02.10.2005, 00:36 Uhr

Dinosaurier der ICT-Branche

In kaum einer Branche sind die Innovationszyklen so kurz und die Unternehmen so jung wie in der Informatik- und Telekommunikations-Industrie. Trotzdem gibt es noch solche, die bereits im vorletzten Jahrhundert gegründet wurden.
Abacus,1985, Business-Software
Abacus, der stete Shooting-Star aus der Ostschweiz: Spätestens seit sich die St.Galler im Vorort Kronbühl einen imposanten Glaspalast als neuen Unternehmensheimsitz bauten, ist der Erfolg der Gründer - alle Absolventen der Universität St. Gallen - unübersehbar. Das Geschäft mit der Business- Software für kleine und mittlere Unternehmen brummt. Die Atmosphäre in Kronbühl ist relaxt. Gute Stimmung tanken können die 150 Mitarbeiter, wenn sie mögen, zum Beispiel in dem firmeneigenen Fitnessraum, Massageraum, Bar oder im Übungslokal für Musiker. Und Comics auf der Homepage hat schliesslich auch nicht jeder.
Ascom,1871, Netzwerkausrüster
Ascom ist echtes schweizerisches ICT-Urgestein. Am Anfang war die Eidgenössische Telegrafenwerkstätte, dann kam Hasler, 1987 dann die Ascom in heutiger Form. Eine wechselvolle Geschichte, gerade in jüngster Zeit voller schmerzhafter Einschnitte und Ausverkäufe. Erhalten geblieben sind dem einstigen Mischkonzern die drei Bereiche Transport, Security und Wireless. Die Talsohle sei durchschritten, heisst es aus der Führungsetage. Es wäre den Bernern zu wünschen.
Cablecom,1931, Carrier
Am Beginn stand Rediffusion und die verbreiteten Radiosendungen. 1961 gesellte sich Schwarzweissfernsehen dazu. 1969 kam Farbe ins Bild. 1994 dann formierte sich Cablecom, wie man sie heute kennt, aus dem Zusammenschluss verschiedener Kabelnetzgesellschaften. Im Jahr 2000 dann der nächste Einschnitt: Die bisherigen Eigentümerinnen Swisscom, Veba und Siemens verkauften an die angelsächsische NTL. Als die serbelte, übernahmen Banken und Privatinvestoren. Und heute? Gibts von Cablecom Digitalfernsehen, Payper-View-Dienste, Telefonie und natürlich Internetservices. Und die einstige Mutter Swisscom hat Respekt vor Cablecom gelernt.
Also,1984, Distribution
Im luzernischen Emmen ist der Also-Konzern zu Hause, eine Grosshändlerin und Logistikerin für ICT- und Unterhaltungselektronik. Zwei Jahre nach der Firmengründung folgte die Kotierung an der Börse. Seit 1988 bestimmen allerdings fremde Herren, wos bei der Händlerin lang geht: Der Schindler-Konzern hält die Mehrheitsbeteiligung. In jüngster Zeit haben die Hergiswiler, wie viele andere Urgesteine und Newcomer in der Distributionslandschaft auch, den Margendruck am eigenen Leib schmerzhaft erfahren müssen. Mit verschiedenen Konsolidierungsmassnahmen wurde gegengesteuert. Das erste Halbjahr 2005 brachte neun Prozent mehr Umsatz. Weitere Fingerzeige für die Zukunft sind am 3. November zu erwarten, wenn die nächsten Quartalszahlen präsentiert werden.
Excom,1982. Distribution
In die Startlöcher ging Excom 1982 mit einer exklusiven Vertriebsvereinbarung in der Schweiz für Epson. Mit Fuji und Eizo wählten zwei weitere Anbieter aus Nippon die Wädenswiler Firma als ihr eidgenössisches Standbein. Um die Jahrtausendwende jedoch wurde im Hause Excom die erste von mehreren Reorganisationen fällig, wenig später wurde eine Holding-Struktur übergestülpt, die Firma mehrmals umgetauft, einzelne Bereiche per Management-Buyout verabschiedet. Seit diesem Juli markiert die einstige Geburtshelfen Eizo gar mit einer eigenen helvetischen Niederlassung Präsenz. Auch darum stehen bei Excom die Zeichen firmenintern auf Abschlacken: Seit einigen Wochen sind die hauseigenen Administrations- und ITDienste ausgelagert.
Rotring,1982, CAD
Die Anbieterin aus Dietlikon bei Zürich dürfte vor allem Ingenieuren ein Begriff sein. Denn ihre Spezialgebiete heissen ECAD, MCAD sowie PLM/PDM für den Anlagen- und Maschinenbau. Dabei hat sie vor allem kleine und mittlere Nutzerfirmen im Visier - mit anderen Worten, den «typischen» Schweizer Anwender.
