Leiter IT & Operations Credit Suisse Schweiz 08.07.2019, 13:30 Uhr

«Komplexität ist der Feind»

Mario Crameri leitet bei Credit Suisse Schweiz IT und Operations. In beiden will er Komplexität reduzieren.
(Quelle: Samuel Trümpy)
Die IT der Credit Suisse Schweiz betreibt zentrale Informatiksysteme der Grossbank. Neben den Schweizer Finanzdienstleistungen werden auch globale Prozesse über die IT gebucht. Der Head IT & Operations der Schweizer Universalbank, Mario Crameri, verantwortet dabei sowohl den Betrieb als auch einen Teil des Business. Das Zusammenspiel beschäftigt ihn schon Jahrzehnte: Vor einer Dekade schrieb Crameri ein Buch über die Abstimmung zwischen IT und Business. Im Interview blickt er zurück und erklärt, wie er sein Konzept bei Credit Suisse Schweiz umgesetzt hat.
Computerworld: Vor fast zehn Jahren haben wir uns schon einmal über das Verhältnis zwischen Business und IT unterhalten. Was hat sich seitdem geändert?
Mario Crameri: Vor allem die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten. Ich will es an zwei Faktoren festmachen: erstens die agile Organisation. Wird das Konzept richtig umgesetzt, dann verschmelzen IT und Business. Wir haben in den vergangenen drei Jahren massiv an der Realisierung der agilen Projektorganisation gearbeitet. Mittlerweile sind wir sehr weit fortgeschritten, womit sich auch die Zu­sammenarbeit zwischen dem Business und der IT fundamental verbessert hat.
CW: Und der zweite Faktor?
Crameri: Im Zuge der Digitalisierung hat sich die Bedeutung der IT und ihre Wahrnehmung in der Bank auf allen Ebenen nochmal merklich verstärkt. Dadurch hat sich die Kooperation zwischen IT und Business intensiviert. Wir können es sogar an meiner Person festmachen: Ich darf seit drei Jahren neben der IT auch Operations leiten. In diesem Zeitraum haben wir ein Grossprojekt erfolgreich abgeschlossen: die Digitalisierung von Operations. Wir haben rund 200 bisher manuelle Prozesse komplett digi­talisiert. Die Abläufe kommen neu grösstenteils ohne Medienbrüche und Papier aus. Ein Beispiel ist die dritte Säule. Bis anhin mussten für das Eröffnen eines 3.-Säule-Vorsorgekontos viele Formulare ausgefüllt werden. Heute haben Kunden die Möglichkeit, einen Antrag direkt im Online-Banking auszufüllen – die Eröffnung erfolgt innerhalb weniger Minuten, vollautomatisiert und papierlos. Der grosse Unterschied zwischen den Digitalstrategien des Markts und der Credit Suisse ist die Durchgängigkeit. Wir halten nichts von der Strategie «Lipstick on a pig», die natürlich kurzfristig günstiger ist und viel schneller Ergebnisse liefert. Unsere Digitalisierungsprojekte werden wenn immer möglich Front-to-Back umgesetzt, sprich vom Kundenkontakt bis ins Verbuchungssystem. Eine Ausnahme ist, wenn die «letzte Meile» unverhältnismässig teuer werden würde. Dann helfen wir uns anderweitig.
CW: Sie waren vor zehn Jahren gerade wieder bei der Credit Suisse gestartet. Heute leiten Sie die IT der Swiss Universal Bank. Wie hat sich der Bereich verändert?
Crameri: Vor zehn Jahren war die IT der Credit Suisse eine globale Organisation. Alle Abteilungen haben an den globalen CIO rapportiert. Das hat sich mit dem Wechsel zum heutigen CEO geändert. Heute gibt es eine Organisation nach Divisionen, die alle eine eigene IT besitzen. Weiterhin global aufgestellt sind die IT-Infrastruktur und «Corporate Functions» wie zum Beispiel Risk, Finance und HR, die ihre Services einheitlich an die gesamte Gruppe liefern. Um sicherzustellen, dass der interne Austausch in der IT optimal funktioniert, rapportieren die divisionalen CIOs sowohl zum Business als auch an den Group CIO.
CW: Wie viele Mitarbeiter zählt Ihr Bereich?
Crameri: In der IT der Credit Suisse sind um die 18'000 Personen beschäftigt, die externen Mitarbeitenden mitgezählt.
CW: Sie haben das agile Vorgehen bei Projekten an­gesprochen. Setzen Sie nur noch auf agile Methoden?
Crameri: Nein, keinesfalls. Beim Projektstart prüfen wir die Methoden und wählen das jeweils adäquate Vorgehen aus. Denn: Nur weil Agilität aktuell in aller Munde ist, ist es ja nicht zwingend immer optimal. Unserer Erfahrung nach passen in 80 Prozent der Fälle die agilen Methoden. Aber zum Beispiel beim Umsetzen regulatorischer Anforderungen, bei denen feststeht, was bis wann erreicht werden muss, arbeiten wir im Wasserfall-Modell. Wer hingegen eine neue Bedienoberfläche programmieren will, bei der sich die Kundenanforderungen andauernd ändern, ist mit einem agilen Vorgehen besser beraten. Aktuell arbeiten wir in 75 Prozent der Projekte agil. Unser Ziel sind aktuell 80 Prozent.
CW: Gilt diese Vorgabe für die Schweizer IT oder die gesamte Informatik der Credit Suisse?
Crameri: Jede IT-Einheit in der Gruppe hat einen Fokus auf agile Projekte und eigene Ziele definiert. Wir arbeiten viel an den Frontends, die wie erwähnt prädestiniert sind für das agile Vorgehen. Auch haben wir früher mit den modernen Methoden begonnen, sodass der Prozentsatz in der Group-IT tiefer ist. Die Schweizer Organisation nimmt hier eine Vorreiterrolle ein.



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