24.06.2010, 06:00 Uhr

Unfallverhütung im E-Mail-Postfach

Eine Flut von E-Mails und Spam behinderten die Mitarbeitenden der Schweizer Beratungsstelle für Unfallverhütung bei der Arbeit. Nun können sie wieder mithelfen, Unfälle zu verhindern, statt ihre IT zu managen.
Die Situation war prekär: Das Postfach einiger Angestellten war schon nach einer Woche hoffnungslos überfüllt. «Einige Marketing-Mitarbeiter empfangen manchmal komplette Fernsehbeiträge per E-Mail», berichtet Peter Schönthal, Leiter Informatik bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu). «Das macht keine normale Mailbox und kein Server lange mit.» Die Mitarbeiter der Beratungsstelle in Bern wussten sich nicht anders zu helfen, als die Posteingänge in PST-Dateien auf ihren lokalen Rechnern zu archivieren. «Ein Horrorszenario für die Administratoren, die natürlich die Aufgabe hatten, Sicherungskopien von den Mailboxen anzulegen», so Schönthal. Die separaten PSTs blieben vom Backup ausgeschlossen. Das mit 150 Megabyte Kapazität für viele der 130 Mitarbeiter zu kleine Postfach war aber vor rund einem Jahr nicht die einzige Schwierigkeit, mit der das IT-Team der bfu zu kämpfen hatte. Auch das Spam-Aufkommen war immens. Trotz aktueller Filtertechnologie und Sicherheitslösungen wie McAfees GroupShield landeten noch massenweise unerwünschte Werbebotschaften im Postfach der Anwender.

Jede siebte E-Mail ist Spam

«Teilweise betrug die Spam-Quote bis zu 15 Prozent», gesteht IT-Leiter Schönthal. Die Anwender mussten viel Arbeitszeit aufwenden, um Werbung auszusortieren. Gleichzeitig hatten die Administratoren immer wieder damit zu tun, Filterregeln anzupassen. Der Managementaufwand war für das IT-Personal auch durch das Auslagern von Mailboxen oder die Vergabe von Zugriffsberechtigungen immens. Im Rahmen des «Rapid Deployment Program» (RDP) entschied sich die bfu im August, Exchange 2010 einzuführen. Das Deployment übernahm der Microsoft-Partner Baggenstos aus Wallisellen. Teamleader René Lübke erinnert sich: «Wir haben die bfu-Umgebung auf der Hyper-V-Plattform mit Windows Server 2008 und Exchange 2010 repliziert und intensiv getestet.» Dank des Parallelbetriebs mit dem vorhandenen Exchange 2007 gelang die Migration ohne Störungen des täglichen Betriebs. Die Funktionen von Exchange 2010 erlaubte es Baggenstos, die Anforderungen der bfu speziell zu adressieren. Exchange fungiert dabei sowohl als Mailbox- als auch als Client-Access-Server (CAS) und übernimmt zudem die Hub-Transport-Serverrolle. Ein weiterer Rechner arbeitet als Edge-Transport-Server vor der Firewall und regelt den ein- sowie ausgehenden Mailverkehr. Die Unified-Messaging-Serverrolle empfängt ausserdem Sprachnachrichten und liefert sie den Angestellten ins Postfach.

