«D-LUX» 11.05.2006, 11:32 Uhr

Insourcing bei der Credit Suisse

Beim Informatikprojekt «Depotbank CS Luxembourg» (D-Lux) der Credit Suisse wurde erstmals eine ausländische Bank auf die hiesige «Swiss Banking-IT-Plattform» aufgesetzt.
Durch die enge Verzahnung von Business und IT machte sich der hiesige CS-Standort fürs Insourcing attraktiv.
Mit einem IT-Insourcing-Vorhaben hat die Credit Suisse (CS) gezeigt, wie viel Potenzial in Sachen IT im Hochlohnland Schweiz besteht. Hinter dem Projekt «Depotbank CS Luxembourg» (D-Lux) steht die Migration der IT-Infrastruktur der luxemburgischen CS-Depotbank auf die «Swiss Banking-IT-Plattform» (SBIP) der CS in Zürich.
Bei der Umsetzung von D-Lux hat sich die CS für eine unkonventionelle Vorgehensweise entschieden und gegen den Trend zum Offshoring von IT-Dienstleistungen bei diesem Projekt auf Insourcing gesetzt. Ausserdem haben die Zürcher Banker speziell die Interdisziplinarität des Banking und der IT im Auge gehabt. Die Depotbank «CS Luxembourg» hat ein IT- und Operations-Offshoring mit Entwicklungsleistungen im Wert von rund 10 Millionen Franken in die Schweiz an die CS-Zürich vergeben. Massgebend dafür war der kompetitive Preis. Neu für die CS-Zürich war bei diesem Projekt, dass erstmals eine ausländische Bankentochter auf das Schweizer IT-System aufgesetzt wurde.
An der Umsetzung arbeiteten rund 250 IT-Spezialisten und rund 150 Fachleute von der Business-Seite aus Zürich mit. In Luxemburg waren zudem nochmals rund 50 Personen beteiligt. Die Laufzeit des Anfang 2004 gestarteten Projektes belief sich auf rund 18 Monate, so dass D-Lux im Sommer 2005 in Betrieb genommen werden konnte. Vermögenswerte von mehreren Dutzend Milliarden Franken wurden bei der Migration übertragen. Heute sind es bereits 300 bis 400000 Transaktionen pro Jahr, die auf dem Schweizer System abgewickelt werden. Erich Schuler, IT-Projektleiter bei der CS in Zürich erläutert die Hintergründe von D-Lux. «Die CS-Luxembourg agiert seit Juni 2005 als Depotbank für die verschiedenen Fonds der Credit Suisse Asset Management Luxembourg und ist dabei dem luxemburgischen Recht unterstellt». Um die Migration in die Schweiz zu ermöglichen, wurde ein neuer Mandant geschaffen, erklärt der IT-Mann beim Gespräch im Üetlihof. «Die Lösung basiert auf dem bestehenden Konzept der Swiss Banking-IT-Plattform der Credit Suisse, die bei der NAB (Neue Aargauer Bank), Bank Leu und Bank Hofmann schon einige Jahre im Einsatz ist», ergänzt Nik Müller, Programm-Manager für das Projekt von der Business-Seite.
Bei der gewählten Umsetzung profitiere die Tochterbank in Luxemburg von den bestehenden SBIP-Funktionen und von den künftigen Investitionen in diese Plattform, erklärt Schuler die Vorteile des D-Lux-Projektes. Und sein Kollege Müller ergänzt, dass der allgemeine Trend es für kleine Banken zunehmend schwieriger mache, die vergleichsweise hohen IT-Investitionen aufzubringen. Die seien aber auch in Zukunft unumgänglich, weil die Ansprüche der Kunden beispielsweise bei Internetlösungen weiter steigen. Ausserdem würden regulatorische Vorgaben wie SOX (Sarbanes-Oxley) oder Basel II immer umfangreicher und damit auch finanziell aufwändiger, so Müller.
Bei D-Lux konnte CS zunächst zwar von den SBIP-Basisfunktionen profitieren, die auch eine Depotbank nach luxemburgischem Recht benötigt. Sie waren in allen Bereichen (Wertschriften, Payments, Treasury, Accounting) vorhanden. Doch völlig neu realisieren musste das Team von Schuler und Müller neben den regulatorischen Anpassungen auch das Reporting für die Aufsichtsbehörden in Luxemburg und für die luxemburgische Zentralbank.
«Die Systeme auf SBIP sind grundsätzlich mandantenfähig», fügt Meinrad Käppeli, IT-Manager bei CS, hinzu. Sie seien mit D-Lux aber weiter ausgebaut worden, erklärt er die Rückwirkung der Übernahme des D-Lux-Projektes auf SBIP.
Die Mandantenfähigkeit zu erhalten und weiter auszubauen sei vor allem eine Fleissarbeit, sagt Schuler. Dabei sind die Programmierer allerdings täglich gefordert, den Aspekt «Multi Entity Capability» in ihrer Arbeit zu berücksichtigen.
Der Erfolg der intensiven Zusammenarbeit von Business und IT in diesem Projekt ist für die beiden Projektleiter unübersehbar. D-Lux hat sich dabei nicht nur als einzelnes Projekt bezahlt gemacht. Müller und Schuler gehen davon aus, dass die CS das Vorgehen bei D-Lux künftig verstärkt in anderen Projekten berücksichtigen wird.
Die Projektumsetzung wurde bewusst so gewählt, dass für jeden Applikationsbereich ein Business-Projektleiter und ein IT-Projektleiter von Anfang an gemeinsam als Team aufgetreten sind. Die Projektleitung und die Auftraggeber aus Luxemburg trafen so permanent auf kompetente Zweierteams. Wobei die zielorientierte Kommunikation dabei zu einem entscheidenden Faktor wurde, wie Schuler festhält.
Neben den üblichen Gremien und vielen Sitzungen waren dabei vor allem Telefon- und Video-Konferenzen zwischen Zürich und Luxemburg angesagt. Um die Kommunikation zu unterstützen und das Projekt zu beschleunigen, standen diverse Tools im Einsatz. So konnten etwa Präsentationen, Befundlisten aus Reviews, Pendenzlisten, Business Cases, aber auch End-to-End-Prozesse weltweit in Echtzeit an mehreren Bildschirmen angezeigt und bearbeitet werden.
Auch nach Ende des Projektes im Sommer 2005 wurden die Funktionen der Depotbank in Luxemburg punktuell weiter ausgebaut. Derzeit wird das Modell für den Einsatz in anderen Länder geprüft. Gemäss Schuler und Müller sind entsprechende Geschäftsmodelle in Arbeit. Wichtig sei, dass die jährlichen massiven Investitionen in die Funktionalität der SBIP auch international nutzbar gemacht werden, sind sie sich einig.
Der Erfolg der IT-Migration von Luxemburg in die Schweiz hat den Entscheid zur Bildung der neuen Privatbank Clariden Leu IT-mässig sicher unterstützt, halten Branchenkenner fest. Die CS gehöre mit der Umsetzung von D-Lux zu den Vorreitern einer neuen, «industriellen» Ära in der Banken-IT.
Volker Richert



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