Blockchain, VR, KI: Echte Innovationen oder nur heisse Luft?

Wie schlau ist KI?

An künstlicher Intelligenz (KI/AI) arbeiten Forschung und Industrie seit Jahrzehnten. Die Technik, oft in der Light-Version Machine Learning, ist mittlerweile reif für den Einsatz in Unternehmen. Leistungsfähige Hardware, an der es in der Vergangenheit oft mangelte, versorgt heute auch komplexe neuronale Netze mit der nötigen Rechenpower. Anwendungen finden sich zahlreiche: von der Sprach- und Gesichtserkennung über die Profiling- und Ranking- Algorithmen von Facebook und Google bis hin zu Preis-, Risiko- und Gewinnkalkulationen bei Banken und Versicherungen.
Unter den Teilnehmern unserer Umfrage geniesst KI zwar (noch) nicht Top-Priorität, jedoch wird der Technologie im Allgemeinen ein enormes Potenzial zu­gesprochen. IT-Manager sehen aber auch die Schattenseiten der künstlichen Intelligenz. «Das Potenzial von KI-Technologien ist enorm», sagt beispielsweise Mario Fischer von der Rothschild Bank. «Allerdings sehe ich auch ein enormes Gefahrenpotenzial. In den falschen Händen kann sie unüberschaubare Konsequenzen haben.» Es gibt auch Manager, die von den Leistungen der KI schlicht enttäuscht wurden. Zu ihnen gehört Thomas Gläser, Leiter Informatik beim Haustechnikspezialisten Pestalozzi in Dietikon. Er berichtet: «Vor ca. einem Jahr haben wir uns den smarten Lautsprecher Alexa an­geschafft. Ich hegte die Hoffnung, dass Alexa mir am Morgen meine Termine mitteilt und dass sich auch gewisse BI-Funktionen integrieren lassen. Davon», sagt Gläser enttäuscht, «sind wir aber noch weit, weit entfernt.»

Use Cases für Künstliche Intelligenz

Marc Ehinger, Head of Global IT Infrastructure beim Spezialisten für Life Sciences und Dia­gnostik, Tecan, erhofft sich von KI relativ zeitnah Fortschritte beim Ticketing am IT Service Desk. Eröffnet der Kunde ein Ticket, könnten lernfähige Algorithmen über Ähnlichkeiten relevante Einträge in einer Knowledge-Datenbank finden. «Da erhoffe ich mir kurzfristig viel», betont Ehinger. Langfristig könnte zusätzlich mithilfe kontextbasierter Chatbots und Sprach­erkennung vieles automatisiert werden.
Von einem ähnlichen Use Case wie Marc Ehinger berichtet Joel Agard, Market Initiative Manager bei Swisscom Digital Enterprise. Demnach soll KI dabei helfen, Kundenanfragen, die über Chats, E-Mail, per Online-Formular oder per Post eintreffen, an den zuständigen Spezialisten weiterzuleiten. Über Feedback lernte die Post-KI dazu und erreichte letztlich eine Trefferquote an korrekt weitergeleiteten Benachrichtigungen von über 90 Prozent. Zusätzlich wurde die Bearbeitungszeit um 40 Prozent reduziert. Mitarbeiter aus Fleisch und Blut erzielen gemäss Agard bei Anfragen in der Regel eine Trefferquote von etwa 60 Prozent.
Das Financial Stability Board (FSB), eine internationale Organisation, die Empfehlungen für die globale Finanzindustrie ausspricht, identifizierte in der Ende 2017 publizierten Studie «Artificial Intelligence and Machine Learning in Financial Services» mehrere Use Cases, die vom Einsatz von KI profitieren könnten. Etwa um die Kreditwürdigkeit von Kunden einzuschätzen. Hierzu verwenden Finanzhäuser Regressionsanalysen, Entscheidungsbäume und statistische Analysen. Mithilfe von KI würden die Anbieter in die Lage versetzt, zusätzlich unstrukturierte und semistrukturierte Daten in die Analyse mit einzubeziehen. Darunter fallen Akti­vitäten des Kunden in den sozialen Medien, typischerweise Text-Postings, Nachrichten wie SMS oder E-Mails und das Nutzerverhalten am Handy. Ob die Verwendung solcher Daten rechtens ist, bleibe einmal dahingestellt, merkt das FSB selbstkritisch an. Für die Analyse von Kundenprofilen seien derlei Infos auf jeden Fall hilfreich. Würden Machine-Learning-Algorithmen auf die Daten losgelassen, könne das Konsumverhalten und die Zahlungsbereitschaft von Kunden genauer, schneller und preiswerter kalkuliert werden als mit traditionellen Methoden.



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