Tapit 22.09.2014, 11:38 Uhr

Swisscoms verkorkster Start - nun greifen die Banken an

Tapit bereitet Swisscom Kopfzerbrechen: Die App verzeichnet einen schwachen Start, zusätzlich droht neue Konkurrenz und der Telco-Riese hängt am Gängelband von Apple
Die Swisscom-Bezahlapp Tapit hat nicht gerade einen erfolgreichen Start hingelegt
Swisscoms Bezahldienst Tapit soll NFC in der Schweiz zum Durchbruch verhelfen. Zwar haben Firmen wie Coop, Migros oder Valora ihre Terminals bereits für einiges Geld umgerüstet, doch noch hat sich in der Schweiz keine Lösung so richtig durchgesetzt. Eine Umfrage von Comparis unter Kreditkartenbesitzern im Sommer zeigte, dass nur 12 Prozent derjenigen, die NFC bereits nutzen könnten, dies auch regelmässig tun. 73 Prozent nutzten NFC nie. Zu unsicher sei der Dienst, fand die Mehrheit. Dies will sich Swisscom zu Nutze machen. Als bekannte Schweizer Marke steht man für Vertrauen, konnte in den letzten Jahren die Bevölkerung von der eigenen Innovationskraft überzeugen. Da Swisscom bewusst ist, dass man darum die Chance hat, mit einem gross angelegten Ökosystem eventuell die eigene Lösung als NFC-Standard in der Schweiz zu implementieren, sind auch Orange und Sunrise eingeladen, Tapit anzubieten. Das potenzielle Marktvolumen läge also bei rund 12 Millionen Mobilfunkverträgen. Bloss spielt eine Firma bislang nicht mit und macht Swisscom einen Strich durch die Rechnung: Apple. Zuerst verweigerte sich die Firma der NFC-Technik ganz und wollte ihren Standard iBeacon gegen fast die gesamte Welt durchboxen. Dass dies nicht funktioniert, hat man zwar mittlerweile in Cupertino gemerkt und hat das iPhone 6 NFC-tauglich gemacht. Doch gemäss verschiedenen Gerüchten ist NFC rund ein Jahr lang für Apples eigenen Bezahldienst Apple-Pay reserviert. Ob das iPhone 6 darum Tapit unterstützt, ist unklar. Die Swisscom wusste auf Anfrage nichts Genaueres und musste auf laufende Abklärungen verweisen.

Banken contra Telkos

Zusätzliche Konkurrenz erhält die Swisscom nun von den Banken. Wie die Schweiz am Sonntag schreibt, arbeiten die Banken an einem Konkurrenzsystem namens SwissALPS.  Dieses solle «offener» sein als Tapit, sagt Swisscard-Entwickler Tobias Ott. Oder mit anderen Worten: man will nicht auf NFC in SIM-Karten vertrauen und damit die Telkos ausschliessen. Stattdessen soll direkt auf Apple Pay gesetzt werden. «Die Zukunft wird ohne SIM funktionieren», sagt Roland Zwyssig, Marketing-Chef der Kartengesellschaft Viseca/Aduno, der Zeitung. «Bringen nicht wir eine solche Lösung, tuts ein ausländischer Anbieter.» Entsprechend ist man laut eigener Aussage in engem Kontakt mit Visa, Amex und Mastercard. Im Oktober sei ein Meeting mit Apple geplant. Ob Apple mit den Schweizer Banken zusammenarbeiten will, wird sich zeigen. Allzu gut ist das Verhältnis der Amerikaner mit unseren Finanzinstituten bekanntlich nicht mehr. Für Swisscom sind das trotzdem keine guten Neuigkeiten. Denn noch ist die eigene App viel zu wenig verbreitet, um sich unentbehrlich zu machen. Gemäss Angaben im Google-Play-Store wurde die App bisher zwischen 5000 und 10 000 Mal heruntergeladen. In den rund 3 Monaten ihres Bestehens keine wirklich grosse Zahl. Die durchschnittliche Bewertung ist mit 2,5 (von 5) Punkten zudem eher schlecht. Wie viele Tapit-SIM-Karten Swisscom bisher ausgestellt hat, sagt sie nicht.

Verzögerungen zum Auftakt

Kommt dazu, dass Swisscom offenbar Probleme hat, ihr Ökosystem aufzubauen. Seit Beginn werden zwar die VISA-Karten von Cornèrcard unterstützt. Aber ansonsten tut man sich schwer, Anbieter zu finden. Seit August hätte Tapit gemäss früheren Swisscom-Aussagen eigentlich auch die Mastercard von Viseca unterstützen müssen, auf der Tapit-Webseite ist davon Stand heute aber nichts zu sehen. Zudem hätte ebenfalls im August Tapit für Prepaid-Kunden verfügbar sein sollen. Auch da konnte der Zeitplan nicht eingehalten werden. Wie die «SchweizamSonntag» schreibt, haben auch andere Kreditkartenfirmen Bedenken. Die Credit-Suisse-Tochter Swisscard mit mehr als einer Million Kreditkarten, Cembra (Migros Cumulus) mit 570 000 Karten und Postfinance mit 350 000 Karten würden Tapit definitiv nicht unterstützen. Und die UBS mit rund einer Millionen Kreditkarten befände sich immer noch in Tests. Noch ist Tapit nicht gescheitert, die App steckt quasi noch in den Kinderschuhen. Diese Woche soll Aduno/Viseca mit MasterCard ins Ökosystem dazustossen. Hinzu kommen - vermutlich bis Ende Jahr - die Kunden von Sunrise und Orange. Und die UBS und andere Anbieter könnten sich nach wie vor für die Swisscom-Lösung entscheiden. Zudem kann die App mehr als reines Bezahlen, auch können Treuepunkte gesammelt und Türen geöffnet werden, womit man ein alternatives Partzernetzwerk aufbauen kann. Aber nur falls sich Apple für Tapit entscheidet, dürfte das bedeuten, dass sich die NFC-Zahlung mittelfristig auf der SIM-Karte durchsetzen wird. Ansonsten ist die Penetration schlichtweg zu gering und die Finanzinstitute dürften das grössere Ökosystem aufbauen können. Entsprechend nervös dürften die Schweizer Telkos und Banken in nächster Zeit auf Nachrichten aus Cupertino warten.



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