05.05.2006, 14:55 Uhr

Schweizer Unternehmen setzen auf Itil

IT Service Management soll den Unternehmen helfen, die Erbringung ihrer IT-Dienst­leistungen zu steuern und auf die konkreten Bedürfnisse ihrer Kunden und Anwender auszurichten.
Ulrich Amberg ist Manager und Marco Peter ist Assistant im Bereich Information Risk Management bei KPMG Fides Peat.
Den heute am Weitesten verbreiteten IT-Service-Management-Ansatz stellt die Information Technology Infrastructure Library (Itil) dar. Itil wurde Ende der Achtziger Jahre von der CCTA (Central Computer and Telecommunication Agency), dem heutigen OGC (Office of Government Commerce), einer Dienstleistungsorganisation der britischen Regierung, konzipiert und entwickelt. Es beschreibt ein systematisches, professionelles Vorgehen für das Management von IT-Dienstleistungen und wurde primär für Leute geschrieben, die für die Planung, Überwachung und Steuerung von qualitativ hochstehenden IT Services verantwortlich sind. Das Itil-Framework enthält eine Anzahl auf einander abgestimmte IT Service Management-Prozesse, die primär in die zwei Gruppen «Service Delivery» und «Service Support» unterteilt sind. Unternehmen können selber entscheiden, welche Prozesse zu welchem Zeitpunkt eingeführt werden. Diese Flexibilität hinsichtlich Umfang und Zeithorizont einer Itil-Implementierung kommt insbesondere auch kleineren Unternehmen entgegen. Itil hat sich mittlerweile zu einem De-facto-Standard im Bereich IT Service Management entwickelt. Durch den Einsatz des Itil-basierten Service-Management-Ansatzes sollen einerseits die Leistungserstellungskosten gesenkt und andererseits Dienstleistungen bereitgestellt werden, die den wirklichen Bedürfnissen der Kunden entsprechen. Gleichzeitig sollen durch entsprechende Trainings- und Qualifikationsmassnahmen die Mitarbeiter im Bereich IT Service Management professionalisiert werden.

Itil in der Schweiz

KPMG hat in einer Studie untersuchen lassen, die im Rahmen einer Diplomarbeit der Fachhochschule für Technik, Wirtschaft und Soziale Arbeit St.Gallen erstellt wurde, in welchem Ausmass Itil derzeit von Schweizer Unternehmen eingesetzt und wie dieser Einsatz von den Unternehmen bewertet wird. An der im August 2005 durchgeführten Befragung beteiligten sich 200 Unternehmen unterschiedlicher Grösse aus den verschiedensten Branchen.

