27.10.2005, 21:43 Uhr

Kundendaten zentral verwaltet

Die Kundenberater der Credit Suisse beziehen alle arbeitsrelevanten Informationen über die integrierte Intranet-Arbeitsplattform Frontnet.
Herbert Brunner, Frontnet-Verantwortlicher bei der Credit Suisse: «Wir haben noch einige Ziele vor uns.»
Vor fünf Jahren waren es die Kundenbetreuer aus dem Segment Private Banking der Credit Suisse leid, die Kundendaten aus diversen Programmen und Systemen zusammenzusuchen. So präsentierten sich beispielsweise die spezifischen Anlageziele oder das Potenzial von Kunden auf verschiedenen Terminal-Bildschirmen. Diese Angaben musste der Berater erst mühsam vereinen, um sich einen Überblick zu verschaffen.
Oswald Grübel, der heutige CEO der Credit-Suisse-Gruppe, entschied im Jahr 2000, dass dem Private-Banking-Bereich ein modernes und rationelles Kundenbetreuungssystem spendiert werden soll. Kurz darauf wurde das Plattform-Projekt Frontnet -lanciert. Grübel wollte damit die Service-Qualität gegenüber den Kunden deutlich steigern. Frontnet sollte zum zentralen Hilfsmittel für die Kundenbetreuung avancieren.
Die Anforderungen an das System waren vielfältig: Es musste die gesamten Geschäftsabläufe der Kundenbetreuung abbilden und den Informationsfluss und Abläufe strukturieren. Auf Knopfdruck sollten die Berater alle wesentlichen Kundeninformationen dargestellt bekommen, um die Kunden professionell beraten zu können. Zudem sollte das System den Relationship Manager von administrativen Tätigkeiten entlasten, damit er den Fokus auf die Betreuung der Kunden legen konnte.
Die grössten Herausforderungen bei der Realisierung und Einführung von Frontnet lagen in der organisatorischen und technischen Komplexität des Projektes. Schliesslich waren beim Start von Frontnet über 2000 Benutzer betroffen.
Als die Credit Suisse vor fünf Jahren mit der Projektierung für Frontnet begann, zeigte sich schnell, dass keine Standard-anwendungen den CS-Anforderungen genügen würde. «Man musste praktisch auf der grünen Wiese beginnen», erläutert Herbert Brunner, aktueller Projektleiter von Frontnet, die damaligen Probleme. Und so gelangten Webtechniken zum Einsatz, frische Applikationen wurden entwickelt und bestehende operative Bankensysteme mussten integriert werden. Während der ersten Realisierungsphase umfasste das Projektteam mehr als 150 Personen und ein Gros von externen Beratern.

Problemfall Kundendaten

Mit einem Zeitplan von nur zwölf Monaten sollte eine erste Version der javabasierten Frontnet-Anwendung zum Einsatz kommen. Als Herausforderung erwies sich dabei die Organisation der Kundendaten. Diese mussten aus unterschiedlichen Plattformen und Datenbanken konsolidiert werden.
Die Herausforderungen waren riesig. Vor allem die damalige Organisation der Kundendaten warfen Probleme auf. Denn sie mussten aus unterschiedlichen Plattformen und Datenbanken zusammengetragen werden.
Ursprünglich war das CRM-System nur für dass Private Banking gedacht. Doch bald zeigte sich, dass im gesamten Umfeld der Credit Suisse ein Bedarf für eine solche Anwendung bestand. In der Folge wurde die Arbeitsplattform auch für die anderen Bereiche der Credit Suisse weiterentwickelt und durch dedizierte Portale immer weiteren Benutzergruppen zugänglich gemacht. Im vergangenen Jahr wurden zum Beispiel die Kundenberater im Retail Banking und in den Contact Centern aufgeschaltet und haben seitdem eigene Portale mit den auf die Bedürfnisse zugeschnittenen Datensichten und Funktionalitäten.

Individuelle Übersichten

Über das Portal erhält der Kundenberater eine individuelle Übersicht über seine Kunden und die anstehenden Aufgaben. Das Portal ist zudem der Ausgangspunkt für die wichtigsten Arbeitsprozesse im Alltag des jeweiligen Benutzers. So deckt das System mittlerweile den gesamten Kundenberatungsprozess ab, beginnend mit der Beziehungseröffnung, Produkteauswahl und Bestimmung von Risikoprofilen, über das Contact Management weiter mit Portfolio-Simulationen und Wertschriftentransaktion bis hin zu bankspezifischen administrativen Aufgaben wie beispielsweise der Überprüfung von Zahlungsflüssen im Rahmen der Geldwäschereiverordnung. Dank der prozessorientierten, intuitiven Benutzerführung können auch neue Mitarbeiter rasch eingeführt werden.

Rund 8500 Benutzer

Heute steht das System nicht nur den Kundenbetreuern im Privat- und Firmenkundengeschäft zur Verfügung, sondern auch dem Management. Über ein eigenes Portal haben Führungskräfte die Möglichkeit, sich über die Beratungsaktivitäten und Verkaufserfolge in ihrem Bereich zu informieren. Die Ansichten können dabei über Organisationsebenen hinweg zusammengefasst oder verfeinert werden. Auch die notwendigen Kontrollen über die Erfüllung regulatorischer Anforderungen werden dem Management erleichtert. Auch die der Credit Suisse angegliederten unabhängigen Privatbanken sind heute Frontnet-User. Zusätzlich haben rund 150 externe Vermögensberater Zugriff auf das System.
Frontnet bietet heute rund 8500 Usern Zugriff auf 30 verschiedene Bankanwendungen, die über 70 Portale bereitgestellt werden. Das System bewältigt parallel bis zu 4000 Anwender. Die Software umfasst derzeit zwei Millionen Zeilen Java-Code, die sich auf rund 400 Komponenten, 300 Servlets und 200 EJB (Enterprise Javabean) verteilen. Täglich werden durch Frontnet über eine Million Serviceaufrufe abgesetzt. Directnet, der Internetbanking-Dienst der Credit Suisse, kommt derzeit
auf rund 600000 Service-Calls pro Ar-
beitstag.
Der Ansatz einer Service-orientierten Architektur wird gemäss Herbert Brunner weiterhin konsequent verfolgt: Aktuell werden hauptsächlich hausinterne Frameworks, beispielsweise für Web-Dialoge, eingesetzt. Die Anwendung von Industriestandards, wie etwa JSF (Java Server Faces) oder Struts, erfolgt teilweise schon heute und wird weiter an Bedeutung gewinnen.

Ende nicht absehbar

Frontnet ist heute laut Brunner eines der wichtigsten strategischen Werkzeuge der Credit Suisse. Ein Ende der Aufgaben sieht Herbert Brunner derzeit allerdings noch nicht: «Wir haben noch einige Ziele vor uns. So werden wir zum Beispiel dieses Jahr noch ausländische Filialen wie Singapur oder Hongkong an Frontnet anbinden und damit die Benutzerzahl weiter erhöhen.»
Roberto de Cia ist freier Autor in St. Gallen
Roberto De Cia



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