Unterbrechungsfreier Betrieb

Durch diese Konfiguration erhöhte die bfu die Sicherheit in mehrfacher Hinsicht. Einerseits schützt der CAS vor Ausfällen, indem er zwischen Outlook und dem Mailbox-Server vermittelt. Früher verband sich Outlook direkt mit dem Mailbox-Server. Fiel dieser aus, musste sich der Client neu am Mailbox-Server anmelden, der die replizierten E-Mail-Daten des Nutzers enthielt. Arbeitsunterbruch war die Folge. Mit Exchange 2010 merkt der Endanwender nichts mehr von dem Vorfall; er bleibt auf dem CAS eingeloggt. Der CAS regelt die Neuanmeldung am Ausweich-Server. Zweitens hilft die Edge-Transport-Serverrolle der bfu beim Bekämpfen von Spam. Die Serverrolle bringt knapp ein halbes Dutzend Spam-Abwehrtechnologien mit, darunter Verbindungs-, Absender- und Empfängerfilter sowie eine Absender-zuverlässigkeitskalkulation. Letztere berechnet aus mehreren Absendermerkmalen einen Zuverlässigkeitsindex; dafür werden die Nachrichten selbst analysiert, aber auch Daten für die IP-Zuverlässigkeit, die Microsoft Update liefert. Die Administratoren der bfu haben zusätzlich die Möglichkeit, eigene Kriterien für den Spam-Filter zu definieren, damit verdächtige Nachrichten im Junk-Ordner des Anwenderpostfachs landen oder im Spam-Verzeichnis auf dem Exchange. Als Ersatz für McAfee GroupShield setzt die bfu heute auf Forefront Protection 2010 for Exchange Server, das den IT-Mitarbeitern das Managen der Sicherheits-einstellungen vereinfacht. Laut IT-Leiter Schönthal landet mittlerweile 90 Prozent weniger unerwünschte Post in den Mailboxen der bfu-Kollegen.

Tiefere Kosten für Speicher

Speicherplatz wäre indes vorhanden. Denn die Postfachkapazität wurde im Zuge der Migration von 150 auf 2000 Megabyte erhöht. «Die Endbenutzer sollen sich auf die Inhalte der E-Mails konzentrieren und nicht auf die Zahl empfangener Nachrichten», gibt Schönthal die Marschroute vor. Möglich wird das Plus beim Speicherplatz durch die tieferen I/O-Voraussetzungen von Exchange 2010. Der Microsoft-Server setzt jetzt keine SAN-Lösung (Storage Area Network) für die performante und redundante Ablage der Mailboxen voraus. Stattdessen sind die Postfach-Server in «Datenbank-Verfügbarkeitsgruppen» organisiert, die mittels kontinuierlicher Replikation das automatische Wiederherstellen nach einem Systemausfall erlauben. Teure Spezial-Hardware kann damit durch preisgünstige Speichersysteme ersetzt werden. Die bfu senkt die Kosten pro Gigabyte, indem grössere Festplatten für die Mailbox-Server verwendet werden, sagt der IT-Verantwortliche.

SMS am Arbeitsplatz versenden

Geld spart die Beratungsstelle auch mit dem SMS-Versand per Exchange. Die ActiveSync-Technologie erlaubt das Schreiben und Empfangen von Kurznachrichten, wobei die Texte wie herkömmliche E-Mails im Outlook-Posteingang landen. Daneben empfangen die Aussendienstler der bfu die SMS wie gewohnt auf dem Handy. Kehren sie aber ins Büro zurück, können weniger dringende Anfragen auch vom Arbeitsplatzrechner aus beantwortet werden - oder im Browser via Outlook Web App. Für den Empfänger bleibt der Medienbruch unsichtbar, er erhält eine Kurznachricht mit der Antwort.
Mittlerweile hat die bfu auch die Desktop-Clients mit Office 2010 ausgerüstet. Mit den «MailTips» reduzieren die Angestellten schon jetzt unnötige Aussendungen: So wird der Absender noch vor dem Verschicken einer Nachricht darauf hingewiesen, wenn zum Beispiel ein Empfänger einen Abwesenheitsassistenten aktiviert hat oder das fremde E-Mail-Konto zu grosse Dateianhänge nicht akzeptiert. Das reduziert Fehlermeldungen und Abwesenheitsnotizen. Mithilfe der «Unterhaltungsansicht» gruppiert Outlook E-Mails zu einem bestimmten Thema. Die bfu-Mitarbeiter haben so einen schnellen Überblick über den Verlauf einer Diskussion - selbst wenn sie die Nachrichten mit Regeln in verschiedene Eingangsordner umgeleitet haben. IT-Leiter Schönthal ist überzeugt, dass seine Kollegen ihre Produktivität dank Funktionen wie MailTips und Unterhaltungsansicht «deutlich» steigern können.



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