02.04.2008, 10:55 Uhr

Atom-Schlag in Shanghai

Mit MIDs (Mobile Internet Devices) will Intel ein neues Zeitalter für hochmobile Internetcomputer einläuten. In Shanghai hat die Chip-Riesin nun ihre «Atom»-Prozessoren vorgestellt. CW-Redaktor Daniel Bader war exklusiv vor Ort dabei.
Unser Redaktor Daniel Bader informiert sich momentan vor Ort am Intel Developer Forum in Shanghai über die neusten Entwicklungen der Chip-Produzentin.
Intel sieht eine rosige Zukunft für MIDs: Die kleinen Internetcomputer sollen bequem in der Handtasche Platz finden, und als elegante Infotainmentsysteme (Video-Player, Navigationsgerät, Mini-Tablet-PCs) fürs Auto, das Motorrad und - als ruggedized-Variante - sogar für den harten Aussendienst prädestiniert sein. Zugunsten überragender Mobilität sind sie kompakt gebaut, bieten bei etwa 19 cm Breite und nur 2,6 cm Höhe einen Bildschirm mit 15 cm Bilddiagonale. Und auch die Power soll stimmen - dank der neuen «Atom»-Prozessoren von Intel.

Kleiner und sparsamer

Insgesamt fünf verschiedene Atom-Prozessoren (Codename «Silverthorne») bilden die Basis für die neuen MIDs. Sie heissen Z500, Z510, Z520, Z530 und Z540. Der Z500 taktet mit 800 MHz, die beiden schnellsten laufen mit einer Frequenz von 1,6 beziehungsweise 1,83 GHz. Alle fünf Modelle sind mit Intels Stromsparmechanismus «Enhanced Speed Step» ausgestattet, die beiden Modelle Z530 (1,6 GHz) und Z540 (1,86 GHz) binden zudem mit Hilfe der Hyper-Threading-Technologie einen zweiten virtuellen Prozessor ins System ein, um Arbeits-schritte weiter zu beschleunigen. Intel selbst bezeichnet die CPUs, die im 45-nm-Prozess (high-k metal gate-CMOS-Technologie) hergestellt werden, als «die kleinsten und schnellsten Chips, die im Betrieb weniger als 3 Watt TPD (Thermal Design Power, modellabhängig von 0,6 bis 2,4 Watt) verbrauchen».
Im Vergleich zu Notebook-CPUs, die auf 35 Watt kommen, gehen die CPUs also viel genügsamer mit der Akkureserve um. Schöne Nebenwirkung: Die Geräte werden aufgrund des kleineren Prozessordesigns ein ganzes Stück schlanker.

HDTV-Qualitäten

Angebunden werden die Atom-CPUs an den sogenannten System Controller Hub, den Chipsatz. Schönere Bilder verspricht die integrierte Grafikeinheit, die HDTV-Videodaten im hochauflösenden 720p- (1280 x 720, progressive Vollbildverfahren) und im 1080i-Format (1920 x 1080, interlaced, Halbbildverfahren) in Hardware dekodieren kann - was zusätzlich die CPU entlastet. Weitere Zückerli sind Highspeed-Anbindungen über USB-, PCI-Express-, WLAN-Schnittstellen sowie GPRS. Als Gerätehersteller von MIDs werden unter anderen Asus, BenQ, Gigabyte, Lenovo, LG, Panasonic, Samsung, Sharp und Toshiba aufgeführt. Erste Geräte sollen schon in diesem Sommer bereitstehen.

Notebooks nach Wunsch

Ebenfalls in diesem Jahr erfahren auch Notebooks eine Auffrischung. Die noch unter dem Codenamen «Montevina» laufende neue Plattform soll als «Centrino-2»-Technologie mehr Tempo und eine um bis zu 20 Prozent bessere Akkulaufzeit mitbringen. Überdies wird Intel die Centrino-2-Notebooks erstmals mit integriertem WLAN- und WiMAX-Modul anbieten. Die Breitbandverbindung WiMAX bietet Übertagungsraten von circa 70 Mbit/s bei Reichweiten von bis zu 50 km. Für den Schweizer Markt ist das aber noch zu früh, denn die Swisscom sieht für WiMAX noch keinen Handlungsbedarf.

Atom-Schlag in Shanghai

Trostpflaster für Entertainer: Der Chipsatz bietet erstmals nativen Support für das Abspielen von HD-Videomaterial, etwa ab Blu-ray-Disks.
Spannend sind die neuen «Netbooks»: Sie kommen in Abmessungen, die man vom Asus EEE PC kennt (7-Zoll-Display), dienen als Mini- und Subnotebook, und sind ebenfalls mit Atom-CPUs ausgestattet. Die als «easy-to-use» spezifizierten Geräte fürs Surfen oder E-Mailen sollen schon ab Juni 2008 zu haben sein.

Server und Power-Desktops

Interessantes gibt es auch bei Intels neuer Prozessor-Familie für Desktop-PCs, die bis dato noch unter dem Codenamen «Nehalem» gehandelt wird.
Sie wird im vierten Quartal 2008 bereit stehen, wahlweise als Zwei-, Vier-, Sechs- oder Achtkern-Variante. Ihren Dienst wird sie nach Ermessen von -Intel zuerst als Highend-Desktop-Prozessor sowie in Dual-Prozessor-Server-Systemen verrichten. Erst ab 2009 wird es günstigere Desktop- und strom-sparende Notebook-Varianten geben.

Die Zukunft im Visier

Mit ihrer künftigen «Larrabee»-Architekur will Intel überdies eine Antwort auf die steten Fragen nach höherer Computer-Leistung, deutlich ausbaufähiger System-Bandbreite und einer Grafikbeschleunigung, die fotorealistisches 3D-Rendering in Echtzeit und komplexe Langzeitberechnungen (Wetterdaten etc.) in nützlicher Frist erlaubt gefunden haben. Die Chip-Riesin hält sich diesbezüglich zwar noch arg bedeckt, spricht nur von «Many-cores», und meint damit die Parallelschaltung einzelner Larrabee-Einheiten. Wohl ein Haupteinsatzgebiet von Larrabee dürfte indes Ray Tracing sein. Mit diesem Verfahren lassen sich 3D-Szenen besonders gut durch die CPU berechnen - ganz ohne klassischen Grafikchip. Dabei werden Texturen und Spiegelungen an 3D-Objekten über einen ausgesendeten Strahlengang exakt berechnet und dargestellt. Larrabee ist, erklärte Intel-Chef Paul Ottelini in Shanghai, X86-Code-kompatibel und soll derartigen Berechnungen einen gehörigen Schub verpassen. Um jedoch auch heute schon bestehende Programme oder Spiele mit Larrabee wirkungsvoll zu beschleunigen, dürfte allerdings eine Software-Optimierung der Anwendung erforderlich werden. Wann und in welcher Form die Architektur in Intels Plänen ein fester Bestandteil sein wird, gab die Chipherstellerin noch nicht bekannt. Im besten Fall wird dies aber sicher noch zwei bis drei Jahren dauern.



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