Grosse gehen voran

Obwohl die Anwendung eines Itil-basierten Service-Management-Ansatzes grundsätzlich unabhängig von einer bestimmten Unternehmensgrösse ist, zeigt die Studie deutlich, dass das Interesse der Unternehmen bezüglich Itil mit der Grösse zunimmt. Itil wird heute bereits von rund einem Drittel der befragten Grossunternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden eingesetzt. Auch die Branchenzugehörigkeit spielt eine wesentliche Rolle. Besonders verbreitet ist Itil erwartungsgemäss in der Branche Telekommunikation und Informatik. Hier arbeiten bereits über 60 Prozent der befragten Unternehmen mit Itil. Von den insgesamt 200 befragten Unternehmen arbeiten bisher 40 mit Itil. Weitere 40 Unternehmen denken über eine Umsetzung nach. Obschon die grossen Unternehmen bisher voran gehen, dürfte die hohe Flexibilität und Skalierbarkeit des Frameworks auch den Bedürfnissen kleinerer Unternehmen gerecht werden.
Schritt für Schritt
Es fällt auf, dass insbesondere die Prozesse des Service Support (Incident, Problem, Change, Release und Configuration Management) zu einem grossen Teil bereits eingeführt oder zumindest deren Implementierung initiiert wurde. Oft starten Unternehmen mit der Einführung eines Service Desks, welcher im Idealfall die einzige Schnittstelle zwischen den Anwendern und der IT darstellt. Darauf aufbauend werden Schritt für Schritt Service-Support- sowie Service-Delivery-Prozesse eingeführt. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass die Prozesse ausgehend von den individuellen Bedürfnissen schrittweise gestaltet und in die Praxis umgesetzt werden können.
Effizienz und Transparenz
Durch den Einsatz von Itil konnten bei den befragten Unternehmen verschiedene Nutzenpotenziale realisiert werden. Fast 90 Prozent der befragten Unternehmen, die Itil bereits einsetzen, beurteilen die Effizienzsteigerung als Hauptnutzen der Itil-Einführung. Rund zwei Drittel geben an, dass die Einführung von Itil hauptsächlich zur Verbesserung der Transparenz geführt hat. Als positive Nebeneffekte konnten ausserdem in vielen Unternehmen operative Probleme verringert, die Kontrolle der Applikationen erhöht, die Kosten reduziert und die Benutzerakzeptanz verbessert werden.
Als individuelle Nutzenaspekte wurden insbesondere die klare Ausrichtung der IT auf Services und Kundenanforderungen, eine höhere Kundenzufriedenheit, eine Verbesserung der erbrachten Dienstleistungen und der Zusammenarbeit mit externen Anbietern sowie eine Vereinfachung der Kommunikation durch einheitliche Begriffe festgestellt.
Knackpunkt Akzeptanz
Bei der Einführung von Itil sahen sich die befragten Unternehmen mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Ein wesentliches Problem stellte in vielen Fällen die mangelnde Akzeptanz der Benutzer sowie der IT-Mitarbeiter dar. Dies ist insofern nicht verwunderlich, als dass Veränderungen der IT-Prozesse einen Eingriff in bisherige Arbeitsweisen darstellen und damit auch Vorlieben und Gewohnheiten der betroffenen Mitarbeiter beschnitten werden. Es ist deshalb entscheidend, frühzeitig das Gespräch mit allen beteiligten Personen zu suchen, um allfällige Unsicherheiten und Vorurteile gemeinsam abbauen zu können.
Kritische Erfolgsfaktoren
Die Einführung von Itil stellt wie jede Veränderung betrieblicher Abläufe ein anspruchsvolles Vorhaben mit wesentlichen Risiken dar. Die befragten Unternehmen nannten spezifische Punkte, die sie beim zweiten Mal anders angehen würden: Es sollte genügend Zeit in die Planung investiert werden und die Umsetzung sollte in überschaubarer Zeit und konsequent erfolgen. Weiter sollten genügend personelle Ressourcen bereitgestellt werden, um Erfolge schnell sichtbar zu machen und die Itil-Ausbildung - auch des IT Managements - sollte ausführlich und zu einem frühen Zeitpunkt erfolgen. Ausserdem ist es wichtig, sich auf die wesentlichen Bedürfnisse zu beschränken - weniger ist mehr - und keinen zu hohen Detaillierungsgrad anzustreben. Schliesslich werden die Erstellung klarer Prozessbeschreibungen und die seriöse Evaluation von Tools und deren frühzeitige Abstimmung auf die Prozesse als wesentliche Erfolgsfaktoren genannt.
Breiterer Einsatz erwartet
26 der 40 befragten Unternehmen, die Itil bereits einsetzen, geben an, den bisherigen Einsatz dieses Frameworks weiter ausdehnen zu wollen. Dazu gehören die Einführung unterstützender Tools, die Optimierung bereits eingeführter Itil-Prozesse, die Einführung von Itil an weiteren Standorten des Unternehmens sowie die Erweiterung des IT Service Managements um weitere Itil-Prozesse.
Keine Angst vor Itil
Wie die Studie gezeigt hat, haben Schweizer Unternehmen, die mit Itil arbeiten, mehrheitlich positive Erfahrungen gemacht. Nutzenpotenziale konnten vielerorts sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht realisiert werden. So konnten beispielsweise nicht nur die Kundenorientierung verbessert und die Transparenz der Verfügbarkeit und Inanspruchnahme der IT-Dienstleistungen erhöht, sondern gleichzeitig die Kosten reduziert werden.
Marco Peter, Ulrich Amberg



Das könnte Sie auch interessieren