03.05.2006, 07:56 Uhr

Ich denke, also bin ich drin

Künftig sollen sich Anwender identifizieren können, indem sie an ein Passwort denken.
Mit Hilfe von Hirnstrommessungen sollen wir dereinst Zugang zu Computersystemen erhalten. Bild: EPFL
Im digitalen Zeitalter stellen sich nicht nur Philosophen die Seinsfrage. Im Gegenteil: Es gibt kaum noch Systeme, die nicht nach der Identifikation des Anwenders verlangen. Meist geschieht dies durch eine Unzahl von Passwörtern, die die Benutzer auswendig lernen und eingeben müssen.
«Wäre es nicht viel einfacher, einfach an ein Passwort zu denken, um Einlass zu erhalten?», fragt sich Julie Thorpe von der Carlton-Universität im kanadischen Ottawa. Zusammen mit weiteren Forschern tüftelt die Doktorandin an einem «Pass-Gedanken» genannten Verfahren, mit dem sich Anwender gegenüber einem Computersystem identifizieren, indem sie an ein Passwort denken.
Thorpe stützt sich bei ihren Bemühungen auf Vorarbeiten, die etwa auch an der ETH Lausanne (EPFL) geleistet wurden. Dort ist man bei der Suche nach der Steuerung von Prothesen durch Gedanken auf Probleme gestossen. «Die Hirnströme, wie sie ein EEG(Elektro-Enzephalograph) ausgibt, unterscheiden sich von Individuum zu Individuum», berichtet Touradj Ebrahimi von der EPFL. Genau diese Einzigartigkeit der Hirnsignale will sich nun Thorpe zu Nutze machen.
«Selbst wenn ein Hacker weiss, dass ich jeweils an einen braunen Hund denke, wenn ich in ein System will, könnte er mein Hirnstrommuster nicht reproduzieren», meint sie. Der Pass-Gedanke wäre somit genau so sicher wie ein biometrisches Zutrittsverfahren à la Fingerabdruck- oder Iris-Scan. Gegenüber den Methoden mit reinen Körpermerkmalen hat es allerdings den Vorteil, dass es änderbar ist. «Gelingt es dem Hacker, das verschlüsselte Pass-Gedanken-File zu stehlen, könnte ich dieses ändern. Meinen Fingerabdruck kann ich dagegen nicht wechseln.» Dass die grosse Masse bald auf ihre Postfächer mit einem Gedanken zugreift, liegt allerdings noch in weiter Ferne. Denn zwei Hauptprobleme stehen einer baldigen Einführung im Wege. Zum einen sind die Signale, die mit einem EEG empfangen werden, noch recht undeutlich. Zum anderen ändern sich die Hirnströme zu bestimmten Gedanken im Laufe der Zeit. Deshalb schlägt Jacques Vidal von der UCLA in Los Angeles ein System vor, das misst, was für Hirnströme bei einem bestimmten Ereignis fliessen, etwa wenn ein bestimmter Schall ertönt oder eine Farbe aufleuchtet.
Ein weiteres Problem ist die EEG-Messung überhaupt: Es ist kaum elegant, wenn sich Anwender beim Öffnen einer Türe mit Elektroden bespickte Badekappen überziehen müssen.



Das könnte Sie auch interessieren