Elcoma,1975, Distribution
Elcoma darf als eine der Pionierinnen in der Schweiz in Sachen Handel und Vertrieb von Elektro-, EDV- und Kommunikationsgeräten sowie Software bezeichnet werden. Ende der 1980er-Jahre erweiterte sie ihr Spektrum auf Schulungen, damals für Novell. Das blieb jedoch ein Intermezzo, die Schulungsaktivitäten wurden 2001 an WMC ausgegliedert. Seither konzentriert sich Elcoma wieder auf ihr angestammtes Revier, die Distribution.
Fritz Schumacher,1949, Distribution
Das Zürcher Unternehmen hat seine Wurzeln in der Dokumentvervielfältigung Marke Roto. Kopierer, Offset, Fax heissen die technologischen Innovationen bis in die 1980er-Jahre. Ab Mitte der 1990-er bevölkern Digital- und Multifunktionalgeräte immer mehr moderne Büros, die sich seither sowieso bevorzugt neudeutsch «Offi ces» nennen. Des Weiteren wird farbiges Drucken zur Regel. Fritz Schumacher nimmt alles ins Sortiment auf. Und ist damit eine der wenigen Firmen, die seit den Gründungsjahren ihrem Kerngeschäft treu geblieben ist.
RTC Real Time Center, 1973, IT-Services
Die Berner Anbieterin von IT-Dienstleistungen ist noch in einer Ära entstanden, als Grossrechner die unangefochtenen Alleinherrscher der Informationstechnik waren. Ihnen zur Seite standen Lochkartenlese, und die Einführung von Videotex für das, was man damals unter E-Banking verstand, schien geradezu revolutionär. Aus der Feder von RTC stammt die Bankenplattform, die später unter dem Namen «Ibis» bekannt und bei verschiedenen Kantonalbanken in den Gebieten Bern, Aargau und Basel implementiert wurde. Noch heute ist der Hauptsitz der Anbieterin in Liebefeld. Zürich, wo RTC erst im Jahr 2000 einen Ableger eröffnete, bleibt Nebenschauplatz.
Huber + Suhner, 1969, Verbindungstechnik
Man schrieb das Jahr 1882, als ein gewisser Hans Rudolf Huber im zürcherischen Pfäffi kon eine Baumwollzwirnerei eröffnete. Doch schon 1889 dämmerte ihm, dass textilummantelte Kupferdrähte einträglicher zu verkaufen wären als reine Baumwolle. Fast gleichzeitig, 1864, begann Gottlieb Suhner in Herisau mit der Herstellung von Metallteilen für Webstühle. 1882 stellte auch er auf Draht um. Im Lauf der Jahrzehnte entwickelten sich beide Familienbetriebe quasi parallel - der Zusammenschluss 1969 war die fast logische Konsequenz im engen Schweizer Binnenmarkt bei nahezu identischer Produktpalette. Heute bietet Huber+Suhner Komponenten und Systeme der elektrischen und optischen Verbindungstechnik an, und zwar international. Dem Zeitgeist entsprechend expandiert die Gruppe derzeit vor allem in Asien, allen voran in China und Indien.
Simpex,1981, Distribution
Die Spezialität der Zürcher Oberländerin ist der Wiederverkauf von elektromechanischen und Systemkomponenten. Daneben handelt sie mit Netzwerkkomponenten für LAN und WAN, Bürozubehör, Monitoren, aber auch Produkten zur Stromversorgung. All dies spült einen Jahresumsatz von rund 25 Millionen Franken in ihre Kassen. Beziehungsweise in die ihrer Besitzerin, der Zuger Reichle Holding.
Leuchter Informatik AG, 1959, Systemhaus
«Verkauf und Reparatur von Büromaschinen» fi gurierten auf den Visitenkarten der André Leuchter AG. Und zwar bis 1982, als das Unternehmen PC und Netzwerke für sich entdeckte. Ab 1991 manifestierte sich der neue Aktionsradius auch im revidierten Firmennamen «Leuchter Informatik». Heute kann das Luzerner Unternehmen Zertifi zierungen von Microsoft und Hewlett-Packard vorweisen. Beide Herstellerinnen bilden denn auch das Schwergewicht bei der hauseigenen Softwareentwicklung und Systemintegration respektive der dazu eingesetzten Hardware.
Inel Data,1980, HR-Systeme
Ein eigenes Personalinformationssystem, speziell auf Schweizer Bedürfnisse zugeschnitten, hat das Sirnacher Unternehmen entwickelt. Die Nachfrage auf Anwenderseite scheint da zu sein, jedenfalls können die Thurgauer dieses Jahr nebst der Version 7 ihrer Software auch ein Vierteljahrhundert ihres Daseins feiern. Was in der schnelllebigen IT-Branche eine durchaus beachtliche Leistung ist.
