15.02.2007, 09:19 Uhr

Swisscom schnappt sich Grossauftrag

Credit Suisse lagert weltweit ihre Kommunikations- und Netzwerktechnik aus. Rund ein Drittel des 1,4 Milliarden Franken schweren Auftrags geht an Swisscom Solutions.
Zum Auftragsgewinn verdammt: Urs Schaeppi, Chef der Solutions-Sparte von Swisscom, musste den Outsourcing-Auftrag der Credit Suisse gewinnen. Hätte die Konkurrenz gewonnen, wäre das Swisscom-Netz unter Druck geraten.
Unter der Projektleitung ihres Netzwerk-Chefs James Walker hat Credit Suisse (CS) am vergangenen Montag ihr internationales Netzwerk und dessen Mangement an British Telecom (BT) ausgelagert. Das in London eingefädelte Outsourcing wird am 1. Mai an BT übergeben, die auf nationaler Ebene mit Partnern kooperiert.
In der Schweiz wird dieser Auftrag mit der Swisscom-Tochter Solutions umgesetzt. Mit nahezu einem Drittel des Auftragsvolumens ist Swisscom Solutions insgesamt grösster BT-Partner in diesem Projekt. International wechseln 231 CS-Mitarbeiter und rund 50 externe Angestellte den Arbeitgeber.
Adrian Schlund, seit vier Monaten Chef BT Schweiz, betont, der Löwenanteil der Dienstleistungen werde Swisscom erbringen. «BT Schweiz wird einen Teil der globalen Aktivitäten koordinieren und nur wenige eigene Services liefern», erklärt er die Arbeitsteilung in der Schweiz. Spezifischere Angaben dazu sind von BT nicht zu bekommen.

BT Schweiz

Schlund meint, dass für BT ohnehin weniger die Grössenordnung, als vielmehr der Rahmen des Deals wesentlich sei. «Mit dieser konvergenten IP-Infrastruktur für Sprach- und Datenkommunikation wird eine neue Dimension der Kommunikation und Zusammenarbeit ermöglicht», meint Schlund für das Projekt punkten zu müssen und fährt im gleichen Ton fort: «Hier kommen nicht nur einzelne Geräte, Netzwerke oder Medien zusammen, vielmehr wird eine völlig neue Zusammenarbeit auf globaler Ebene ermöglicht.» Bewirken sollen das mehrere Millionen Franken Investitionen, für die ein «Innovations Fund» im Vertrag verankert worden ist, den die Partner gemeinsam speisen.
Ob und wie sich der CS-Vertrag in den Umsatzzahlen seiner BT-Dependance auswirkt, will Schlund nicht näher ausführen. Schweizer Zahlen weise die BT-Gruppe nicht gesondert aus.

Swisscom schnappt sich Grossauftrag

Swisscom Solutions

Zurückhaltend mit detaillierten Zahlen ist auch der Chef von Swisscom Solutions, Urs Schaeppi, der den Grossauftrag im Gespräch mit Computerworld exklusiv erklärt.
Computerworld: Was umfasst der Vertrag im Detail?
Urs Schaeppi: Im Grunde genommen das gesamte Netzwerk- und Telekom-Portfolio der CS. Also sämtliche Festnetz- und Mobilfunkdienste, das LAN, Security-Leistungen und RAS (Remote Access Services), jeweils mit den dazugehörenden Management-Aufgaben.
Computerworld: Wie verteilen sich die Aufgaben zwischen BT und Swisscom Solutions?
Urs Schaeppi: Vereinfacht gesagt übernimmt Swisscom die CS-Infrastruktur und -Betreuung in der Schweiz sowie einige globale Aufgaben wie RAS und Order-Prozesse. BT ist grundsätzlich für die Aufgaben im Ausland zuständig. Daneben gibt es Querschnittsaufgaben, wie bei allen Aufträgen dieser Grössenordnung. Wir haben versucht, eine vernünftige Verzahnung zwischen beiden Firmen zu finden. Das erlaubt es CS, auf einen Ansprechpartner zurückzugreifen. In bestimmten Prozessen sind wir im Lead und in anderen BT.
Computerworld: Was passiert konkret am 1. Mai 2007, wenn der Vertrag in Kraft tritt?
Urs Schaeppi: Wir übernehmen die Verantwortung für den Betrieb der Netze und deren Management sowie die personellen Ressourcen. Dafür müssen bei CS wie bei uns zunächst saubere Schnittstellen geschaffen werden. Anschliessend folgt die Transformation.
Computerworld: Wie lange haben Sie für die Migration Zeit?

