HP 23.11.2012, 11:39 Uhr

ein Riese fällt sich selbst

Ein Kommentar zu den neusten Entwicklungen bei Hewlett-Packard, die leider nur zu gut in ein mittlerweile bekanntes Muster des ehemaligen Vorzeigeunternehmens passen.
Kommentar des Computerworld-Redaktors Fabian Vogt zu den neusten Entwicklungen im HP-Autonomy-Deal
Vermutlich freute man sich bei HP vor einigen Tagen noch über die anstehende Bilanzveröffentlichung. Denn das Unternehmen hatte ein erfolgreiches Quartal hinter sich und hätte einen Gewinn von fast zwei Milliarden Dollar vermelden können. Nach dem Debakel des letzten Quartals genau das richtige Zeichen für Investoren und Partner. Wäre da nur nicht dieses Autonomy-Debakel gewesen, ##{"type":"InterRed::Userlink","linktype":"b","linkoffset":0,"ziel_ba_name":"cwx_artikel","bid":0,"cid":0,"extern":"","fragment":"","t3uid":"61843","page":0,"text":"das letztendlich zu einem Nettoverlust von 6,9 Milliarden Dollar gef\u00fchrt hat","target":"_top","alias":"","_match":"","_custom_params":[]}#!. Schon wieder, wird man sich bei HP denken. Schon wieder ein Milliardengrab. Denn bereits im Quartal zuvor musste man 8,9 Milliarden Dollar Nettoverlust vermelden, acht Milliarden davon entstanden durch eine Abschreibung des 2008 zugekauften Computerdienstleisters EDS. Und bei Autonomy muss man jetzt sogar 8,8 Milliarden Dollar wegwerfen. Für das ganze Jahr resultierte so anstelle eines schönen Gewinns ein Verlust von 12,7 Milliarden Dollar, welche Dramatik. Denn HP hätte wieder zum Vorzeigeunternehmen in einer Industrie aufsteigen können, die am Krückstock geht. Dell, Intel, AMD, Sony, Panasonic oder Acer haben dieses Jahr Verluste eingefahren, sogar Samsung muss sein Flachbildschirmgeschäft mit der Mobilfunksparte quersubventionieren.

Fehler wiederholen sich

HP also hätte strahlend dastehen können und dabei anderen gezeigt: «seht her, so wird`s gemacht.» Stattdessen haben sie gezeigt, wie es eben nicht gemacht wird und ihr Geld ziemlich unglücklich investiert. Zum wiederholten Mal. Das Unglück für HP ist, dass die Fehler nicht an einer Person festgemacht werden können. Wäre dies der Fall, könnte diese einfach ausgewechselt werden, Problem gelöst. Doch bei der Übernahme von EDS war Mark Hurd HP-Chef, bei Autonomy Leo Apotheker (die jetzige HP-Chefin Meg Whitman sass damals im Verwaltungsrat und hat den Kauf abgesegnet). Was alle gemeinsam haben: sie hörten nicht auf Analysten, die beide Käufe als überteuert bewerteten. Autonomy  machte beispielsweise beim Kauf einen Jahresumsatz von weniger als einer Milliarde Dollar. Als die Übernahme verkündet wurde stiegdie Autonomy-Aktie um 70 Prozent, HP brach um 20 Prozent ein. Auch wenn bei Übernahmen tendenziell zu viel bezahlt wird, diese Differenz hätte zu denken geben müssen. Bei EDS, deren Übernahme ebenfalls als zu teuer angesehen wurde, trennte man sich kurz nach dem Kauf von diversen Mitarbeitern des Neulings, vergass dabei aber, dass damit auch das Wissen verlorenging. Die Servicequalität konnte nicht aufrechterhalten werden,  die Unzufriedenheit der Kunden stieg. Ach ja, 2010 kaufte HP brigens noch das kriselnde Palm, fr 1,2 Milliarden Dollar. Ein Jahr später schrieb man den Betriebssystemanbieter ab und stellte die Produktion von Tablets und Smartphones komplett ein. In diesem Sommer der nächste Geistesblitz: Geräte wie Telefone oder Tablets hätten doch bessere Wachstumschancen als Desktoprechner. Darum fange man nun an, fr Windows 8 Tablets herzustellen. Natürlich extra für Geschäftskunden konzipiert («Der Markt für private Konsumenten gehört Apple», findet Meg Whitman). Denn Windows 8 eignet sich ja so perfekt für Unternehmen? Lesen Sie auf der nächsten Seite: viele Baustellen

Viele Baustellen

Übrigens: Wenn man all die verschiedenen Restrukturierungskosten, Abschreibungen auf den Firmenwert und Übernahmeausgaben seit Beginn des Geschäftsjahres 2006 zusammenrechnet, kommt man laut Finanzdienstleister S&P Capital IQ auf satte 26,1 Milliarden Dollar, schreibt die deutsche Ausgabe des WallStreetJournal. Nach dem Kursrutsch vom Dienstag um 12 Prozent ist diese Zahl nun grösser als der gesamte Börsenwert von HP. Dieser ist mit rund 23 Milliarden Dollar bewertet. Im Vorjahr war es noch doppelt so viel. Einen Hoffnungsschimmer gibt es immerhin: Die Softwaresparte, welche HP mit dem Autonomy-Kauf aufbauen wollte, wuchs um 1,2 Milliarden Dollar. Demgegenüber stehen aber Verluste in der Druckersparte (-5 Prozent Umsatz),  im Dienstleistungsgeschäft (-6 Prozent), bei den Grossrechnern (-9 Prozent) und im PC-Geschäft (-14 Prozent). HPs Problem heisst also nicht (nur) Autonomy. Darum ist es auch relativ egal, ob die Schuldfrage in dieser Sache geklärt wird oder nicht (HP hat trotzdem mal die US-Börsenaufsicht sowie das britische Betrugsdezernat informiert und will zivilrechtlich gegen Autonomy vorgehen. Deren ehemaliger Chef Mike Lynch weist aber jegliche Schuld von sich).  HPs Problem ist vielmehr eine sehr zerstörerische Mischung aus teilweise groben Managementfehlern, überteuerten Einkäufen und der Tatsache, dass man immer noch als sehr grosse Unternehmen recht unflexibel auf Marktentwicklungen reagieren kann.



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