CEO von IFS 10.07.2019, 11:31 Uhr

«Der Wettbewerb bedient die Aktionäre, IFS die Kunden»

Alle Firmen müssen ihre Geschäftsprozesse digitalisieren, weshalb der Markt für Business-Software heiss umkämpft ist. Der Sparten-Anbieter IFS ist gut aufgestellt, sagt CEO Darren Roos im Interview.
Darren Roos übernahm den CEO-Posten des ERP-Anbieters IFS vor gut einem Jahr
(Quelle: IFS)
Vom direkten Konkurrenten SAP wechselte Darren Roos vor einem Jahr zum ERP-Anbieter IFS. Dort tritt er nun im Wettstreit um die Kunden gegen den weltweiten Marktführer an. Er kann jedoch mit Referenzen zufriedener Kunden, modernen und leistungsfähigen Lösungen sowie mit einer global vernetzten Belegschaft punkten. Wie Roos im Interview mit Computerworld sagt, gefällt ihm die neue Rolle des Herausforderers. Und er ist sich sicher, in Zukunft in neuen Märkten Kunden gewinnen zu können.
Computerworld: Wen sehen Sie als hauptsächliche Konkurrenten von IFS im ERP-Markt?
Darren Roos: Der Marktführer SAP und auch Microsoft sind unsere Hauptkonkurrenten. Allerdings geht es in Wirklichkeit um Grösse und Markenbekanntheit. Dennoch sind unsere Gewinnquoten gegen beide ausgezeichnet, denn einfach gesagt: Wir sind besser. Unsere Lösungen sind schneller einsatzbereit, einfacher zu bedienen und haben eine geringere TCO (Total Cost of Ownership). Wenn wir verlieren, dann aufgrund der Kundenmeinung, dass die Wett­bewerber die eher «sichere» Wahl sind. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass sich die Situation ändern wird, wenn die Kunden erkennen, dass Sicherheit in der heutigen stark kompetitiven Welt nur selten gewinnt. Zudem hinkt der Vergleich etwas, denn IFS ist kein Anbieter eines horizontalen ERPs wie die beiden Markt­begleiter. Sie wenden sich an Unternehmen aller Branchen. Unsere Lösungen sind ausschliesslich konzipiert für die Sparten Bauwesen, Energieversorgung, herstellende und ver­arbeitende Industrie, Luftfahrt sowie Services.
CW: Sie kennen beide Welten. Bitte vergleichen Sie IFS mit Ihrem früheren Arbeitgeber.
Roos: Die grössten Unterschiede sind Agilität und Flexibilität. SAP ist wie ein grosser Flugzeugträger: Die Leistungsfähigkeit des Unternehmens ist grossartig, aber gleichzeitig ist der Konzern auch unflexibel und an starre Prozesse gebunden, die für den reibungslosen Betrieb erforderlich sind. IFS ist vergleichbar mit einem Atom-U-Boot: Es taucht nicht so häufig auf, es ist aber viel agiler und schneller – bei ähnlichen Fähigkeiten.
CW: Welche Alleinstellungsmerkmale besitzt IFS?
Roos: Die Branchenorientierung, die Kundenorientierung und die Lösungsorientierung sind unsere Hauptunterscheidungsmerkmale. Dafür haben uns allein in den vergangenen zwei Monaten diverse Analystenfirmen ausgezeichnet. Insbesondere den «Peer Insights» von Gartner messe ich einen hohen Stellenwert bei. Hier bewerten die Kunden ihre ERP- und FSM-Lieferanten (Field Service Management). In beiden Bereichen sind die Anwender mit IFS sehr zufrieden. Diese Erfolge sind möglich, weil wir für unsere Kunden einen geschäftlichen Mehrwert realisieren, anstatt ihnen nur eine Software zu verkaufen. Ausserdem fokussieren wir ausschliesslich auf die fünf Kernbranchen. Unsere Wettbewerber konzentrieren sich mehr darauf, ihre Aktionäre zu bedienen als ihre Kunden. Auch ist ihr Lösungsangebot so breit gefächert, dass sie nicht in der Lage sind, adäquate Qualität und Services zu bieten. Weiter bedienen sie Dutzende Branchen, was ihnen jede Fähigkeit nimmt, eine echte Branchentiefe zu entwickeln.
CW: Wo hat IFS noch Nachholbedarf? Respektive: Was wollen Sie verändern und wie?
Roos: Der grosse Fokus liegt nun auf dem Aufbau eines Ökosystems. Wir suchen aktiv nach Partnern mit fundierter Branchen- und Lösungserfahrung. Diese Partner werden dann zu Evangelisten und Multiplikatoren für unsere Marke, was wiederum unser Wachstum fördert.
