26.05.2011, 13:14 Uhr
Harte Pornografie im Cache
Der Besitz von harter Pornografie ist in der Schweiz strafbar. Eine Verurteilung kann daher auch erfolgen, wenn der Browser-Verlauf mit den expliziten Inhalten nicht gelöscht wurde.
Harte pornografische Inhalte werden zunehmend auch hierzulande zu einem Problem. So hat die Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (Kobik) im vergangenen Jahr massiv mehr Verdachtsmeldungen der Kategorie «harte Pornografie» erhalten. Erstmals seit dem Bestehen von Kobik im Jahr 2003 hat diese Kategorie mit über 1700 Meldungen zahlenmässig die Kategorie «Spam» überholt. Fast alle dieser Meldungen aus der Bevölkerung betrafen übrigens Sites mit kinderpornografischen Inhalten. Zur harten Pornografie gehören etwa Inhalte in denen sexuelle Handlungen mit Kindern, Tieren oder menschlichen Ausscheidungen zu sehen sind. Hier liefert das Schweizerische Strafgesetzbucheine klare Definition.
Konsum nicht strafbar
Was früher oftmals via einschlägigen Foren, Mailing-Listen oder mittels Tauschhandel verbreitet wurde, kann in der heutigen vernetzten Welt konsumiert werden, ohne die Inhalte physisch zu besitzen. Und der blosse Konsum ist nach geltendem Schweizer Recht nicht strafbar. Das Bundesgericht in Lausanne hat sich nun vor Kurzem damit auseinandergesetzt, wo in Zeiten des Internet der Konsum aufhört und der Besitz von harter Pornografie anfängt. Aber der Reihe nach: Bei einem Mann, für den die Unschuldsvermutung gilt, wurden elektronische Dateien im temporären Internetspeicher gefunden, die unter anderem sexuelle Handlungen mit Tieren zeigen. Im Berufungsverfahren vorm Obergericht des Kantons Bern wurde er dann allerdings vom Vorwurf freigesprochen, dass er hiermit harte Pornografie besitzt. Zu Unrecht, wie jetzt das Bundesgericht in Lausanne festgestellt hat. Nach dessen Auffassung ist es dabei entscheidend, über welches IT-Know-how ein User verfügt. Auf der nächsten Seite gehts weiter. Konkret bedeutet dies: Sieht man sich im Internet beispielsweise sodomistische Bilder an, werde diese auch im Cache des jeweiligen Browsers abgelegt. Ist man sich dieser technischen Tatsache bewusst und entfernt die Daten aber nicht, verstösst man wegen dem Besitz gegen geltendes Recht und kann somit zu einer Freiheits- oder Geldstrafe verurteilt werden. Im Urteil des Bundesgerichts heisst es, dass hierdurch Besitzwillen manifestiert werde - selbst wenn auf die Daten nicht mehr zugegriffen wird.
Schwierige Beweisführung
Aber wie soll nun festgestellt werden, ob jemand wissentlich den Cache nicht leert, um auf die expliziten Daten wieder zugreifen zu können? Dem Entscheid des Bundesgerichts zufolge ist dies «nach den konkreten Umständen im Einzelfall zu entscheiden.» Hinweise für die Urteilsfindung könnten sich etwa beispielsweise aus der Änderung der automatischen Internet-Einstellungen, dem Nachweis eines Offline-Zugriffs oder aus den jeweiligen allgemeinen Fachkenntnissen im Umgang mit Computern und Internet ergeben. Es ist wohl davon auszugehen, dass die Beweisführung hier nicht allzu einfach werden dürfte. Aussserdem darf man nicht ausser Acht lassen, dass sich mittels forensischer Methoden praktisch alle gelöschten Dateien wieder herstellen lassen. Auch wenn man Informationen von seinem Rechner entfernt, sind diese noch lange nicht im Nirvana verschwunden und lassen sich - geeignete Fachkenntnisse vorausgesetzt - rekonstruieren.
Harald Schodl