Delec,1984, Distribution
Zwanzig Jahre hat die aus Gümligen im Kanton Bern stammende Delec ihre Eigenständigkeit bewahrt. Hat sogar selbst andere Firmen zugekauft - im Thurgau, in Basel, im Aargau. Doch 2005 war Schluss. Die deutsche Bechtle-Gruppe hat das Zepter übernommen. Die jedoch schwört darauf, die zugekauften Betriebe mit den lokalen Managern im bewährten Geschäft weitermachen zu lassen und sich selbst im Hintergrund zu halten. Die zweihundert Delec-Leute werden diese Politik zu schätzen wissen.
Reichle & De Massari, 1964, Verkabelung
Noch so ein echtes schweizerisches Traditionsunternehmen mit Heimat in Wetzikon: Gut vierzig Jahre nach seiner Gründung ist die Kabelspezialistin noch immer zu hundert Prozent in Besitz der Familie Reichle. Zwei ihrer Sprösslinge führen das Unternehmen heute in zweiter Generation. Der Fokus ist ebenso unzweideutig: Verkabelung für Kommunikationsnetze auf dem Layer 1. Auch R&M ist in Wirklichkeit international vernetzt: Zwei Drittel ihres Umsatzes fliessen aus den acht Auslandsniederlassungen ins Zürcher Oberland.
Siemens,1922, Mischkonzern
Für Siemens ein eindeutiges Gründungsjahr anzugeben, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Sowieso ist der Konzern eigentlich kein schweizerisches, sondern deutsches Urgestein. Doch spätestens seit 1922 ist Siemens dank dem Kauf der Protos-Telephonwerke in Zürich-Albisrieden aufs Engste mit der Schweiz verflochten. Dies, nachdem die Bayern schon Anfang des 20. Jahrhunderts eine enge Kooperation mit der Maschinenfabrik Oerlikon eingegangen waren. Als sich die Stadt Zürich 1935 die Aussengemeinde Albisrieden einverleibte, tauften sich auch die «Telephonwerke Albisrieden» in «Albiswerk Zürich» um. Später nannte man sich Siemens-Albis, und erst 1996 verschwand der Name der Hügelkette ganz aus dem Firmennamen. Die IT-Sparte, wie sie sich heute unter dem Siemens-Dach präsentiert, ist 1999 durch die Fusion mit Fujitsu zu Fujitsu Siemens Computer entstanden.
Logitech,1981, Peripherie
Das Aushängeschild der IT made in der Romandie ist zwar ein Schweizer Unternehmen und auch an der hiesigen Börse kotiert. Doch längst ist Logitech ein global agierendes Unternehmen, das am Nasdaq gehandelt wird, in Asien fertigen lässt und in den wichtigen Metropolen Nordamerikas, Europas und Asiens eigene Niederlassungen unterhält. Dabei basiert der Erfolg der Peripheriespezialistin aus Romanel-sur-Morges vor allem auf dem Spieltrieb der PC-Benutzer: Mäuse und Tastaturen in peppigem Design und befreit vom Kabelsalat sowie kultige Audio- und Entertainment-Gadgets lassen die Kassen der Westschweizer derzeit klingeln. Die Durststrecken früherer Jahre sind da schon fast vergessen.
Dynasoft,1984, Standardsoftware
Innovativer Geist, Lust am Entwickeln, Software von Menschen für Menschen: So charakterisiert Dynasoft sich selbst. Die Solothurner beeindrucken durch ihr weit gefächertes technisches Know-how: Beratend können sie bei NT, Unix, Java, Oracle zur Seite stehen, und darüber hinaus bauen sie eigene Standardsoftware. Hinter all dem stecken rund zwei Dutzend Köpfe. Einer mehr soll es noch werden: Momentan - das heisst Mitte September - ist noch eine Informatiklehrstelle, Schwerpunkt Applikationsentwicklung, zu besetzen.
IBV Informatik,1981, Softwarehaus
In Urdorf bei Zürich steht das Stammhaus der auf Systemmanagement und Security spezialisierten IBV. Im badischen Lörrach gleich hinter der Schweizer Grenze sitzt die deutsche Auslandsfiliale. Angefangen hatte alles ausgesprochen IBM-lastig: mit Softwareentwicklungen für Big Blues Plattformen S/34, S/36 und AS/400 sowie PC DOS. Zwischenzeitlich ist in Urdorf wie Lörrach Unix- genauso wie Windows- und Dotnet- Know-how dazugekommen.
Sage Simultan, 1979, Business-Software
Auf die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen zugeschnittene Business-Software hat sich Simultan auf die Fahnen geschrieben. Die in Altishofen angesiedelte Anbieterin wurde Anfang 2005 von Sage Schweiz übernommen - wie früher bereits Softinc, Human Resource Management und Winware, die ebenfalls betriebswirtschaftliche Lösungen offerieren. Sie gehört zur britischen Sage Group, kann aber der Sage-Philosophie entsprechend weiterhin selbstständig geschäften. ins Boot geholt, das Erfahrung ternehmen ins Boot geholt, das Erfahrung das Erfahrung im Mediengeschäft mitbringt.



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