Country Manager von Sage Schweiz 06.04.2021, 11:38 Uhr

«Unsere gelebte Kultur ist die eines Schweizer KMU»

Die britische Sage Gruppe verkauft ihr Schweizer Geschäft. Country Manager Thomas Hersche betont im Interview die enge Verbundenheit mit den Kunden – den Schweizer KMU.
Thomas Hersche amtet seit fast einem Jahr als Country Manager von Sage Schweiz
(Quelle: Sage Schweiz)
Einer der grossen Anbieter von Business-Software in der Schweiz wird verkauft – und zwar an den HR-Software-Spezialisten Infoniqa, wie inzwischen bekannt wurde. Schon Ende vergangenen Jahres waren die Verkaufsabsichten der britischen Sage Gruppe für die Tochtergesellschaft Sage Schweiz kommuniziert worden. Im Interview mit Computerworld positioniert der Country Manager Thomas Hersche sein Unternehmen, nennt Kunden und bemerkenswerte Projekte.
Computerworld: Warum hat die Sage Gruppe entschieden, das Schweizer Geschäft zu verkaufen?
Thomas Hersche: Sage Schweiz ist eine von fünf Unternehmensbereichen, die weltweit von der Sage Gruppe verkauft werden. Angesichts der Marktchancen und des Produktportfolios von Sage Schweiz kam die Sage Gruppe zum Entschluss, dass das Unternehmen ausserhalb von Sage erfolgreicher sein wird. Sage Schweiz ist in der Lage, sich stärker auf den lokalen Markt und die Bedürfnisse der hiesigen Kunden zu konzentrieren.
CW: Der Entscheid wurde schon im November vergangenen Jahres kommuniziert. Warum so früh?
Hersche: Es war uns wichtig, die Mitarbeitenden, Kunden und Partner früh in den Prozess einzubeziehen, um unseren wichtigsten Stakeholdern Klarheit und Sicherheit zu vermitteln. Als Teil eines börsenkotierten Konzerns sind wir jedoch an bestimmte rechtliche Regeln gebunden. Und da ein Verkaufsprozess eingeleitet wurde, können wir nur bestimmte Informationen zu diesem Prozess mit der Öffentlichkeit teilen. Es ist uns bewusst, dass eine solche Situation auch Raum für Spekulationen schaffen kann.
CW: Woran denken Sie?
Hersche: Zum Beispiel wurde über den Verkaufswert und mögliche Käufer spekuliert, ohne die entscheidenden Faktoren zu berücksichtigen. Hinter der Sage Schweiz stehen 140 Mitarbeitende mit starkem Branchen-Know-how und der Leidenschaft fürs Software-Business sowie für Schweizer KMU. Die Produkte, die mit dem Verkauf in Zusammenhang stehen, sind erfolgreich und werden komplett in der Schweiz entwickelt. Weiter besitzen wir eine breite Kundenbasis und einen hervorragenden Namen auf dem Schweizer Markt. Hinzu kommen langjährige Partner und ein breites Anbindungsangebot. Ausserdem bieten wir unseren Kunden seit mehr als vier Jahren ein Abo-Modell an. Heute sind 85 Prozent unseres Umsatzes wiederkehrend, also durch Abo- und Service-Verträge generiert.
CW: Wie haben Ihre Mitarbeiter die Verkaufsabsichten der Gruppe aufgenommen?
Hersche: Wir haben die Mitarbeitenden, Kunden sowie Partner aktiv und frühzeitig in die Pläne einbezogen. Dabei haben wir klar kommuniziert, dass nicht einzelne Produkte oder Geschäftsbereiche, sondern das ganze Unternehmen zum Verkauf steht. Das hat von Anfang an für eine gewisse Entspannung bei den Kollegen gesorgt. Parallel haben wir intern Gefässe geschaffen, in denen sich die Mitarbeiter zusammen mit dem Kader und der Geschäftsleitung austauschen können, wenn sie Fragen haben oder sich Kunden melden. Das hat zusätzlich geholfen, das Vertrauen und die Zuversicht zu stärken. Ich spüre im Team eine verbreitete, positive Aufbruchstimmung und bin überzeugt, dass wir weiterhin eine tragende Rolle für die KMU in unserem Land spielen werden.
CW: Wir gehen von einem erfolgreichen Verkauf aus. Dann tritt Sage Schweiz auch künftig mit drei früheren Schweizer Entwicklungen auf: Sage 50 Extra, Sage 200 Extra, Sage Start. Was ändert sich für die Kunden? Und wie geht es mit der Software weiter?
Hersche: Die wichtigste Message an die Kunden: Wir sind für sie da, sowohl vor dem Verkauf als auch danach. Wir supporten, pflegen und entwickeln unsere Produkte weiter. Unmittelbar nach Bekanntgabe des initiierten Verkaufs­prozesses haben wir unsere Kunden aktiv informiert und damit begonnen, Kundenevents zu planen. Diese führen wir momentan mit hoher Beteiligung durch und kommunizieren klar, dass nicht einzelne Produkte oder Geschäftsbereiche, sondern das Unternehmen als Ganzes zum Verkauf steht. Wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber unseren Kunden bewusst und nehmen diese sehr ernst.
CW: In der Sage-Gruppe verbleiben die Lösungen Sage 100, Sage b7, Sage CRM, Sage X3, Wincarat. Wird Sage Schweiz der (exklusive) Anbieter dieser Produkte oder wird es ein Partnergeschäft?
Hersche: Diese Produkte werden weiterhin von der Sage Gruppe angeboten, supportet und gewartet. Ob wir als Sage Schweiz in der zukünftigen Form diese Lösungen auch anbieten werden, wird sich erst nach dem Verkauf zeigen. Für verbindliche Aussagen ist es definitiv noch zu früh.
CW: Abschied von On-Premises, willkommen in der Cloud – ist dies einer der Gründe für den Verkauf?
Hersche: In der Schweiz spielt wie gesagt der Fokus auf den lokalen Markt die entscheidende Rolle und nicht, ob die Software aus der Cloud bezogen oder beim Kunden lokal installiert wird. Sage Schweiz als erfolgreiches und profitables Unternehmen hat gutes Wachstum bei den wichtigen Subskriptionsprodukten erzielt. In diesem Sektor stieg der Umsatz im Geschäftsjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14 Prozent. Das höchste Wachstum bei den lokalen Produkten verzeichnete Sage Start mit 27 Prozent, gefolgt von Sage 200 Extra mit 25 Prozent und Sage 50 Extra mit 12 Prozent.
CW: Wenn Sie sich einen Käufer wünschen dürften – wer wäre es und warum?
Hersche: Unsere in der Schweiz gelebte Kultur war und ist die eines Schweizer KMU. Wir haben 140 Mitarbeitende, über 300 Partner und rund 60'000 KMU-Kunden. Wenn ich wählen dürfte, wäre es sicher ein Käufer, der diese Kultur weiterführt, nämlich Bestehendes weiterzuentwickeln und Neues zu bauen.



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