Ab in die Garage: Unternehmen im Start-up-Modus

Weshalb sich Garagen auch für Start-ups lohnen

Garagen für die Innovationsentwicklung gibt es auch bei ti&m. Gemäss Björn Sörensen, der als Head Innovation beim Zürcher IT-Dienstleister für diese zuständig ist, gehen von Unternehmen aus den verschiedensten Branchen Anfragen ein, um solche durchzuführen. «Das können etwa grosse Banken sein, die ausserhalb ihres Legacy-Umfelds Erfahrungen mit einer neuen Technologie sammeln und Ideen möglichst effizient umsetzen wollen», sagt Sörensen.
“Unsere Kunden sollen
 mit Hilfe der Garage rasch
 Resultate erzielen„
Björn Sörensen, Head Innovation, ti&m
Für sie sei dies insofern wertvoll, da man sich heutzutage besonders über Agilität und eine schnelle Time-to-Market definiere. Gefragt sind laut Sörensen ins­besondere Tech­nologien wie KI, Cloud oder IoT. Auch an der Blockchain ist ihm zufolge Interesse vorhanden.

Möglichst rasch Ergebnisse aufzeigen

«Wir möchten unseren Kunden mit den Garagen eine Möglichkeit bieten, möglichst schnell Resultate erzielen zu können», erläutert ti&ms Sörensen das Konzept kurz und knapp. Etwas ausführlicher heisst das, dass die IT-Firma zusammen mit den Kunden innerhalb von vier bis zwölf Wochen, ausgehend von einer Idee, ein funktionstüchtiges Minimum Viable Product (MVP) entwickelt.
Besonders spannend sei das dann, wenn man das Potenzial einer neuen Technologie anhand eines spezifischen Cases verstehen und ausprobieren wolle. Dass dies nicht nur für alteingesessene Unternehmen interessant sein kann, zeigt sich am Beispiel des Start-ups Aidonic. Mit diesem realisierte ti&m kürzlich ein Blockchain-Projekt.

Digitale Spendenlösung aus der Garage

Severiyos Aydin, der Gründer und CEO von Aidonic, rief Anfang 2013 die NGO «Aramaic Relief International» ins Leben. Mit dieser engagiert er sich seither in der humanitären Hilfe für Kriegsopfer in Syrien, dem Irak und dem Südsudan. «Bei unserer Arbeit sammelten wir im Feld viele Erfahrungen und stiessen auch auf zahlreiche Missstände», sagt Aydin.
Der Gründer suchte nach einer Lösung, um Spender besser zu motivieren und die Transparenz zu gewährleisten. Dabei sollte der Spendenprozess möglichst ganz digita­lisiert werden. 2017 sei er auf die Blockchain gestossen. Da es zu diesem Zeitpunkt noch keine Lösung am Markt gab, welche die Technologie mit dem Spendenprozess verband, machte er sich dazu seine eigenen Gedanken und erstellte ein erstes Konzept. Dieses Jahr wandte sich Aydin über den Tipp des Investors und ti&m-Beirats Thomas Dübendorfer schliesslich an ti&m.
Gemeinsam mit den Experten des Unternehmens entwickelte er in einer Garage in nur rund zwei Monaten ein einsatzfähiges MVP. Das Projekt stiess auch bei den Angestellten der IT-Firma auf Anklang, wie Sörensen sagt: «Unsere Leute waren vom Projekt sofort begeistert und wollten unbedingt mitmachen.» Vier bis fünf Personen aus unterschiedlichen Teams seien seitens von ti&m an der Garage mit Aidonic beteiligt gewesen.

