Expertin 19.10.2011, 07:00 Uhr

mit ByoD das Büro abschaffen

Das Büro ist einer der unproduktivsten Orte der Welt, sagen Experten. Effizienter arbeiten lässt sich sogar im Kaffeehaus. Die Technik dafür ist längst vorhanden.
Der Willis-Bau in Ipswich mit begrünter Dachterrasse gilt als Vorbild für moderne Büros (Bild: Foster + Partners)
Vor 35 Jahren waren Computer noch nicht tragbar, Telefone noch nicht mobil. Schon damals entwarf der Architekt Norman Foster für die Versicherungsgesellschaft Willis, Faber and Duma im ostenglischen Ipswich ein Büro der Zukunft. Der Bau ist heute Vorbild für moderne Verwaltungsgebäude, wie sie etwa Cisco, Google und seit Anfang Monat auch Microsoft in der Schweiz unterhalten. In FostersKomplex und in den Filialen der Hightech-Unternehmen haben Angestellte keine festen Arbeitsplätze. Vielmehr entscheiden sie je nach aktueller Aufgabe, in welchem der unterschiedlichen Arbeitsbereiche sie am produktivsten sein können. Wer mit Kunden telefonieren muss, wählt eine schallgeschützte Telefonbox. Für das Beantworten von E-Mails eignet sich ein freier Schreibtisch oder auch der Lounge-Bereich; für das Meeting mit Kollegen sowie Geschäftspartner kann ein Konferenzraum gebucht werden. «Der maximale Belegungszeitraum in Videokonferenzsälen zwingt uns, Aufgaben in der gebuchten Stunde zu erledigen», weiss Susanne Ruoff, CEO von BT Switzerland, aus der Erfahrung. Werde die Zeit überschritten, drängten schon die Kollegen in den Raum und das eigene Meeting muss nach dem Unterbruch fortgesetzt werden.

Produktivitätskiller Büro

Die Büro-Organisation in Arbeitsbereiche für spezifische Anforderungen verspricht massive Produktivitätsgewinne, erklärte BT-Zukunftsforscherin Nicola Millard an einem Medienanlass in Zürich. «Angestellte sind bis zu 80 Prozent effektiver in den modularen Arbeitsumgebungen», zitiert Millard aus Forschungsarbeiten. Herkömmliche Büros seien dagegen einer der unproduktivsten Orte der Welt, da Arbeitnehmer dort mannigfaltigen Störungen ausgesetzt seien. Für Unternehmen wie hierzulande Cisco, Google oder Microsoft lohnten sich Investitionen in die Bürogestaltung aber nicht allein wegen des Produktivitätszuwachses, führte Millard aus. Auch blieben weniger Schreibtische tagelang leer. Eine Konsequenz: Ohne feste Arbeitsplätze könnten die Räumlichkeiten von mehr Angestellten genutzt werden. Nächste Seite: «Bring your own Device» Für immer mehr Unternehmen hierzulande offenbar der nächste Schritt ist der Verzicht auf firmeneigene Computer. «Bring your own Device ist zurzeit ein Megatrend», sagt Axel-Christoph Hinze, Sales Director von BT Switzerland.
Die treibende Kraft für «Bring your own Device» (ByoD) seien häufig gar nicht die Nachwuchsmanager oder «Digital Natives». Laut Millard gehen ByoD-Anstrengungen beim britischen Telekommunikationskonzern BT auf das oberste Management zurück. «CEO Ian Livingston wollte mit einem iPad arbeiten», erzählt die Zukunftsforscherin. Eine Sperre der E-Mails auf dem Apple-Tablet wegen eines Sicherheitsvorfalls musste die IT-Abteilung umgehend wieder aufheben. Livingston hatte sich beschwert.

Arbeitsplatz für eine Tasse Kaffee

ByoD ist nach den Worten von Millard aber noch nicht der neuste Trend. In Skandinavien etablierten sich neue Arbeitsformen in kommerziellen Kaffeehäusern. Angestellte gingen gar nicht mehr in ein Bürogebäude, sondern machten auf dem Weg von der Bahn oder dem Flieger in einem Selbstbedienungsrestaurant Halt. Die «Coffices» böten sowohl Kaffee als auch einen schnellen Internetzugang an. Das WLAN genüge Mitarbeitern häufig, die mithilfe ihres Laptops auf den virtuellen Arbeitsplatz der Firma zugreifen. Für den Arbeitgeber bedeutet das: «Die Kosten für den Schreibtisch sind der Preis für einen Kaffee», sagt die BT-Forscherin mit einem Augenzwinkern.



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