Es rumort im HP-Channel

Es rumort im HP-Channel

Hänni selbst erklärt dazu nur, dass Fischer ihn nie kontaktiert habe. Gesprochen habe er lediglich einmal mit Golob. Zudem hätten Hännis und Fischers Assistentinnen einmal mit einander gesprochen. Der CDC-IT-Chef habe angesichts der Eingliederung seiner Firma in den Bechtle-Konzern einen Termin im Juni zum Gespräch über den fraglichen Kommentar angeboten. HP hätte aber nicht warten wollen und muss sich nun Überreaktion vorwerfen lassen. In der Branche tuschelt man auch diesmal, dass es wieder einen vergleichsweise kleinen Händler erwischt habe - CDC-IT macht 2004 mit 100 Mitarbeitern 30 Millionen Franken Umsatz - sei keineswegs ein Zufall. HP versuche offensichtlich mit allen Mitteln den Channel auf den rechten HP-Weg zu bringen. Wie plausibel solche anonymisierten Kommentare auch sein mögen, die Einschätzungen von Meinhard und Welte von HP sind zumindest öffentlich.

Der Graumarkt ist Auslöser

Meinhard resümiert, dass «nicht das Go-to-Market der Problemauslöser» gewesen sei. Vielmehr seien die wirtschaftlichen Verhältnisse erheblich schwieriger geworden. Damit sei bei HP ein internationaler Prozess losgetreten worden, der schliesslich zur EUV geführt habe, die alle Händler - ob klein oder gross - gleich behandelt. Und Meinhard betont erneut, dass HP sich gezungen sah, aus wirtschaftlichen Gründen den Graumarkt in den Griff zu bekommen.
Um zu verstehen, welchen Komplex Meinhard hier anspricht, lohnt sich der Blick zurück. Seit der 2002 erfolgten Compaq-Übernahme litt der HP-Konzern darunter, dass seine Direktgeschäfte vom eigenen Händlernetz konkurrenziert wurden. Compaq hatte grossen und meist internationalen Kunden Atlas-Konditionen gewährt. Um den Umsatz zu steigern und Marktanteile zu gewinnen, wurden immer mehr Geschäfte über diese Sonderkonditionen abgewickelt. Bei Lizenzen sollen die Unterschiede in guten Zeiten mehrere 100 Prozent zwischen Listen- und Atlas-Preis betragen haben, bei der Hardware bis zu 40 Prozent. Um die Umsätze zu steigern, seien so ziemlich alle Möglichkeiten ausgereizt worden. Die Händler seien an Atlas-Konditionen regelrecht gewöhnt worden, meint ein Beteiligter diese Situation beschreiben zu müssen. Die für die Schweiz teilweise riesigen Mengen an Units deuten darauf hin, dass oft Geräte exportiert, also in den so genannten Graumarkt geflossen sein müssen. Zudem sind damals «kreative» Verkaufswege entstanden, um überzählige Lagerbestände noch gewinnbringend abzusetzen. Klar ist auch, dass die Hersteller alle diese Pfade kannten und akzeptierten.

Alle haben sie profitiert

Zwar ist auch HP über ihre OPG-Konditionen ähnlich offensiv vorgegangen. Doch mit dem Merger stellte sich HP das Problem in einem ganz anderen Ausmass. Der grosse HP-eigene Direktverkauf wurde jetzt von den eigenen Channel-Partnern bei immer mehr Projekten mit OPG-Konditionen unterboten. Das Wort von der Kannibalisierung im Channel machte die Runde. Die HP-Partner kritisierten besonders, dass HP masslos wurde, indem sie sich nicht mehr nur auf die Topkundschaft konzentrierte. Als dazu noch die Unübersichtlichkeit bei der Umorganisation nach dem Merger kam, machten sich die Händler selbstständig. Geräte wurden fast nach ihrem Belieben auf bestehende Atlas- respektive OPG-Geschäfte gebucht. Damit wuchs nebenbei der Graumarkt, denn die georderten Mengen waren unmöglich auf dem Schweizer Markt unterzubringen. Zudem kam HP noch durch den zunehmenden Erfolg der Konkurrentin Dell unter Druck. Klar ist aber auch, dass HP die diversen Channel-Pfade kannte, was übrigens auch die zahlreichen personellen Verflechtung von Herstellern und Partnern zeigen.
HP hat ein schweres Erbe angetreten. Die EUV-Einführung ging der eingeschworenen Kaste im Channel regelrecht an den Geldbeutel. Ob es sich um Umsatzboni auf Hersteller- oder Händlerseite handelt, sicher ist, dass, wer heute gegen die übermächtige HP wütet, gestern noch von ihr profitierte. Und sicher ist auch, dass HP die geltenden Spielregeln nie verschwiegen hat.
Volker Richert



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