Kunden sollten eine Idee im Kopf haben

Wie Sörensen erläutert, wissen Kunden zu Beginn einer Garage typischerweise bereits, welche Stossrichtung sie zusammen mit ti&m verfolgen wollen. Je nachdem sei die Idee auch schon ausgereift – wie bei Severiyos Aydin von Aidonic. Er hatte bereits eine exakte Vorstellung vom Endprodukt und einen ersten Prototyp. Dieser sei 2018 angefertigt worden und habe auf schon überarbeiteten Konzepten basiert.
So startete die Garage zunächst mit einem Brainstorming – die Innovationsgaragen orientieren sich bei ti&m wie SAP an Design-Thinking-Konzepten. Dabei sind gemäss Sörensen viele Ideen zusammengekommen. «Wir mussten dann das Ganze erst mal auf die Essenz herunterbrechen und das Alleinstellungsmerkmal bestimmen. Denn das ist es schliesslich, was einen Mehrwert generieren kann», sagt der Leiter der ti&m-Innovationsabteilung.
Das Konzept, das Aydin im Vorfeld skizzierte, besteht im Prinzip aus zwei Teilen: der «First Mile» und der «Last Mile». Bei der «First Mile» handelt es sich um ein traditionelles Crowdfunding, bei dem die Spendengelder gesammelt werden. In der Garage stellte sich gemäss Sörensen heraus, dass die «Last Mile» das Alleinstellungsmerkmal der Lösung ist, kombiniert mit der «First Mile» in einer Plattform.

Mehr Transparenz im Spendenwesen

Der Intransparenz im Spendenwesen will Aidonic mithilfe der Blockchain entgegenwirken. Nach dem Crowdfunding wird vom gesammelten Geld die exakt gleiche Anzahl Token erstellt und direkt an Bedürftige geschickt. Die Token können von ihnen dann beispielsweise im Supermarkt oder im Spital eingelöst werden.
“Unsere Spendenlösung auf Basis der Blockchain hat im Feld einwandfrei funktioniert„
Severiyos Aydin, Gründer und CEO, Aidonic
Die Transaktionen werden über die Blockchain abgewickelt und dokumentiert. Aydins Hilfs­organisation bezahlt danach aufgrund der eingelösten Token direkt den Leistungserbringer. «So entsteht eine End-to-End-Transparenz, die heute einzigartig ist – der Prozess wird von der Spenderin bis zum Empfänger nachvollziehbar», erläutert der Gründer. Sörensen zufolge wurde die Blockchain-Lösung in der Garage komplett implementiert.

Erfolgreicher Praxistest

Bei den Innovationsgaragen geht es ti&m in erster Linie nicht um den Gewinn, wie Sörensen durchblicken lässt – ähnlich klingt es übrigens auch bei SAP. «Häufig führen Garagen bei uns aber zu einem Folgeprojekt, weil man einen Ansatz danach vollständig ausbauen möchte», erklärt ti&ms Innovationschef.
Primäres Ziel der Garagen sei jeweils, mit möglichst geringem finanziellem Aufwand Innovation zu beflügeln und schnelle Resultate für den Kunden zu erzielen. Das kommt auch Jungunternehmen entgegen. Aydin sagt, dass bei ihm kompetente Entwickler gefehlt haben, um die Lösung intern zu bauen. Die Entscheidung zur Kooperation mit ti&m sei nicht zuletzt auch aus zeitlichen Gründen gefallen. «Dass wir unseren Investoren eine bereits getestete, funktionstüchtige Lösung zeigen konnten, war uns enorm wichtig.»
Diese effiziente Vor­gehensweise wür-de er daher auch anderen Unternehmerinnen und Unter­nehmern empfehlen. «Eine Garage ist ideal für Start-ups, die weder die nötige technische Erfahrung noch die nötige Zeit haben, um eine Lösung selber zu entwickeln», betont Aydin.

Go-live im Frühling 2020 in Syrien

Mit der Innovationsgarage ist der Aidonic-Gründer rückblickend sehr zufrieden. Das Team von ti&m sei von Beginn an auf seine Ideen eingegangen, sodass man sich rasch einigen konnte. Eingebracht hätten sie sich besonders bezüglich der Technik und des Designs. «Da ging es um wichtige Faktoren, für die mir teils das Verständnis fehlte. Deshalb war ich sehr froh, dass ich hierbei auf ihre Kompetenz zählen konnte», sagt der Unternehmer.
Mit dem MVP im Gepäck reiste Aydin im September nach Syrien, um die Lösung vor Ort zu testen. Wie er erzählt, hat diese dort «einwandfrei funktioniert». Im ersten Quartal 2020 soll das Go-live erfolgen. Bis dahin wird die Plattform noch weiterentwickelt, um Funktionen ergänzt und finalisiert. Ob Aidonic dafür wieder auf die Unterstützung von ti&m zählen kann, hängt noch von der ersten Finanzierungsrunde des Start-ups ab. «Wir werden diese aber schon bald abschliessen können. Erste Zusagen haben wir von Investoren bereits erhalten», versichert der Gründer.



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