Krieg um den Desktop 08.11.2010, 09:43 Uhr

VMware und Citrix machen mobil

Citrix und VMware setzen die Trends im Virtualisierungsmarkt und kämpfen um Marktanteile. Wo die virtuelle Reise hingehen soll, haben die beiden Unternehmen vor Kurzem gezeigt.
Harry Labana, Citrix
Die Liberalisierung des Desktops - ob im Office oder mobil, auf Notebook, iPad oder Smartphone - ist einer der ganz grossen Trends in der Schweiz. «Man denkt konkret über neue Office-Konzepte nach», sagte Michael Schmidt, Country Manager von Citrix Schweiz, im Gespräch mit Computerworld. KMU mit bis zu 150 Mitarbeitern, und das sind über den Daumen gepeilte 85 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz, überlegen zurzeit, ob sich für sie der Eigenbetrieb der IT noch lohnt oder ob sie in die Cloud gehen sollten. «Das wird plattentektonische Veränderungen geben», prophezeit Schmidt.
Der liberalisierte Desktop holt sich Business-Software dort, wo sie am günstigsten zu haben ist. «Any to any» sei ein Eckstein des Virtualisierungskonzepts, betont Citrix-Chef Mark Templeton auf der Citrix Synergy in Berlin. «Der Desktop der Zukunft ist ein Mashup», ergänzt sein CTO Harry Labana. Das heisst konkret: Kunden sollen mehr oder minder problemlos ihre internen On-premise-Anwendungen aus der Cloud ergänzen oder Business-Applikationen in die Cloud auslagern können.
Das Konzept hat Hand und Fuss, denn viele Firmen sehen gemischte, hybride Beschaffungsmodelle, die unternehmenskritische Geschäftsprozesse zunächst «on premise» halten, als wichtigen Zwischenschritt auf dem Weg in die Wolke. Zum Management der komplexen, hybriden Infrastrukturen stellte Citrix seine OpenCloud Bridge und den Cloud Manager vor. Die Lösungen schliessen Cloud-Dienste durch VPN-Technologie (Virtual Private Networks) ans Unternehmensnetz an. Konkurrent VMware hat mit seinem schon im August in San Francisco vorgestellten vCloud Director ein funktional ganz ähnliches Managementprodukt im Angebot. Demnächst werden sich Anwender damit wie aus einem App Store mit Business-Anwendungen versorgen können. Die Herkunft der Software - ob «on premise» oder «on demand» - spielt dabei keine Rolle mehr.
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«Krieg um den Desktop»
Citrix und VMware kämpfen auf dem Markt der Desktopvirtualisierung, der Schnittstelle zwischen On-premise-Apps und Software aus der Wolke, erbittert um Marktanteile. «Auf dem Markt der Server-virtualisierung spüren wir Citrix überhaupt nicht, aber bei der Desktopvirtualisierung liegen die Kräfteverhältnisse bei etwa fünfzig zu fünfzig», gab VMwares Marketingmanager Bogomil Balkansky gegenüber Computerworld an. Was aber leisten die Lösungen der beiden Erzrivalen in der Praxis?
«Was die Hersteller Ihnen nicht verraten», darüber sprach Chris Wolf, Research Vice President bei Gartner, auf der VMworld in Kopenhagen. Wolf ging gnadenlos mit den Desktopvirtualisierungsplattformen gängiger Hersteller wie Citrix, VMware, Microsoft und Oracle ins Gericht, lobte Stärken und geisselte aber auch Schwachstellen. Einige der Hersteller versprechen ihren Kunden eine Verbesserung ihrer Total Cost of Ownership (TCO) um 50 Prozent, die durch Desktopvirtualisierung erreichbar sei. Realistisch seien aber wesentlich niedrigere 12 bis 15 Prozent, sagte Wolf.
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Gartner vergleicht
Für Grossunternehmen, so Wolfs Resümee, kommen eigentlich nur VMwares View 4.5 und Citrix Xendesktop 4 SP1 in die engere Auswahl. Microsoft VDI Suite Premium und Oracle VDI 3.2 sieht er dagegen eher im KMU-Marktsegment angesiedelt. An View 4.5 lobt der Gartner-VP unter anderem die hohe Skalierbarkeit auf bis zu 10000 Desktops (best-in-class), die einfache Implementierung und die «Active Directory»-Integration. Eine Schwachstelle sei die mangelhafte End-Point-Sicherheit, auch die WAN-Performance liesse zu wünschen übrig.