CW: Sie führen heute ein Unternehmen mit rund 3600 Mitarbeitern. Wie viele kennen Sie persönlich?
Roos: Ich bin dank Workplace by Facebook für sie alle in Echtzeit zugänglich. Auf der digitalen Plattform können unsere Mitarbeiter mit mir und untereinander interagieren. Vor der Implementierung von Facebook waren die internen Kommunikationskanäle sehr traditionell. Wir nutzten Intranet-Sites, E-Mail und Telefonkonferenzen. Als unser Geschäft wuchs, wollten wir die Kommunikationssilos auflösen und unseren Mitarbeitern einen Raum geben, in dem sie Ideen, Neuigkeiten und Best Practices austauschen können. Wir haben uns für Facebook entschieden, weil es Interaktionsfunktionen wie Live-Video bietet und einfach sowie intuitiv zu bedienen ist. Ausserdem waren viele Mit­arbeiter bereits mit Facebook vertraut, sodass es eine der wenigen Plattformen war, die keine umfassende Schulung erforderte – unsere Kollegen konnten gleich mit Facebook loslegen. Innerhalb nur einer Woche hatten wir 90 Prozent der Belegschaft auf der Plattform.
CW: Was teilen Sie persönlich auf Ihrer Seite in Workplace by Facebook?
Roos: Meine persönliche und unsere firmeninterne Praxis ist es, über jeden neu gewonnenen Kunden ein Posting zu schreiben. Und ein weiteres, wenn der Kunde mit unserer Software live geht. Beides hat das Ziel, unseren Mitarbeitern den Fortschritt in unseren Geschäften vor Augen zu führen. Nebenbei bilden wir mit den Postings auch den Markt ab: Jeder Verkäufer kann ablesen, welche Abschlüsse mit welcher Firma, in welcher Branche und in welcher Grös­senordnung erzielt worden sind. Dies ist einerseits Ansporn, andererseits aber auch eine Hilfestellung, wenn der Sales gerade an einem vergleichbaren Deal arbeitet. Abseits der «geschäftlichen» Postings gibt es aber noch viel Aktivität auf der Facebook-Seite, die unsere Firmen­kultur widerspiegelt. Zum Beispiel wurden dort schon Foto­wettbewerbe zu den Lieblingsspeisen der Mitarbeiter oder den schönsten Routen in die Büros ausgelobt. Solche Aktionen bringen die Mitarbeiter einander näher und fördern den Zusammenhalt innerhalb von IFS – mit positivem Einfluss auf die Geschäfte. Und auch in Notfällen kann ein firmenweites Facebook nützlich sein, denken Sie etwa an die Terroranschläge in Sri Lanka im April. Als ich von den Angriffen erfuhr, versuchte ich, unsere über 1000 Angestellten im dortigen Entwicklungslabor zuerst via Facebook zu erreichen. Mein Versuch und die Kontaktversuche von Hunderten weiteren Kollegen aus der ganzen Welt scheiterten allerdings. Der einfache Grund war, dass die dortige Regierung alle Social-Media-Seiten gesperrt hatte – inklusive unserem Workplace by Facebook.
CW: Haben Sie Angst, dass Facebook alle bestgehüteten Geheimnisse von IFS kennt?
Roos: Generell gesprochen ist das «Social Engineering» heute eine Angriffsmethode, um an vertrauliche Informationen zu gelangen. Dafür ist Facebook natürlich eine Option. In der Vergangenheit hat sich das soziale Netzwerk – mit dem Datenskandal um Cambridge Analytica als negativem Höhepunkt – nicht eben durch einen vertraulichen Umgang mit User-Daten ausgezeichnet. Nun ist Workplace by Facebook allerdings ausschliesslich ein internes Tool für IFS-Mitarbeiter. Sie nutzen das Netzwerk für den Informations­austausch und die Zusammenarbeit.
Zur Person
Darren Roos
amtet seit April 2018 als CEO von IFS. Vorher verantwortete er das weltweite Cloud-ERP-Geschäft von SAP. In einer früheren Führungsposition baute Roos während neun Jahren die globalen Aktivitäten der Software AG aus. Der Südafrikaner lancierte seine Karriere bei dem Start-up Redflag Communications. Roos studierte Jus und hält Abschlüsse der Harvard Business School sowie der Stanford Graduate School of Business.



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