29.05.2006, 21:07 Uhr

Vom Universum ins Metaversum

Einst verabredete sich die Dorfjugend zur Schummerdisco im Gemeindehaus. Heute findet die Sozialisierung im Cyberspace statt.
Tanzen, plaudern, flirten - aber mehr geht nicht: Virtuelle Clubatmosphäre für 13- bis 19-Jährige vom Land.
Es ist alles da in «The Lounge»: gedämpftes Licht, Jacuzzi, Rausschmeisser. Doch Klamotten- oder Frisurstyling ist kein Thema für die Clubber der Lounge, die von einem gewissen Andrew Littlefield mit seiner Firma «Doppelganger» (sic) betrieben wird. Denn The Lounge exisitiert nur im Cyberspace und erweist sich bei genauer virtueller Inspektion als Kreuzung aus einem Single-Treff wie Myspace.com und einem Onlinespiel à la World of a Warcraft. Solche Online-Communities wecken in jüngster Zeit grosse Aufmerksamkeit. Weil Millionen Surfer sie besuchen, werden sie für Marketingabteilungen hochinteressant.Und so will auch Doppelganger den Duft von Globalität und Coolness, der dem Internet anhaftet, bis in die abgelegensten Winkel der Kartoffel-Staaten der USA bringen - dort, wo man unter «Lounge» den Treffpunkt der Kirchgemeinde versteht und die Abendunterhaltung in Squaredance zu Country-Musik ihren Höhepunkt findet.
Wer bei Littlefield clubt, der kommuniziert mit seinesgleichen via AOLs Instant-Messaging-Dienst. Beruhigend für die Eltern: Die virtuellen Gestalten, die ihre Sprösslinge online treffen, können weder gewalttätig noch sexuell aktiv werden. Was geht: gehen, tanzen, Musik hören, allerhöchstens Küsschen verteilen. Und benimmt sich trotzdem jemand daneben, lernt er den virtuellen Rausschmeisser kennen. «The Lounge» ist damit ein typischer Vertreter eines zunehmend populären Interaktions- und Kommunikationskanals, den Internetter als «Metaverse» bezeichnen. Das sind virtuelle, dreidimensionale Begegnungsräume für spezifische Interessensgruppen. Sie schiessen derzeit wie Pilze aus dem Boden des Cyberspace. Nicht umsonst traf man sich Anfang Mai zum ersten «Metaverse Roadmap Summit» überhaupt.
Catharina Bujnoch



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