kaum zurückkommen. Zudem wird er auch in seinem erweiterten Freundeskreis dafür sorgen, dass man sich nach Alternativen umschaut. IDG: Bitte ganz handfest, welche Designneuerungen können wir im Geschäftsumfeld erwarten? Borgo: Unsere Top-Business-Notebooks sind jetzt im gebürsteten Aluminiumdesign gehalten und dadurch gleichermassen robust wie auch attraktiv. Bei Notebooks für den Heimgebrauch haben wir Massstäbe im Design gesetzt mit Pianoschwarz und Chrom. Zusätzlich werden wir zum Weihnachtsgeschäft modische Modelle im Bronze-Finish einführen. Daneben führen wir als neues Stand-Alone-Gerät den TouchSmart-PC ein. Das Gerät ist PC, TV-Gerät und DVD-Player in einem. Es ist komplett mit einem Touchscreen ausgestattet, lässt sich also auch ohne Tastatur und Maus bedienen. Wir haben uns sehr viele Gedanken über Kundenbedürfnisse und Benutzerfreundlichkeit gemacht. IDG: Für wen ist der TouchSmart-PC geeignet? Borgo: Zunächst für die Heimanwender: Kein PC macht im Wohnzimmer eine bessere Figur. Er ist ausserdem geeignet für Firmen, die etwas prominent präsentieren wollen. Vorstellbar ist der Einsatz in Restaurants, als kombinierter PC/TV in Hotelzimmern oder auch in anderen verschiedenen Business-Bereichen. IDG: Nochmals zurück auf die Bedienung. Apple hat mit dem iPhone und der raffinierten Bedienung das Handy fast schon neu erfunden. Was kann HP dem entgegensetzen? Borgo: Apple hat tatsächlich einen grossen Erfolg mit dem iPhone. Mit unseren Smartphones, den iPAQs, haben wir indes ein Produkt, dass insbesondere im Business-Segment die Wünsche unserer Kunden hervorragend erfüllt und deshalb auch gut ankommt. Manchmal sind es - vermeintliche - Kleinigkeiten. IDG: Welche? Borgo: Zum Beispiel wollen unsere Geschäftskunden eine physische Tastatur. Damit können wir uns differenzieren. Hinzu kommt als zentraler Gesichtpunkt, dass alle Business-Applikationen wie etwa Push-Mail ideal mit Windows Mobile zusammen spielen. Genauso flexibel agieren wir im Netbook-Markt. Unseren HP 2133 Mini-Note-PC gibts in drei verschiedenen Ausführungen - mit Linux, Windows XP oder sogar Vista. Denn wir glauben, den Kundenwunsch nach Individualisierung so optimal zu berücksichtigen. Schliesslich gibt es für diese Art von Mobilgerät sowohl einen Windows- als auch einen Linux-Markt. IDG: Wie beurteilen Sie den aktuellen Netbook-Markt? Borgo: Das ist ein interessanter Markt für Kunden, die ein zusätzliches Gerät für unterwegs wollen. Allerdings sind wir der Meinung, dass die Kunden auch hier hohe Qualitätsansprüche haben. Unsere hohen Qualitätsstandards zahlen sich hier aus. Das Gerät setzt sich durch, denn die Kunden wollen trotz des günstigen Preises keine Abstriche bei der Qualität machen. Das gilt vor allem auch für die Schweiz. IDG: Ein vollwertiges Notebook für unter 600 Franken? Borgo: Ein Netbook kann aufgrund seines kleinen Displays und den schwächeren Prozessoren in der Regel kein vollwertiges Notebook ersetzen. Vielmehr eignet es sich für den mobilen Einsatz unterwegs. Allerdings geht man einen Kompromiss bezüglich Kapazität und Leistung ein. In dieser Preisklasse gibt es aber bereits vollwertige Notebooks in unserem Portfolio: Vor allem im Einstiegssegment haben die Notebooks einen Preisrutsch erfahren. Wir bieten bereits 15,4 Zoll grosse Compaq-Presario-Modelle ab rund 600 Franken an. Und die können schon mehr als ein typisches Netbook. Die kräftigere Pavilion-Reihe steht für gut ausgestattete Allrounder. Für das Optimum an Leistung und Multimedia sorgt bei uns die Highend-Linie HP HDX, die im November eingeführt wird. IDG: Notebooks boomen, aber wie schauts im Desktop-Bereich bei HP aus? Borgo: Allen Unkenrufen zum Trotz legt HP grossen Wert auf das Desktop-Geschäft. Wir investieren hier kräftig und bringen innovative Produkte auf den Markt. Denn viele Grosskunden verzichten bewusst auf den Wechsel zu Notebooks. Sie bevorzugen die Eigenschaften der Desktops. Beispielsweise wollen viele nicht, dass Daten auf den Notebooks der Mitarbeitenden das Gebäude verlassen. IDG: Welche Lösungen für Grosskunden bietet HP im Bereich GreenIT, um auch in diesem Zukunftsmarkt eine wichtige Rolle zu spielen? Borgo: HP ist schon seit der Gründung vor ziemlich genau 70 Jahren bestrebt, seine Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft wahrzunehmen. Das haben uns unsere Gründer Bill Hewlett und Dave Packard praktisch in die Wiege gelegt. Nun ist GreenIT plötzlich in der ganzen Branche in aller Munde. Diese allgemeine Sensibilisierung ist zwar gut, aber es birgt auch die Gefahr, dass viel Schaum geschlagen wird. Dabei sind insbesondere die Vorgaben und Erwartungen im Grosskundengeschäft sehr klar. Wer die Vorgaben nicht erfüllt, geht bei Ausschreibungen schlicht leer aus. IDG: Das heisst im Klartext? Borgo: Wichtig ist die Transparenz: Also etwa, wie hoch die Energieaufnahme und Energieabgabe ist. Man kann sich leicht vorstellen, um welchen Energiebedarf es bei einer Ausschreibung von rund 1000 Arbeitsplätzen geht, wenn man die Leistungsaufnahme auf 90 oder 190 Watt spezifiziert. HP ist gerade bei Grossprojekten der Meinung, dass die Rechenleistung und auch die Daten im Rechenzentrum zentralisiert werden sollten. Denn nur so lassen sich effiziente Stromsparmassnahmen auch verwirklichen. Der Benutzer hat im Idealfall noch einen Thin Client als Arbeitsgerät vor sich, die Datenverarbeitung, Wartung der Geräteflotte etc. findet im Rechenzentrum statt. Ausser der deutlich steigenden Sicherheit für das Unternehmen haben wir gemessen, dass die Firma dadurch zwischen 30 bis 40 Prozent der anfallenden Energiekosten sparen kann. Und das Beste daran: Das Ganze kann sich bereits ab einer Grösse von 100 Arbeitsplatzrechnern lohnen.



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