Swisscom schnappt sich Grossauftrag

Urs Schaeppi: Es gibt keine konkreten Vorgaben. Wir haben die bestehenden Leistungen sicherzustellen. Da darf es keinen Einbruch geben. Je schneller wir migrieren, umso rascher können wir Synergien nutzen und in unserem Interesse die Kosten optimieren. Dabei muss zu jedem Zeitpunkt die richtige Qualität garantiert sein.
Computerworld: Welche Rolle spielte eigentlich der Preis bei diesem Vertrag?
Urs Schaeppi: Der Preis stellt immer eine wichtige Dimension dar. Doch für ein Outsourcing gibt es diverse Gründe. Einer davon ist natürlich die potenzielle Kosteneinsparung, die CS erwartet. Andere Aspekte sind Flexibilität in Zeiten raschen Technologiewandels und der Wunsch nach Innovationen.
Computerworld: Steht denn ein Technikwechsel bei CS bevor?
Urs Schaeppi: Technologie- und Netz-Konvergenz spielen hier eine grosse Rolle, insbesondere die Verschmelzung von Mobil- und Festnetz zu einer IP-Welt.
Computerworld: Ein Drittel des Vertragsvolumens gehen an Swisscom. Wird sich das Konzernergebnis ändern?
Urs Schaeppi: Freilich generieren wir mit diesem Vertragsabschluss zusätzliche Wertschöpfung und weiteren Umsatz. Man muss aber beachten, dass nicht alles davon Neugeschäft ist. Zudem rechnet sich das Vertragsvolumen über die Gesamtlaufzeit von fünf Jahren. Aufs Jahr herunter gebrochen und im Verhältnis zum Umsatz einer Swisscom von fast zehn Milliarden Franken hat das keinen wesentlichen Einfluss auf das Konzernergebnis. Aber aufgrund des rückläufigen Kerngeschäfts sorgt der Deal insgesamt für Umsatzsicherung und leichtes Wachstum.
Computerworld: Wie viele CS-Mitarbeiter werden zur Swisscom wechseln?
Urs Schaeppi: Rund 90 Mitarbeitende werden zu Swisscom -Solutions kommen. Hinzu kommen einige der etwa 50 so genannten Contractors, also Berater und freie Mitarbeiter.
Computerworld: Wo werden diese neuen Angestellten arbeiten?

Swisscom schnappt sich Grossauftrag

Urs Schaeppi: Sie werden dort eingesetzt, wo sie für die CS den besten Service erbringen. Viele von ihnen vor Ort bei der CS, um den Support sicherzustellen. Gewisse Prozesse werden wir aber mittelfristig zentralisieren. Alle vom Outsourcing betroffenen Mitarbeiter erhalten von uns ein Vertragsangebot, das im Wesentlichen mit ihrer heutigen Situation vergleichbar ist und jedem eine Weiterentwicklung innerhalb unserer Firma erlaubt. Sie werden also mit einem Übertritt zu uns ihren Job behalten. Swisscom wird guten Leuten immer attraktive Bedingungen anbieten können. Zumal wir hier über Fachkräfte sprechen, die derzeit sehr gefragt sind.
Computerworld: CS will über das Outsourcing 60 Millionen Franken jährlich einsparen. Wie wollen Sie das schaffen?
Urs Schaeppi: Die genannte Zahl kommentiere ich nicht. Outsourcing bringt verschiedene Synergien, auf deren Basis Kosteneinsparungen möglich sind. Wir tragen einen Teil der notwendigen Einsparungen, BT tut das auch. Hinzu kommen die logischen Vorteile von Outsourcing: Die Infrastrukturen poolen und von Skaleneffekten profitieren. Und wir müssen unsere Aufgaben bei der Optimierung von Kosten und Prozessen erledigen.
Computerworld: Braucht es ein neues Rechenzentrum?
Urs Schaeppi: Wir verfügen über genügend Rechenkapazität und Infrastruktur. Wir müssen jetzt nur relativ geringe Investitionen tätigen. Mittelfristig werden sich die Ausgaben für Innovationen und Technologiewandel aber erhöhen.
Computerworld: Wie gross war der Druck für Swisscom, den Deal zu gewinnen?
Urs Schaeppi: Klar haben wir alles daran gesetzt. Sie können sich ja leicht vorstellen, was passiert wäre, hätten wir den Deal nicht geholt. Und da für einen solchen Vertrag ohnehin nur wenige Firmen wie BT, Orange, Verizon, AT&T in Frage kommen, haben wir uns bemüht, mit einer von diesen zusammen zu arbeiten. Wir mussten uns überlegen, mit wem die besten Chancen bestehen. Darum BT. Die kennen wir sehr gut vom gemeinsamen Joint-Venture BT Infonet Switzerland. Und gemeinsam waren wir ja nun erfolgreich.
Der Vertrag

CS-Outsourcing

Credit Suisse (CS) lagert die Betreuung und das Management ihrer globalen Kommunikationsnetze aus. Es ist das grösste Outsourcing einer Schweizer Bank. Der Vertrag mit British Telecom schliesst Swisscom als lokalen Partner ein. Er hat eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren mit einer Verlängerungsoption für zwei Jahre. Vom Auftragsvolumen von rund 1,4 Milliarden Franken enfällt rund ein Drittel auf Swisscom.



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