Citrix XenDesktop 4 (SP1 Platinum) dagegen überzeugt mit einer starken Performance im WAN. Die Managementkonsole ist aber nur auf maximal 5000 Desktops ausgelegt. Wolf bemängelt ausserdem unzureichende Integritäts-Checks für Desktop-Images und Konfigurationsdateien. Mit dem in Berlin neu vorgestellten XenDesktop 5 habe Citrix allerdings seine Führungsposition gestärkt, erklärte Wolf gegenüber Computerworld. Insbesondere das neue Managementinterface mache einen sehr guten Eindruck. XenDesktop 5 soll in zehn Minuten aufgesetzt sein. Ein einziges Login reicht aus, um am Desktop, Laptop oder mobil arbeiten zu können.
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Windows verliert
In der Trendumfrage «Swiss IT», mit der Computerworld alljährlich Anwender-unternehmen nach den für sie wichtigsten IT-Themen befragt, belegt die Virtualisierung den Spitzenplatz. Das bleibt nicht ohne Konsequenzen. Traditionelle Betriebssysteme wie Windows oder Linux werden zwar nicht aussterben, aber immer mehr an Bedeutung verlieren. Denn sie sind nicht in der Lage, «on premise» Cloud, Desktop, Laptop und mobile Devices effizient und benutzerfreundlich miteinander zu verzahnen.
Das Zentrum der Innovation - wo die Post abgehe - sei das Virtualisierungslayer, meinte VMware-CEO Paul Maritz auf der VMworld in Kopenhagen. Auch die Fakten sprechen für sich: 2009 wurden erstmals mehr Applikationen auf virtuellen Maschinen als auf physikalischen Servern implementiert. Nicht nur Kostenvorteile (Pay-per-Use-Modell, keine Fixkosten) und Effizienzgewinne, sondern vor allem Zuwächse an Flexibilität, Skalierbarkeit und Agilität überzeugen.
Schnell merken Kunden jedoch, dass sie sich mit der V-Technik nicht nur Business-Vorteile, sondern auch einen Haufen neuer Probleme eingehandelt haben. Virtualisierte Infrastrukturen seien viel leistungs-fähiger als physikalische, aber auch das System der Checks&Balances müsse sich ändern, sagt Maritz. Sicherheits-bedenken adressiert das dreiteilige vShield-Produktportfolio, das VMware bereits vor einigen Wochen in San Francisco vorgestellt hat: vShield Endpoint, vShield Edge und vShield Apps.
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Support für KMU
Für die europäische VMworld in Kopenhagen hatte sich Maritz einige ganz besondere Leckerbissen aufgespart, die in Kalifornien noch nicht zu sehen waren. Etwa den vCloud Request Manager, der Workflows automatisiert und ein Auge auf die Einhaltung von Business Policys wirft. Das Storage-Analysewerkzeug vCenter Capacity IQ 1.5 spielt hypothetische Wenn-dann-Szenarien durch und optimiert die Ressourcen-auslastung. Das ebenfalls in Kopenhagen neu vorgestellte GemFire 6.5 setzt auf dem Applikationsserver vFabric (Tomcat) auf und kümmert sich um Cachemanagement, Datenreplizierung und Partitionierung.
Gute Nachricht für Schweizer KMU, die nur über begrenzte personelle Ressourcen verfügen: Die Migration auf eine virtualisierte Infrastruktur wird leichter. VMware Go Pro hilft KMU per Webbrowser und Wizards bei der Installation der Virtualisierungs-plattform vSphere Hypervisor. Vorkonfigurierte Templates, Konverter-Tools und Kompatibilitäts-Checks erleichtern das Aufsetzen virtueller Maschinen. Go Pro identifiziert ausserdem riskante Maschinen und spielt bei Bedarf Patches ein. Das KMU-Paket, auf der VMworld neu vorgestellt, wird noch im vierten Quartal 2010 erhältlich sein.



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